Bernd Salat: Generation Kaffee

Prüfend. Der junge Röster Bernd Salat lernt von Emmerich Beyer.
Prüfend. Der junge Röster Bernd Salat lernt von Emmerich Beyer.(c) Christine Ebenthal
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Es gibt viele Wege zum eigenen Kaffeelabel: Bei „Salatkaffee“ führt er über eine alte Greißlerei mit Donaublick, die direkt aus Äthiopien importiert.

(c) Christine Ebenthal

Der alte Herr Beyer heißt Emmerich mit Vornamen und röstet mit einer Probat-Maschine aus Emmerich am Rhein. Der junge Herr Bernd heißt Salat mit Nachnamen und röstet mit einer Salatschleuder. Fast stimmt das so. Bernd Salat, Musiker, Kellner und Neokaffeeunternehmer, röstet für seinen eigenen Bedarf mit einem Brotbackautomaten – die Heizstäbe hat er ausgebaut, darüber an ein Stativ eine Heißluftpistole gehängt. Eine Anleitung, die sich Bernd Salat im Internet geholt hat. „Und das funktioniert.“

Bernd Salat ist gerade dabei, sein Label „Salatkaffee – nicht umgekehrt“ aufzubauen. Das Ziel: neben der Labstelle und dem Roten Bären in Wien auch andere Lokale mit direkt importiertem, selbst geröstetem Hochlandkaffee aus Äthiopien zu versorgen. Das mag noch nichts Ungewöhnliches sein; derzeit versuchen sich viele junge Leute am Selberrösten – Kaffee ist schließlich schon länger ein Thema, in das zu vertiefen sich gut macht.

Sex-Appeal. Das Besondere an Bernd Salats Label ist seine eigene Geschichte und die des Ehepaares Beyer, mit dem er kooperiert. „1960 haben wir geheiratet, seit 64 Jahren haben wir auch die Greißlerei, seit 54 Jahren rösten wir Kaffee. Zwei Maschinen hab ich schon in den Himmel geschickt“, erzählt Emmerich Beyer. Für den „Schaufenster“-Termin wollte Gerhild Beyer ihren Mann unbedingt „extra aufmascheln“: mit einer Krawatte aus Kaffeesackjute. In ihrer Greißlerei in Krems-Stein, die wie aus einer anderen Zeit scheint, bekommt man, völlig unerwartet, hausgeröstete Kaffeespezialitäten wie Hawaii Kona, Mount Everest Supreme oder Kopi Luwak zu kaufen.
Sorten, die so manchem Delikatessengeschäft gut zu Gesicht stünden.

(c) Christine Ebenthal

Eine von Frau Beyer handgeschriebene Karte führt die Preise für den gebrühten Kaffee an, den man vor Ort, zwischen Dosenbohnen, „Es gelingt“-Langkornreis und Puddingpulver, trinken kann: etwa eine Tasse Kopi Luwak um 9,80 Euro. Seit 2007 importieren Herr und Frau Beyer – „wir kratzen beide am Achtziger“ – auch selbst Rohkaffee: aus Äthiopien, aus Nepal, aus Jamaika. Der Blue Mountain kommt im Holzfass. „In Äthiopien mussten wir uns mit Händen und Füßen verständigen, die sprechen kaum Englisch und ich auch nur einen Schmarren“, sagt Emmerich Beyer und erzählt von mühsamen Bankgarantien und Missverständnissen. Im Lager des alten Hauses zeigt er auf Säcke aus Nepal, wo er, seine Frau und Tochter Edith 2012 waren. „Dieser Kaffee ist mein ganzer Stolz.“

Aha-Erlebnis. Während man für das 64 Jahre währende Greißlerleben der Beyers wohl das Wort Beständigkeit benützen darf, war Bernd Salats Leben weniger stet. Er brach mit 17 die Schule ab, machte als Straßenmusiker in der Kremser Fußgängerzone weiter, begann zusätzlich irgendwann zu kellnern. Heute hat er drei Berufe: Singen – eine neue CD ist in Arbeit –, Kellnern und Kaffeerösten.

Kaffee hat ihn immer schon interessiert. Bernd Salat schaffte sich eine Handhebelmaschine an, „die hat 1500 Euro gekostet, dafür habe ich mich im pinken T-Mobile-Kostüm zum Promotion-Dodl gemacht“. Zunächst versorgte er sich noch mit Kaffee aus dem Supermarkt, bis ihm die Preise zu hoch waren für die geringe Qualität. „Im Alt Wien hab ich mir einen richtig guten Kaffee geholt und gemerkt, so kann Kaffee schmecken.“ Von einer Freundin bekam Salat bald ein Kaffeeröstbuch geschenkt. Und damit begann seine „Karriere“ als Röster, angefangen hat er mit besagter Brotautomat-Selbstbaumaschine. Für das möglichst rasche Abkühlen der gerösteten Bohnen baute sich Bernd Salat zusätzlich aus einem Staubsauger, einem Teichabflussrohr und einem Sieb eine Kühlvorrichtung. Irgendwann lernte er in Krems-Stein die Beyers kennen.

Heute bezieht er den Rohkaffee für sein Label über Emmerich Beyer, der ihn wiederum direkt von einem Händler in Äthiopien kauft. Und Salat röstet hier, in der Greißlerei, wenn Emmerich Beyer seine Probat-Maschine nicht braucht. Gypsy Brewer nennt man diese Ressourcennutzer beim Bier. Für seinen „Salatkaffee“ mit den künstlerischen Etiketten nimmt Bernd Salat Yirgacheffe aus Äthiopien, „der ist so unglaublich fruchtig, so fein“. Für Salat ist sein Leben gerade perfekt. „Alles passt zusammen. Kaffeerösten hat so viel mit Musik gemein.“

Tipp

„Salatkaffee – nicht umgekehrt“ aus Äthiopien bekommt man in der Labstelle am Lugeck 6, 1010 Wien, oder im Roten Bären, Bergg. 39, 1090 Wien. 250 g um sechs Euro. www.salatkaffee.com,crema@salatkaffee.com
Greißlerei und Kaffeerösterei Beyer: Reisperbachtalstraße 2, Krems-Stein, 02732/831 22.

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