Wiener Delikatessen: Gute Geschichte, modernes Image

(c) Die Presse (Teresa Zötl)
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Wiens Traditionsbetrieb „Hink Pasteten“ startet neu. Wie kleine Familienbetriebe mit richtigen Produkten und Ideen bestehen.

Man übersieht sie fast. Wahrscheinlich, weil man sie sich anders vorgestellt hat, so eine Pasteten-Manufaktur. Oder besser: die Wiener Pasteten-Manufaktur – „Hink“. Die liegt verborgen in einem unauffälligen Bürogebäude in einer schmalen Gasse in Wien-Floridsdorf, ein paar Meter weiter reihen sich Dutzende Schrebergärten aneinander. Auch die Geruchserwartung erfüllt sich nicht. Nach Fleisch riecht es nicht. Außen.

Innen schon. Da begleitet einen ein dezenter Pastetengeruch (Leber, Wild, Gewürze) durch die Manufaktur, die komplett renoviert wurde. Man habe Hink „aufgetuned“, formuliert es Peter Spak freundlich, der den betulichen Betrieb 2006 mit seinem Vater Hans-Peter von Anton Hink übernommen hat, den das für Familienbetriebe nicht untypische Schicksal ereilte: Er fand keinen Nachfolger.

Die Spaks, die davor ihr eigenes Familienunternehmen an Mautner Markhof verkauft hatten, starten heute, Donnerstag, offiziell in die Ära „Hink neu“. Wobei „neu“ so viel heißt wie: Die seit 75 Jahren bewährten Creationen (die sich hier noch mit „C“ schreiben) beibehalten und gleichzeitig „moderner und mondäner“ werden, sagt Spak, während er im „Hink“-Dresscode (weißer Arbeitsmantel, schwarze Kappe) durch die Manufaktur führt, die wie eine überdimensionale Küche aussieht.

Für das neue Image soll Georg Leipold, Exküchenchef der „Drei Husaren“, als Betriebsleiter sorgen. Wie auch Pasteten von „Jahrhundertkoch“ Eckart Witzigmann, der davon überzeugt werden konnte, dass „Hink mit der Qualität produziert, welche Voraussetzung ist, dass ich für eine gemeinsame Edition zur Verfügung stehe“, wie er sagt. Die „500-Gramm-Klescher“ (Spak), in denen Hink seine Pasteten einst auslieferte, finden die Spaks nicht mehr zeitgemäß, man füllt künftig in kleinere Gläser ab.

Die „next generation“ bei Hink ist nicht die einzige, die einen (wenn auch sanften) Bruch mit der Tradition wagt. Viele Wiener Betriebe tragen heute altbekannte Namen und haben sich ein neues Angebot und neues Image verpasst.

Manchmal auch gleich einen radikalen Bruch, wie Erwin Gegenbauer. An den Familienbetrieb, 1929 gegründet, erinnert heute fast nur noch der Name. 1992 hatte Gegenbauer genug vom Großhandel mit Gemüsekonserven und der Abhängigkeit von Supermarktketten. Er löste die Fabriken auf und widmete sich ganz seiner Passion: Ungewöhnliche, hochqualitative Essigsorten herzustellen. Statt wie früher 650 Mitarbeiter, hat Gegenbauer heute acht in seiner „Wiener Essigbrauerei“ in Favoriten. Die Umsätze seien vergleichsweise „lächerlich klein“, wenn auch steigend. Zwei Drittel des Umsatzes lukriert er aus Exporten. Vom Credo „Nie mehr Supermarkt“ will er sich wieder wegbewegen. Er will „zwei, drei Essigsorten“ entwickeln, die er zu günstigeren Preisen als sein derzeitiges Sortiment in den Lebensmittelhandel bringen will.

Die Tradition neu interpretiert hat auch Hans Staud, der gerade seinen 60er feierte. „Auf der WU haben mir die Professoren geraten: Veredeln, nicht nur handeln“, erzählt er. Was er auch tat. Den Obsthandel seiner Vorfahren gab er auf und rüstete auf Konfitüren um. Mit Erfolg. Das Werk in Ottakring baut Staud ob der Nachfrage – auch in Übersee – aus. 2007 erzielte er 6,4Mio. Euro Umsatz, so viel wie nie. Zukunftssorgen hat Staud trotzdem. Übernahmengebote gebe es, aber „ich habe doch nicht etwas aufgebaut, um es einem Konzern zu überlassen“. Er will „Staud's“ an einen Mitarbeiter weitergeben.

Solche Probleme kennt „Thum Schinken“ in Margareten, seit 1860 vor allem für seinen Beinschinken bekannt, nicht. Die Brüder Roman und Rudolf Thum haben den Betrieb übernommen. Auch sie setzen auf Veränderung, um bestehen zu können: Seit 2000 setzt Thum auf Biofleisch, „lange vor dem großen Bio-Boom“, sagt Roman Thum. Neu ist auch das Fleisch von Mangaliza-Schweinen aus Freilandhaltung. Aber natürlich, sagt Thum, „der Beinschinken ist immer noch wichtig. Alles Neue, was wir produzieren, ist am Schinken angelehnt.“

Das klassische Sortiment gibt es auch bei der „Confiserie Heindl“ noch. Vor einigen Jahren hat Heindl einen neuen Markt entdeckt: Die Touristen, die seither mit Sisi-Talern und Co. bedient werden und für ein Drittel des Umsatzes sorgen. „Das gab es unter unserem Vater nicht“, sagt Walter Heindl, der die Confiserie mit seinem Bruder Andreas führt. 2005 hat Heindl einen weiteren Familienbetrieb, Pischinger, aufgekauft. Ein Schicksal, das Heindl selbst nicht droht: Heindls Töchter werden den Betrieb eines Tages übernehmen. Womit eine neue Ära einzieht: die der Frauen.

WIENER TRADITIONSBETRIEBE

„Hink Wien – Pasteten-Creationen“, bekommt nach 75Jahren durch die neuen Geschäftsführer Hans-Peter und Peter Spak, ein moderneres Image. Heute, Donnerstag, wird „Hink neu“ offiziell präsentiert. Die Manufaktur im 21.Bezirk wurde komplett renoviert. www.hink-pasteten.at

Die Firma Gegenbauer in Favoriten, 1929 gegründet, hat vor Jahren mit der Tradition (Gemüsekonservenhandel) gebrochen. Erwin Gegenbauer führt das Unternehmen heute als „Wiener Essigbrauerei“. www.gegenbauer.at

Die Familie Staud begann in den 1880ern mit dem Obst- und Gemüsehandel. Hans Staud stieg 1971 erfolgreich auf die Herstellung von Marmeladen und Konserven um. www.staud.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2008)

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