Halal-Würstelstand in Ottakring

 Ivana Pilić, künstlerische Leiterin der Brunnenpassage, und der kurdische Koch Sakir Turan auf dem Brunnenmarkt. Der künftige mobile Würstelstand soll durch Wien touren.
Ivana Pilić, künstlerische Leiterin der Brunnenpassage, und der kurdische Koch Sakir Turan auf dem Brunnenmarkt. Der künftige mobile Würstelstand soll durch Wien touren.(c) Gioia Zloczower
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Kurdische und österreichische Fleischer feilen an Rezepten. Bei dem Projekt geht es nicht nur um die Wurst, sondern auch um Begegnung.

Mit Mittelmaß gibt man sich beim geplanten Halal-Würstelstand der Brunnenpassage nicht ab – vielleicht auch, weil sich bereits im Vorfeld gezeigt hat, dass es den einen oder anderen Vorbehalt zu überwinden gilt. Für das Projekt „A Wiener, halal!“ will man also nun nicht weniger als die beste Wurst von Wien erfinden. Die – wie der Name schon sagt – halal sein soll, also den islamischen Speisevorschriften entsprechend.

Der Kühlschrank in der Brunnenpassage, der Kunst- und Sozialraum der Wiener Caritas im 16. Bezirk, ist bereits voll mit Würsten zum Verkosten. Und der kurdische Koch Sakir Turan hat jüngst bereits die erste Charge von islamisch korrekten Frankfurtern und Debrezinern fabriziert – natürlich nicht aus Schweinefleisch, sondern aus nach islamischen Vorschriften geschlachtetem Rindfleisch.

Dabei geht es nicht darum, den Geschmack einer Originalfrankfurter nachzubasteln. „Unser Motto ist, uns in der Mitte zu treffen“, sagt Turan, der einst den ersten legalen Halal-Schlachthof in Österreich betrieben hat. Die Rezepte entwickelt er daher auch nicht allein, sondern gemeinsam mit dem Wiener Fleischhauer Karl Sterkl, der jahrzehntelang die inzwischen geschlossene Fleischerei in der Brunnengasse betrieben hat, aus der derzeit die Musikplattform play.fm ihre DJ-Mixes sendet. „Es geht uns darum, die Tradition des Wiener Würstelstands mit der langen Migrationsgeschichte Wiens zu verbinden“, so Ivana Pilić, künstlerische Leiterin der Brunnenpassage. Es soll eine Art Melange der Geschmäcker und Essenskulturen werden.

Unnötige Provokation?

Entstanden ist die Idee für den Würstelstand aus einem Workshop gemeinsam mit Airan Berg von der Universität für Angewandte Kunst über partizipative Kunstprojekte. Einer der Teilnehmer kam mit der Beobachtung zurück, dass es auf dem Brunnenmarkt zwar österreichische Würstelstände gibt und Fleischhauer mit Halal-Fleisch, aber immer nur entweder oder. Also: Warum nicht beides zusammenbringen?

Manche empfinden das als unnötige Provokation. Schächten – also das Schlachten nach islamischen Regeln – ist für manche nach wie vor ein Reizthema, man erinnere sich an die Supermarktkette Spar, die Halal-Fleisch nach einem Shitstorm jüngst wieder aus dem Sortiment nahm. „Nicht alle werden restlos begeistert sein“, sagt Pilić. „Aber wir treten mit der Bevölkerung in Kontakt. Dann reden wir halt einmal über die Ängste, die da sind.“

Tatsächlich geht es bei dem Projekt nicht nur um die Wurst, sondern auch darum, die Leute zusammenzubringen. „Wir wollen Begegnung in der ganzen Stadt kreieren“, sagt Pilić. Der mobile Würstelstand soll den ganzen Sommer bei Kulturveranstaltungen in Wien unterwegs sein. Mit dabei sind inzwischen sehr viele: die Brunnenpassage, die Fleischer, ein Bäcker ums Eck, die Rapperin EsRaP, das Künstlerkollektiv Frantiseks Praktikanten, das den Stand entwerfen wird. Verkaufen sollen die Halal-Würste dann Flüchtlinge, um ihnen Beschäftigung und einen kleinen Zuverdienst zu ermöglichen. Per Crowdfunding soll das für den Start notwendige Geld aufgestellt werden. Wenn alles nach Plan läuft, soll der Würstelstand im Juni beim Soho in Ottakring seinen Auftakt haben.

Auf einen Blick

Die Brunnenpassage der Caritas Wien im 16. Gemeindebezirk will mit ihrem Halal-Würstelstand die Wiener Würsteltradition mit migrantischen Einflüssen verbinden. Den Auftakt hat das Projekt beim Festival Soho in Ottakring im Juni. Davor wird es im Rahmen des Straßen-Kunst-Fests auf dem Brunnenmarkt am 21. Mai eine große Verkostung geben. Über die Crowdfundingplattform wemakeit.com sollen für den Start 6000 Euro lukriert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2016)

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