Leistungsschau der Köche

SALZBURGER ANDREAS DOeLLERER IST 'KOCH DES JAHRES 2010'
SALZBURGER ANDREAS DOeLLERER IST 'KOCH DES JAHRES 2010'APA/HANS KLAUS TECHT
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Am Montag wird der „A la Carte Guide 2017“ präsentiert. Die Spitze ist mit 21 Fünf-Sterne-Restaurants so breit wie nie. Im Westen gibt es viel Neues.

Man könnte fast meinen, wir gehen heute nicht mehr einfach essen. Heute ist man vielmehr Teil einer hoch professionellen und unterhaltsamen kulinarischen Leistungsschau. Das wird etwa an den vielen Restaurants deutlich, die ihre Küche nicht mehr in einem separaten Raum verstecken, sondern vielmehr mitten im Geschehen – oder zumindest hinter einer Glaswand – vor ihren Gästen kochen. Manchmal erinnert die offene Küche an eine Bühne, manchmal gar an einen Altar, zu dem alle ehrfürchtig blicken.

Teil dieser Inszenierung ist es wohl auch, dem Servicepersonal andächtig zu lauschen und brav zu nicken, während es erklärt, was sich alles auf dem Teller befindet – anstatt einfach kurz Danke zu sagen, wenn es eine Speise auf den Tisch stellt. Denn eines fällt schon auf: Die Atmosphäre, in der wir essen, wird zwar immer legerer. Tischdecken gibt es nur in Ausnahmefällen, lange Besteckreihen ebenso wenig. Und wenn es noch einen Dresscode gibt, dann lautet dieser wohl: Jeans und Sneakers. Auf der anderen Seite ist das kulinarische Niveau in den Restaurants aber sehr hoch, steigert sich dennoch stetig und kann auch international mithalten.

Das wird etwa im neuen „A la Carte Guide 2017“ deutlich, der morgen, Montag, präsentiert wird. Hier ist nämlich die Spitze der heimischen Restaurants so gut und breit wie nie. Waren es 2015 noch 16 Restaurants, die mit der Höchstwertung von fünf Sternen ausgezeichnet wurden, und im Guide 2016 schon 19 Fünf-Sterner, so wurden im aktuellen Guide (Ausgabe 2017) gar 21 Restaurants mit fünf Sternen (und 95 bis 99 von maximal 100 Punkten) bewertet. 29 Restaurants wurden mit vier Sternen ausgezeichnet.

„Die echte Spitze, also die Fünf- und Vier-Sterner, werden über die Jahre mit einem Multiplikator immer besser, sie heben sich weit von der Mittelgastronomie ab, die es aber genauso braucht. Vor allem die jungen Köche aus dem Westen haben einen wahnsinnigen Ehrgeiz und orientieren sich an internationalen Vorbildern“, sagt Christian Grünwald, der gemeinsam mit Hans Schmid den Gourmet-Guide von „A la Carte“ herausgibt.

Heinz Reitbauer und Andreas Döllerer stehen heuer übrigens wieder mit fünf Sternen und 99 Punkten an der Spitze. Simon Taxacher, der im Vorjahr ebendiese Bewertung erhielt, verlor lediglich einen Punkt (98 Punkte, fünf Sterne). Roland Huber (Le Ciel by Toni Mörwald im Grand Hotel Wien) und Christian Rescher (Gourmet-Restaurant Aurelio's, Lech am Arlberg) wurden heuer hingegen erstmals mit fünf Sternen ausgezeichnet.


Nicht süße Desserts und Krähen. Laut Grünwald tut sich vor allem im Westen des Landes kulinarisch sehr viel. Einerseits nämlich in den vielen Luxusrestaurants ebensolcher Hotels, die internationalen Gästen nach dem Skifahren auch kulinarisch etwas bieten – inklusive internationaler Zutaten. Andererseits gibt es viele kleinere Lokale, die höchst spannend sind und „die man im Osten gar nicht merkt“, so Grünwald. Dazu gehören etwa die beiden Linzer Neueinsteiger Göttfried (80 Punkte, drei Sterne) und Muto (73 Punkte, drei Sterne). Oder aber die Aufsteiger Post-Stuben in Lech am Arlberg mit Küchenchef Michael Spirk, der um 16 Punkte zugelegt hat (zwei Sterne, 75 Punkte) sowie Alois Thaller junior, der im „Der Luis“ in Anger seine Bewertung ebenso um 16 Punkte auf 75 Punkte und gar drei Sterne steigerte. „Die spannenden Sachen sind durch die Bank immer mehr in den Bundesländern zu finden“, sagt Grünwald.

Beachtlich war im vergangenen Jahr unter anderem auch das Comeback von Sohyi Kim, die laut Grünwald „letztlich einen Neustart hingelegt hat“. Das wurde mit drei Sternen (und 80 Punkten) honoriert. Mit Spannung wurde auch der deutsche Koch Juan Amador beobachtet, der in Frankfurt gar drei Michelin-Sterne erreichte (die höchste aller kulinarischen Auszeichnungen) und nun eben in Döbling kocht. Das Amador's Wirtshaus und Greißlerei wurde von den „A la Carte“-Testern mit vier Sternen und 92 Punkten bewertet. „Manche waren ein bisschen enttäuscht, weil er nicht so viel Innovation gebracht hat, wie manche erwartet haben. Aber letztlich ist es das, was es ist, sehr große, tolle Küche“, meint Grünwald.

Überraschende kulinarische Trends sind den „A la Carte“-Testern heuer nicht untergekommen. Der von Skandinavien ausgerufene Regionalitäts-Hype wird nach wie vor gepflegt. Fleisch muss heute dry aged sein, sofern es nicht von außergewöhnlichen Tieren wie Nebelkrähen oder Murmeltieren stammt. Desserts sind immer seltener süß, bestehen stattdessen eher aus Gemüse, gern mit Käse kombiniert. Und wer keine Geschichten zu seinen speziellen Zutaten erzählen kann, hat es prinzipiell schwer.

Wobei man sagen muss: Auch hier macht das Steirereck alles richtig. Anstatt nämlich das Servicepersonal die elendslange Geschichte jeder einzelnen Zutat erzählen zu lassen, wird hier einfach das Gericht kurz mündlich angekündigt, die Details kann man auf einer kleinen Karte nachlesen. Das eröffnet dem Gast die Möglichkeit, zwar Teil der Leistungsschau zu sein, sich aber trotzdem mit seiner Tischgesellschaft zu unterhalten.

Auf einen Blick

A la Carte Guide 2017
D+R Verlag, 468 Seiten, 25 Euro

Das Magazin „A la Carte“ ließ für den ab morgen erhältlichen Gourmet-Guide 978 Restaurants von rund 60 Testern bewerten. Bewertet wird nach Punkten (maximal 100) und Sternen (max. fünf). Außerdem werden in zwei eigenen Büchern Weine und Delikatessengeschäfte empfohlen.

Die besten Restaurants
Döllerer's Genießerrestaurant und Steirereck (je 99 Punkte, fünf Sterne)
Die Aufsteiger
Der Luis, Alois Thaller (75 Pkt., drei Sterne)
Post-Stuben, Michael Spirk, (75 Pkt., zwei Sterne) jeweils plus 16 Punkte
Die Neueinsteiger
Pure Gourmet, Tirol (89 Pkt., vier Sterne)
Sonnenhofs Gourmetstube (89 Pkt., vier Sterne)
Amador, Faak am See (87 Pkt., vier Sterne)
Die Absteiger
Iris Porsche, OÖ (59 Pkt., ein Stern) –20 Pkt.
Holzpoldl, OÖ (48 Pkt.) –17 Pkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2016)

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