Sarah Wieners nächster Streich: Ein Kochbuch zur Weltgeschichte

Sarah Wiener hat für ihr jungstes Buch in Archiven gestöber
Sarah Wiener hat für ihr jungstes Buch in Archiven gestöber(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Sarah Wiener über ihr neues, historisches Kochbuch – und darüber, dass sie froh ist, einmal nicht im Mittelpunkt zu stehen.

Das wievielte Kochbuch es für Sarah Wiener ist, weiß nicht einmal sie selbst. „Keine Ahnung“, sagt sie und lacht. Aber es sei ein besonderes. Eines, „bei dem es nicht nur um Sarah Wiener, Sarah Wiener und nochmal Sarah Wiener geht“, sagt die deutsche (Fernseh)köchin, Unternehmerin und Bio-Hof-Betreiberin bei der Präsentation ihres jüngsten Buches „Gerichte, die die Welt verändern“ unlängst im Café Prückel in Wien.

Das klinge vielleicht komisch, meint sie zur „Presse“, aber sie habe mit dem Verlag tatsächlich diskutiert, dass ihr Name ein bisschen kleiner am Cover stehe als sonst. Denn in ihrem jüngsten Buch geht es nicht um ihre Rezepte, sondern um jene Speisen, die bei weltpolitischen Ereignissen – oder auch bei privaten Veranstaltung von historisch wichtigen Persönlichkeiten – kredenzt wurden. Und auch um Klatsch und Tratsch rundherum um diese Geschehnisse. „Seriösen Gossip“ nennt es Wiener und bringt gleich Beispiele: Dass Marie Curie ganz knapp den zweiten Nobelpreis nicht bekommen hätte etwa, da sie nach dem Tod ihres Mannes ein „Pantscherl mit einem verheirateten Mann“ hatte, wie Wiener erzählt, woraufhin es zu fünf Duellen zwischen Journalisten kam. „Das muss man sich einmal vorstellen. Bei einem Mann hätte man nicht gesagt, der bekommt keinen Nobelpreis, weil er fremdgeht“, so Wiener, die bedauert, dass in ihrem Kochbuch so wenige Frauen vorkommen. „Aber das zeigt auch, dass Geschichte die Geschichte von Siegern ist und die waren fast immer weiße, reiche Männer.“ Im Buch findet sich nun auch das Rezept zum Festbankett bei der Nobelpreisverleihung an Marie Curie.

Von Cäsar bis Obama

Über ein Jahr lang hat Wiener gemeinsam mit einem Team an den kulinarischen Geschichten recherchiert. Der Bogen spannt sich nun von Cäsars Festmahl nach seinem Sieg über die Gallier und dem Brot beim letzten Abendmahl über das Festbankett bei der Eröffnung des Suezkanals oder dem Essen der ersten Oscar-Nacht bis hin zu Titos Topfenstrudel für Sophie Loren und den Hauptgang bei Barack Obamas zweiter Angelobung. Die Rezepte wurden, sofern notwendig, leicht adaptiert und an heutige Kochgewohnheiten angepasst. Es ist von der Autorin durchaus so gedacht, dass man seinen eigenen Gäste etwa erzählt, was Churchill, Stalin und Roosevelt bei einem Treffen während des Zweiten Weltkriegs zu sich nahmen, um dann genau ebendiese Speisen zu servieren: nämlich eine iranische Gerstensuppe und eine pochierte Lachsforelle an Beluga-Kaviar.

Auf die Frage nach ihrem Lieblingsrezept, meint Wiener, sie habe schlicht keines. Ein paar haben es ihr aber dennoch besonders angetan – oder vielmehr die Geschichte dahinter. Zum Beispiel, dass ausgerechnet der Wahlkampf der Suffragetten mit dem Verkauf eines Kochbuches finanziert wurde. Dort findet sich immerhin – im Sinne der Emanzipation – ein sehr einfaches, schnelles Rezept, das lediglich aus drei Zutaten besteht und köstlich schmecke, nämlich Gebackener Rhabarber.

Aufgefallen sei ihr, dass die „Reichen und Betuchten schon früher das Buffet gestürmt“ hätten und dass in der Geschichte immer wieder ein Hang zur Dekadenz auftaucht. So wurde 1869 bei der Eröffnung des Suezkanals nicht nur ein opulentes Festmahl gereicht. „Man hat extra Rosen aus Paris importiert, obwohl Persien die schönsten Rosen hat, aber damals musste alles aus Paris kommen. Und man hat 30.000 Singvögel aus Europa kommen lassen, die dann innerhalb von drei Tagen verendet sind, weil sie das Klima nicht vertragen haben.“

Es sind die Geschichten hinter der Geschichte, aber auch hinter den Gerichten, die Wiener fasziniert. Auf die Frage, was denn ihr nächstes Projekt sei, antwortet sie wenig überraschend: „ein Buch“. Allerdings kein Kochbuch, sondern eines über Bienen. „Ich bin ja auch Imkerin“, sagt Wiener. Denn nach diesem Ausflug in die Geschichte, widmet sie sich wieder ihrem Lebensthema, wie sie es nennt, nämlich ernährungspolitischen Geschichten.

Auf einen Blick

„Gerichte, die die Welt veränderten“ heißt das jüngste Buch der Fernsehköchin und Gastro-Unternehmerin Sarah Wiener (Edition A, 288 Seiten, 24,90 Euro), indem sie 33 Menüs rund um historische Weltereignisse und Persönlichkeiten auflistet. Von Cäsars Festmahl nach einem Sieg über die Gallier über die Tafel nach Abschluss des österreichischen Staatsvertrages bis zu Malala Yousafzais Lieblingsspeise finden sich darin Rezepte und Geschichten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.