Nitsch: Lehraktion zum Thema Schmecken

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Bei einer Vernissage in der Wiener Nitsch Foundation wurde Kochtheoretikern wie Peter Kubelka und "Esspraktikern" wie Christian Ludwig Attersee ein eigenwilliges Mal aufgetischt.

Mit einer Lehraktion zum Thema Schmecken wurde am 7. April in der Wiener Nitsch Foundation der zweite Teil einer Serie von Ausstellungen eröffnet, die sich bis 2012 dem Gebrauch der Sinne im Orgien Mysterien Theater widmet. Im herbst stand noch "Tasten" am Plan, jetzt wird es ein bisschen wilder. Bis Ende September widmet man sich ab sofort der Bedeutung des Schmeckens in Fotos, Videos, Schüttbildern, Aktionsrelikten und Partituren. Zur Vernissage wurde jedoch für eine kleine Schar von Gästen auch buchstäblich aufgetischt, schließlich sei ja Geschmack "eine verfeinerte Form des Tastens, ein tiefes Eindringen ins Sein", das viel zu tun habe mit Eros und Sexualität, wie der Künstler Hermann Nitsch erläuterte, während die Runde ordentlich zugriff.

Essen in Theorie und Praxis

Auf drei Tischen wurden kleine Kostproben einfacher Speisen bereitgestellt: allerlei Würste, Geselchtes, Grammeln, Leberkäse oder Gulaschsuppe, aber auch Kuchen oder Punschkrapfen. Allesamt in hervorragender Qualität, was auch die Geschmacksnerven von Film- und Kochtheoretiker Peter Kubelka freute. Ihn begrüßte Nitsch als "meinen Freund und Lehrer", dem er viele Einsichten in die Theorie und Philosophie des Essens und Kochens verdanke, während der ebenfalls anwesende Christian Ludwig Attersee ihm mehr als "Esspraktiker" um nichts nachstehe.

Nitsch ist ein Esspraktiker

Auch er sei ein solcher, meinte Nitsch und gestand, sich schon länger auf diesen Abend gefreut zu haben, da er nun ohne schlechtes Gewissen und Rücksicht auf Cholesterinwerte herzhaft zulangen könne. Schließlich handle es sich bei den präsentierten Speisen um nichts weniger als "ein Selbstporträt". Dieses umfasst, wie sich jeder überzeugen konnte, auch Fleischliches in vielerlei Form: "Wir sind ja alle Raubtiere. Ich habe Eckzähne wie mein Hund auch." Doch er habe den größten Respekt vor Vegetariern, schließlich teilten in seinem Schloss Prinzendorf ebenfalls eine Vielzahl von Tieren sein Leben: "20 Pfaue, ein Faultier, zwei Ganseln, derzeit nur eine Katze, drei Hunde, mehrere Falken- und Fledermausfamilien, Schwalben, Hühner...."

Essig und Baklava

Ehe man sich beim anschließenden Abendessen u.a. an Vorspeisen zu den Geschmacksempfindungen bitter, sauer, süß und scharf sowie an Kalbsbeuschl, Rindsgulasch, Grammelknödel und Spargel delektierte, wurden auch Probiergläser mit Essig gereicht. Der ebenfalls angebotene Nitsch-Wein erfreute sich allerdings ungleich größeren Zuspruchs. "Kochkunst hat viel mit Kunst zu tun, Essen viel mit Kunstkonsum", versicherte Nitsch. Daher plante die zum Gesamtkunstwerk gewordene Gemeinde aus Fans, Freunden und Sammlern am Ende des kalorienreichen Abends bei Eis-Palatschinken und Baklava bereits ihre Teilnahme an den nächsten Aktionen.

Dinge für's Auge

Am 1. Mai wird im Nitsch Museum in Mistelbach eine Ausstellung mit Nitsch-Werken aus der Duerckheim Collection eröffnet, am Pfingstsonntag findet in Neapel, wo es seit 2008 das "Museo Nitsch" gibt, die traditionelle Pfingstaktion statt. Noch ehe in einem Jahr Nitsch "Saint Francois d'Assise" von Olivier Messiaen an der Bayerischen Staatsoper in München inszenieren wird, eröffnet im Herbst in der Nitsch Foundation das nächste Kapitel: Dann gibt's was zu sehen.

Info

Ausstellung "Schmecken" in der Nitsch Foundation, Hegelgasse 5, 1010, bis 30. September. Di-Fr, 11.00-18.00 Uhr. Tel.: 513 55 30

(APA)

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