Ohne Wasser kein Kaffee

Was ein Hotelkeller mit Espresso zu tun hat, Kenia mit dem Burgenland und warum sich Akribie beim Wasser lohnt.

TIPP

Sie kennen das sicher aus Hotels“, sagt Roman Schärf. „Wenn man die Seife nicht und nicht von den Händen bekommt – dann steht im Keller eine große Filtermaschine und macht das Wasser im ganzen Haus lasch.“ Es tut dann nicht mehr so richtig das, was man von Wasser eben erwartet. Und bei Kaffee verhält es sich ähnlich, ist Schärf überzeugt. Der umtriebige Kaffeeexperte, der für die Marke Daniel Moser Überzeugungsarbeit leistet, Cafés sowie eine eigene Plantage betreibt, verzichtet im Gegensatz zu vielen Gastronomen auf das Filtern jenes Wassers, mit dem Kaffee gemacht wird. Er glaubt, dass die Inhaltsstoffe von naturbelassenem Wasser dem Kaffee nur guttun – wenn dieses von so hoher Qualität ist wie bei uns. „Bei Mineralwasser ist man ja auch stolz, was da alles drin ist, da kann die Liste auf der Flasche gar nicht lang genug sein. Bei Kaffee soll das plötzlich anders sein?“

Silbertablett. Roman Schärf schüttelt den Kopf und prangert die Sparmentalität seiner Mitbewerber an. „Nur damit sich die Betreiber das Warten der Maschinen ersparen, bekommen die Gäste jahrelang einen schlechteren Kaffee, als möglich wäre – aber Hauptsache, der Maschine geht’s gut.“ Es sei im Grunde absurd: In den besten Wiener Kaffeehäusern serviere man stolz das heimische Leitungswasser auf einem Silbertablett zum Kaffee, weil dieses Wasser ja so toll sei, und der Kaffee selbst werde mit zu Tode gefiltertem Wasser gemacht. Roman Schärf hält es in seinen Lokalen, etwa im „The Roast“, anders: Er riskiert lieber ein paar Wartungen mehr. Außerdem verwendet er am liebsten Hebelmaschinen, „die sind weniger anfällig für Kalk“. Eine von Schärfs Argumentationen ist nicht von der Hand zu weisen: „In Italien wird in kaum einem Lokal entkalkt, der größte Filterhersteller stammt aus Deutschland.“ Und mit diesen Informationen ausgestattet, möge man jetzt bitte einen Vergleich im Geiste anstellen: lieber italienischen Kaffee oder deutschen? Na also.

Roman Schärf reicht es aber nicht, sich nur mit der Frage zu beschäftigen, ob das Wasser für den besten Kaffee gefiltert oder ungefiltert ist. Bei „Daniel Moser“-Kaffee wird auch die Bohnenmischung auf das jeweilige Wasser abgestimmt. „Weil das überall so unterschiedlich ist, habe ich begonnen, von jedem Kunden einen Liter Wasser nach Wiener Neustadt zu holen.“ Dort befindet sich Schärfs Kaffeemanufaktur. Bevor also Röstmeisterin Hönig die Bohnen für den jeweiligen Gastrokunden zusammenstellt, wird das Wasser getestet. „In Norddeutschland oder im Burgenland ist das Wasser weich und somit säuerlich, wenn man da Bohnen mit mehr Säure verwendet, wie solche aus Kenia, würde man den Kaffee übersäuern.“ Zum Wiener Wasser passen aber kenianische Bohnen wiederum sehr gut. 21 Ernten stünden für „Daniel Moser“-Kaffee zur Verfügung, mit diesen tüftle man die zum jeweiligen Wasser passende perfekte Bohnenmischung aus.

Wasser wie Wein. Ohne Tüfteln geht es auch für Giuseppe Vaccarini nicht. Der Sommelier, bei Wein schon einmal zum besten der Welt gekürt, arbeitet für Nespresso sowohl an den Bohnenmischungen als auch an der sogenannten Harmonisation, also der idealen Kombinationen von Kaffee mit anderen Getränken. Beim internationalen Coffee Sommelier Program in der Schweiz kam das „Schaufenster“ in den Genuss seiner Ausführungen zu Kaffee plus Wasser – und wurde damit überrascht, dass man Wasser wie Wein verkostet, auch wenn der Sinn zunächst nicht einleuchtete: Wasser verkosten? Farbe und Schlieren begutachten, schlürfen, spucken (oder auch nicht)? Und wo bitte ist die versteckte Kamera?

Was das Thema Wasser zu Kaffee angeht, arbeitet Vaccarini nicht weniger akribisch als bei Wein. Anhand eigens entwickelter Diagramme zeigt er den Körper verschiedener Wassersorten auf, die Säure, die Bitterkeit, die Mineralität und stellt sie den entsprechenden Parametern von Kaffee gegenüber. „Wenn man das passende Wasser gleich nach einem Kaffee trinkt, sollte sich der Geschmack des Kaffees deutlich intensivieren. Der Kaffee füllt dann den Mund ganz anders aus als ohne Wasser, er hallt stärker nach.“

Und Vaccarini hat tatsächlich recht. Das falsche Glas Wasser hingegen (das nicht automatisch schlecht sein muss, sondern einfach nicht zur Bohnenmischung passt – Vaccarini stellt Aqua Panna San Pellegrino gegenüber, beide wie Nespresso von Nestlé) kann einen Espresso salzig machen, bitterer als erwünscht. Wasser, dazugetrunken, ist also fähig, einen sehr guten Kaffee schlechter zu machen. In purem Zustand schmeckt man als Laie die meisten Eigenschaften von Wasser nicht, in Kombination mit Kaffee aber sehr wohl. Offen bleibt nur, ob Kaffee, der mit dem falschen Wasser zubereitet wird, durch das Dazutrinken des richtigen Wassers wieder besser wird . . .

Daniel Moser
Röstungen, Maschinen, etc. www.danielmoser-products.com , www.romanschaerf.com

Coffee Sommelier Program www.nespresso.com

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