Geschmacksfrage: Entwicklungshilfe im Weinviertel

Zwei Deutsche züchten Brillenschafe und kochen mit großer Veranwortung. Bitte nur ohne Kunst!

Ich werde nie verstehen, warum eine derart schöne Gegend so inferiore Gastronomie bietet: Im Bezirk Hollabrunn gibt es nur kleine einfache Heurige, die zu besuchen lohnt. Sonst kann es schon passieren, dass man in einem zu Tode modernisierten Dorfwirtshaus einen ausgetrockneten Plastik-Mozzarella mit einer unsäglichen Instant-Balsamico-Reduktion serviert bekommt und die Wirtin irgendwas von „Einmal Mousse Göll“ nuschelt. Eine sehr traurige Angelegenheit.

Wochenend-Restaurant

Nun leisten zwei Norddeutsche – Mutter und Tochter – Entwicklungshilfe. Sie haben im winzigen Braunhof einen Bauernhof renoviert und führen dort ein Wochenend-Restaurant. Die Gaststube wurde im ehemaligen Kuhstall errichtet, sieht man von Kleinigkeiten wie sonderbaren Häng-Baumel-Lampen ab, sitzt man dort gut, im Innenhof-Garten hoffentlich auch. Den Einsatz Klassischer-Musik-Konserven und das Konzept, Volkshochschulen-Kunst auszustellen und zu verkaufen, sollten die beiden Pionierinnen überdenken und sich statt dessen auf die Kernkompetenz konzentrieren: Lebensmittel von bestmöglicher Qualität zu servieren. Das machen sie nämlich äußerst konsequent, indem sie etwa Kärntner Brillenschafe oder andere rare Exemplare von Gänsen und Hühnern züchten. Käse und Gemüse kommen ausschließlich von Bauern ihres Vertrauens. So etwas schmeckt man eben, etwa bei der Vorspeise aus warmem Ziegenkäse und Thymian-Honig und Zwiebel-Confit. Exzellent, weil schön intensiv, schmeckt die Friesische Hühnersuppe. Danach eine kleine Lamm-Schulter, dezent mit Bärlauch gefüllt. Beim schön knusprigen und sehr frischen Saibling passierte ein böser Patzer: Der Fisch ertrank in einer dicken Estragon-Sauce. Beim in Rotwein und Zwiebel-Sud stundenlang eingekochten Rindfleisch – Boeuf Bourguignonne – wäre es hingegen schade, wenn es nur in Frankreich zubereitet würde. (Allerdings wurde das Fleisch ein bisschen trocken und fest.) Aber das sind alles nur Details: Wichtig ist, dass die beiden Damen Erfolg haben und das dann Schule macht. Weil ich will in der Gegend nicht verhungern müssen.

Koch & Kunst

Braunsdorf 40, Tel: 0664/467 78 55

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