Die Testerinnen: Bio-Wirtin

(c) Stanislav Jenis
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Alles bio, alles überteuert: bei der Bio-Wirtin.

Rohkostsalat
Rohkostsalat(c) Stanislav Jenis

„Wer soll dort hingehen?“, fragt die Kollegin, die den Besuch bei der Bio-Wirtin kurz skizziert bekommt, gleichermaßen arglos wie treffend. Gute Frage. Die Testerin jedenfalls ist ratlos. Die Weinbotschaft in der Annagasse wurde von Cristina Rojik stets engagiert (bio von Anfang an), aber nicht immer mit größtem Geschick betrieben. Nun heißt das Lokal Bio- Wirtin, am Herd steht Carlo Neumann, der auch schon für Reinhard Gerer gearbeitet hat, das Geschäft daneben machte man zu einer Bio-Greißlerei. Hier gibt es nicht nur Amphorenweine oder eine Art natural Aperol, sondern auch Saiblingskaviar, Weincracker und allerhand vom Mangalitza-schwein, etwa Presskopf. So manches aus den Regalen wird im Lokal offen ausgeschenkt, unter anderem der grandiose Orange Wine Ponka von Paraschos im Collio. Und manches aus den Regalen wird für die Gerichte herangezogen. Wie der Panettone, von dem in der Greißlerei auch einzelne Schnitten verkauft werden. Altbacken geworden, werden diese zu einem naturgemäß mäßig raffinierten, aber soliden Tiramisu im Wasserglas. Resteverwertung ist prinzipiell begrüßenswert, aber warum soll man für diese Hilfe zur Selbsthilfe sagenhafte neun Euro zahlen?

Auch die anderen Gerichte sind teils absurd überteuert. Bio hin oder her – so macht das leider nicht wirklich Spaß. Eine Erdäpfel-Lauchsuppe mit Croutons kommt auf acht Euro. Den Rohkostsalat, ein durchschnittlich mariniertes Häufchen gehackten Fadgemüses, sollte man unter dem Namen „Ottolenghi würde weinen“ auf die Karte schreiben, er kostet 9,50 (und war nur für den Fotografen so hübsch angerichtet). Das cremig marinierte Saiblingstatar mit seidigem Erbsenpüree und Kürbis (18 Euro) macht deutlich mehr Freude, wie im Prinzip auch der laut Karte zwölf Stunden gegarte Mangalitzaschopfbraten mit hervorragendem sämigen Sauerkraut, dichter Sauce und einem als Grammelknödel angekündigten Erdäpfelknödel. Aber 26 Euro für eine „Schweinerei“, die zwar fett durchzogen ist, aber äußerst mager, was die Scheibendicke angeht, sind über der Schmerzgrenze. Das kleine Safranrisotto kommt in der Version mit Vongole auf 22 Euro, das gibt es sogar im Fabios günstiger. Und dort verwechselt man auch nicht Vongole mit den billigeren Miesmuscheln. Ratlosigkeit, wie gesagt.

Tipp

Bio-Wirtin, Annagasse 12, 1010 Wien. Tel: 01/5128510, Mo, 15–24, Di–Sa, 11–24 Uhr


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