Geschmacksfrage: The Hidden Kitchen

Geschmacksfrage Hidden Kitchen
Geschmacksfrage Hidden Kitchen(c) Julia Stix
  • Drucken

Neuartige freundliche Imbissläden erobern die Wiener Innenstadt. Sympathisch! Ich nicht.

(c) Julia Stix

INFO

Bevor die Russen auf den Kohlmarkt und Uschi Stenzel in die Bezirksvorstehung kamen, war der erste Bezirk ein verschlafenes Dorf. Nachts lauerte das Koma im Bermudadreieck, und ein paar teure Italiener warteten auf die Touristen. Das hat sich zwar weitgehend verändert, aber jung und lebendig ist die Innenstadt noch immer nicht. Ein solch toter Hund war bis vor Kurzem die Wipplinger Straße samt umliegenden Gassen. Von ein paar alten Namen wie dem Fadinger abgesehen, gab es nicht viel. Das scheint sich nun endlich zu ändern: Da eröffnete etwa, wie berichtet, das kleine Porcus, ein Imbiss, dessen Fleischhauermeister ausschließlich exzellentes Schweinefleisch brät, kocht und siedet. Die hässliche Färbergasse entwickelt sich nun zur ersten Lunch-Adresse der Stadt, wenn es schnell, günstig und gut sein soll.

Da ein Salatladen und ein sehr guter Vegetarierimbiss namens „Köstlich“ hier Büromenschen anziehen, gibt es nun auch noch „the hidden kitchen“. Diese entspannte Imbisskantine ist hell und hübsch, Eigentümerin Julia Kutas hat in London Kunstmanagement und offenbar stilvolle Lokale studiert. Gut für uns, denn dadurch musste sie in Wien eines eröffnen: Auf einem großen Buffetbereich präsentiert sie ihre Mittagsgerichte, hauptsächlich Salate und Vegetarisches wie Quiches. Um 13 Uhr kann es an einem Montag schon vorkommen, dass die guten Süßkartoffeln, karamellisiert mit Salbei, knapp werden und das Hühnerfleisch trocken. Die Salate schmecken großartig, das Petersilie-Taboulé macht munter. Dass ich langsam kurzsichtig werde, bemerke ich auch.

Nein, nicht weil Frau Kutas mir Karottensalat aufhäuft, sondern weil die Mandelsplitter auf den knackigen Brokkoli keine sind, sondern Knoblauchscheiben. Macht nichts, der Illy macht es wieder gut. Eigentlich müsste ich jetzt wieder schreiben, dass das wie in New York, London oder Tokio ist, aber ganz ehrlich: Wien wird in dieser Kategorie langsam eine echte Großstadt. Das kann sich jetzt der Bürgermeister ausschneiden und im Wahlkampf verwenden. Die Chefin läuft mir nach und fragt mich, warum ich so viele Fragen gestellt habe. (Die waren vielleicht ein bisschen direkt: Wie heißen Sie? Wie schreibt man das? Und warum eröffnen Sie ein Lokal?“) Dann meint sie noch: „Sie sind gar nicht so unsympathisch.“ Wie bitte? Ich hatte wohl einen schlechten Tag.

The Hidden Kitchen, Wien 1, Färbergasse 3, Mo–Fr: 11–16 Uhr

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.