Geschmacksfrage: Tian

Ein Tschüss nach Berlin und ein Willkommen in Wien. Mit einem vegetarischen Lokal.

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INFO

Gemäß Ankündigung sollte ich heute über Sarah Wieners Lokal im alten Berliner Bahnhof schreiben. Also einen Verriss über das Lokal, das zwar den Namen der TV-Köchin trägt, in dem sie aber offensichtlich selten ist. Verständlich, vermutlich isst sie einfach nicht gern schlecht. Bei mir gehört das zwar zum Job, aber alles hat seine Grenzen: Wie kommt jemand auf die Idee, Wiener Küche bundesdeutsch zu interpretieren? Also tot gegarten Fisch mit Sauerkraut zu servieren? Um zu verhindern, dass man den Fang des Tages einer Gattung zuordnen kann? Bei dem Gericht „Himmel und Erde“ haben die Milchkalbsleber und die Ochsenbacke geschmacklich kaum Chancen gegen den Grünkohl- und Selleriestampf – arme Tiere, arme Gäste. Das Wiener Schnitzel entpuppt sich als positive Überraschung – es schaut wesentlich besser aus, als es schmeckt. Jetzt aber noch eine echte Lokalkritik, mehr fällt mir zu Wieners Restaurant nämlich nicht ein. Doch: Man sitzt ganz nett.

In Wien gilt das für das neue Restaurant Tian auch. Gegenüber dem Ronacher haben schon einige aufgegeben. Nun versucht es ein finanzstarker Investor mit einem sehr ambitionierten Projekt: Christian Halper will ausgerechnet bei den Wienern mit vegetarischer Küche punkten. Gleich mehrere Ideen und Konzepte wurden in ein Lokal gepackt: Ebenerdig gibt es ein Café-Restaurant und ein Takeaway, im Souterrain eine Bar, sozusagen die Veggie-Lounge, daneben soll ab Februar ein Luxusrestaurantbereich entstehen, der auch dem Gemüse huldigt. Komisch, dass nicht noch ein Eck zur Bio-Vinothek wurde, in dieser Erlebniswelt. Solche All-in-one-Pläne scheiterten bisher regelmäßig. Aber zumindest wurden – in Wien ein kleines Wunder – einige Profis eingestellt. Womit wir bei der Küche wären, mein Hauptkritikpunkt ist simpel: Als Hauptgerichte darf es nicht nur Pasta, Risotto und Co. geben. In so einem Restaurant muss Gemüse auch allein im Mittelpunkt stehen. Zumal das viele Köche von Heinz Reitbauer und Silvio Nickol abwärts vorzeigen. Sonst gibt es wirklich gute, recht einfache Gerichte wie Kaspressknödel mit gebratenem Junglauch oder Pasta Provenciale mit Olivenmischung. Elaborierter und interessanter sind da ein Waldpilztatar und Salate mit witzigen Aromen, da blitzt gutes Handwerk auf. Vielleicht kommt da noch mehr.

Tian, Seilerstätte 16, 1010, Wien, Tel.: 01/890 46 65, Mo–Sa 8–24, So 10–17 Uhr.

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