Vierbeinige Schnüffler auf Schimmelsuche

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Hunde verfügen über 200 Millionen Riechzellen und finden Schimmel besser als jedes technische Gerät. Daher rückt auch die Truppe der österreichischen Schimmel-Suchhunde-Staffel bei Verdacht auf Schimmelbefall aus.

Der explosive Kik schießt regelrecht in den Raum, strahlt unbändige Lebensfreude aus. Wäre er nicht ein Hund, könnte man meinen, er jauchzte vor Vergnügen. Dann endlich der Klick, den Wolfgang Hochreiter mit einem alten Blechfrosch auslöst. Für den Deutschen Schäferhund das akustische grüne Licht: Jetzt darf er suchen, jetzt endlich geht das Abenteuer los. Kik verfällt in einen fast fieberhaften Zustand und beginnt mit der Schnüffelei. Es gilt, die in Hartplastikröhrchen verpackten und zuvor versteckten Schimmelproben zu finden.

Kik ist einer aus der Truppe der österreichischen Schimmel-Suchhunde-Staffel. „Sobald er das Brustgeschirr anhat, wird er ganz damisch, denn dann weiß er, es geht auf Schimmelsuche, und das macht er wahnsinnig gern“, erzählt Hochreiter, Kiks Halter und Gründer der hündischen Spezialeinheit. Das Tier hat im Nu den versteckten Schimmel aufgespürt. Und zeigt sich voller Freude darüber. Denn es ist eine stolze Leistung für den Junghund, der noch gar nicht fertig ausgebildet, sondern ein Azubi, also ein noch Auszubildender, ist. Als Belohnung gibt es das Lieblingsspielzeug für den schwarzen Rüden, der seit rund sechs Monaten trainiert wird.

Dreimal die Woche werden die Hunde der Staffel trainiert. „Wir sind da immer woanders, wir bekommen Firmengebäude oder Privathäuser zur Verfügung gestellt“, sagt Hochreiter. Man könne nicht immer am selben Ort üben, denn der Hund merke sich ja die Örtlichkeiten. Ein gut trainierter Hund zeigt schon geringste Geruchsquellen an. „Die Hundenase beweist dabei eine Trefferquote, die mit keinem einzigen technischen Gerät erreicht werden kann“, sagt Hochreiter. Messtechnisch lasse sich Schimmelbelastung zwar feststellen, aber wenn es um die genaue Lokalisation gehe, seien die meisten technischen Geräte schnell am Ende ihrer Leistungsfähigkeit. Nicht der Hund – er findet die Quelle (80 Prozent aller Schimmelpilzschäden in Gebäuden sind nicht sichtbar) punktgenau – hinter Fliesen und Holzverkleidungen, unter dem Parkettboden, im Mauerwerk. „Das kann kein Gerät auf der Welt.“

Die Suchhunde werden auf die von Schimmelpilzen abgegebenen Gase (MVOC) trainiert. Diese riechen sie schon in winzigen Konzentrationen, wir Menschen riechen da noch lange nichts. Was daran liegt, dass der Hund rund 200 Millionen Riechzellen und damit etwa 40 Mal mehr als der Mensch besitzt. Und während unsere Riechschleimhaut nur etwa zehn Quadratzentimeter Fläche aufweist, beträgt die einer Schäferhundnase 180 Quadratzentimeter. Ein Schweißhund besitzt sogar 280 bis 285 Quadratzentimeter Riechschleimhaut. Er wäre im Prinzip ein exzellenter Spürhund. Allerdings arbeitet er nur dann, wenn es ihn freut, und nicht dann, wenn man ihn braucht; diese Rasse ist unheimlich stur.

„Es braucht schon einen arbeitsbereiten, zuverlässigen und triebigen Hund“, so Hochreiter. Derzeit besteht die rot-weiß-rote Staffel vorwiegend aus Schäferhunden und Dobermännern. „Wir wollen nun aber auch kleinere Hunde in die Gruppe aufnehmen.“ Cockerspaniel zum Beispiel, sie seien ganz tolle Suchhunde.

Die Ausbildung zum Schimmelsuchhund dauert in Österreich drei Jahre. Zwei Jahre davon sind Grundausbildung (ähnlich jener der Diensthunde der Exekutive), ein Jahr dauert das Spezialtraining. Ohne diese Ausbildung kann kein Hund zum Suchhund werden. „Eine gewisse Führigkeit und Gehorsam sind Grundvoraussetzungen.“ Eine weitere Voraussetzung: Der Hundeführer muss sein Tier „lesen“ können, muss verstehen, was ihm sein Hund anzeigen will.

Arbeitshunde sind körperlich fitter

Elly beispielsweise, Hochreiters neunjährige deutsche Schäferhündin, macht es mit einem ganz bestimmten, unverkennbaren Blick und mit Pfotendeut. Elly ist schlank, fit und lebendig und – obwohl sie kurz vor der Pension steht – noch sehr munter und aufgeweckt. Hochreiter: „Im Schnitt sind Arbeitshunde körperlich fitter als andere und auch kognitiv haben sie mehr drauf. Denn Schimmelsuche kann man durchaus mit Hochleistungssport vergleichen.“

Wie kam Wolfgang Hochreiter auf die Idee mit den Spürhunden? „Als Bautechniker bin ich immer wieder mit Schimmelproblemen konfrontiert gewesen. Im Gespräch mit dem Hochbautechniker und Bauphysiker Emanuel Mairinger, der auch Experte für die Beurteilung und Sanierung von Schimmelpilzschäden in Gebäuden ist, haben wir dann vor etwa vier Jahren die Idee geboren und den Verein Österreichische Schimmel-Suchhunde-Staffel gegründet.“

Ganz neu war die Idee damals nicht, in Skandinavien oder Deutschland gibt es Schimmelsuchhunde schon seit längerer Zeit. Die Österreich-Staffel besteht aktuell aus fünf hündischen Mitarbeitern und wird etwa 50 Mal im Jahr gebucht. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: von der Qualitätskontrolle beim Kauf einer Wohnung über die Überprüfung bei Schadenssanierungen bis zur Kontrolle nach Wasserschäden. „Immer wieder rufen uns auch Leute an, die oder deren Kinder unter gesundheitlichen Schäden leiden, deren Ursache kein Arzt feststellen kann.“

Bei einem Einsatz sind stets zwei Hunde mit dabei. Motto: Check und Doppelcheck. Was der erste Hund anzeigt, soll der zweite nochmals bestätigen. „Zwar irren Hunde sehr selten, aber auch sie haben einmal einen schlechten Tag und können nicht alle Schäden erschnüffeln. Und wir wollen wirklich 1000-prozentig sicher sein. Denn stellen Sie sich vor, da reißt dann jemand aufgrund der hündischen Anzeige den Parkettboden heraus und dann ist da nichts“, sagt Mairinger. Wenn der Auftraggeber einverstanden ist, wird eine Materialprobe ins Labor geschickt und dort die Schimmelart festgestellt. Eine der giftigsten und für Mensch und Tier besonders gefährlichen Arten ist Stachybotrys, der schädliche Mykotoxine erzeugt. Hochreiter: „Einmal sind wir in eine Lagerhalle gekommen, die war voll mit diesen Schimmelpilzen. Wir haben die Suche sofort abgebrochen, denn die Gesundheit von Mensch und Tier war da nicht mehr gewährleistet.“

Für Hund und Halter

Seit etwa zwei Jahren ist auch Nasch, King of the Darkness im Team. Auch dem riesigen, gut 50 Kilo schweren und sehr gelassenen Dobermann macht das Suchen offensichtlich Spaß. Unter anderem auch deswegen, weil es als Belohnung für jeden Fund ein Stück Wurst gibt, sagt Halter Herbert Adelsberger. Er und sein Sohn seien bei der Hundesportausbildung ihrer Dobermänner auf Schimmelsuchhunde gestoßen und hätten Gefallen daran gefunden. Geld spiele dabei nur eine sekundäre Rolle. „Das ist für uns nicht in erster Linie Einnahmequelle, sondern ein Hobby.“

SERVICE

Wer befürchtet, dass sich in der Wohnung unsichtbarer Schimmel befindet, kann spezielle Suchhunde zu sich nach Hause kommen lassen. Preis: 500 bis 1000 Euro.

Näheres: Österreichische Schimmel-Suchhunde-Staffel, 0660/4155 923, www.schimmelsuch-hunde.at

Weitere Infos: www.bv-schimmel.at, www.schimmelspuer-hund-austria.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2016)

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