Grippewelle rollt an: zuerst erkranken meist die Kinder

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Ein deutlicher Anstieg an Erkrankungen deutet auf den Beginn einer Grippewelle in Österreich hin. Kinder sind zumeist als Erstes betroffen.

Wien. Die Bilder in den Kinderarztpraxen und Ambulanzen der Spitäler ähneln sich derzeit: Die Wartezimmer sind überfüllt, voller Kinder mit hohem Fieber und Verdacht auf Grippe. Wer ein krankes Kind hat, das eindeutig nicht an der Grippe erkrankt ist, überlegt es sich derzeit zweimal, ob er sich mit seinem Kind wirklich stundenlang in eine Arztpraxis setzen und eine Ansteckung mit dem Influenzavirus riskieren will.

Mit erheblichen Wartezeiten ist so gut wie überall zu rechnen. „Wir erleben derzeit einen Run auf die Ambulanz“, sagt etwa Wolfgang Holter, ärztlicher Direktor des St. Anna Kinderspitals. „Sehr viele Kinder sind derzeit von Grippe oder grippeähnlichen Erkrankungen betroffen.“ Die Folge seien „lange Wartezeiten, auch wenn wir uns sehr bemühen“. Schwer erkrankte Kinder werden vorgezogen, was mitunter zu Unmut bei den Eltern der weniger schwer betroffenen Kinder führe, die dadurch noch länger warten müssen. Einen „deutlichen Anstieg“ an Patienten mit Grippesymptomen verzeichnen dem Krankenanstaltenverbund (KAV) zufolge seit Mitte vergangener Woche alle Spitäler in Wien. Auch die Praxen der niedergelassenen Kinderärzte sind überfüllt, sagt Rudolf Schmitzberger, Kinderarzt in Wien Margareten. Das sei typisch für diese Jahreszeit: Ende Jänner erkranken in der Regel „die ganz Kleinen, dann die Schulkinder und in etwa 14 Tagen wird es eine Welle an Krankenständen bei den Erwachsenen geben“.

Auf keinen Fall sollte man unangemeldet zum Arzt kommen, sondern sich telefonisch anmelden, „sonst sind alle heillos überfordert“. Ob man überhaupt zum Arzt geht, „hängt vom Allgemeinzustand des Kindes ab“, sagt Schmitzberger. Hohes Fieber allein würde noch nicht auf die echte Grippe hindeuten. „Ist allerdings der Allgemeinzustand schlecht, wirkt es abgeschlagen und hat Kopf- und Gliederschmerzen“ sei ein Arztbesuch notwendig. Kritisch sei auch ein zweiter Fieberschub nach wenigen Tagen.

Was man sonst tun kann? „Den Kindern von klein auf beibringen, sich nicht die Hand beim Husten vorzuhalten, sondern in den Ellbogen zu husten.“ So wird das Ansteckungsrisiko für andere reduziert.
Als Therapie tritt im Übrigen vielen Medizinern zufolge die Einnahme von antiviralen Substanzen immer mehr in den Hintergrund. Empfohlen wird neben etwaigen fiebersenkenden Mitteln, sich zu schonen und viel Flüssigkeit in Form von Wasser und Tee zu sich zu nehmen.

Österreichweit bisher 40.000 Fälle

Insgesamt wurden bisher österreichweit rund 40.000 Fälle von Grippe gemeldet, davon rund ein Viertel in Wien. Eine deutliche Zunahme von Influenzavirus-Nachweisen in Proben von Patienten bzw. von Neuerkrankungen an Grippe bzw. grippalen Infekten gibt es laut dem Diagnostischen Influenza Netzwerk seit der vergangenen Woche. Das sei ein Zeichen für den Beginn einer Grippewelle in Österreich. So stieg die Zahl der influenzapositiven Proben auf rund das Doppelte. Es dominierte die Influenza B, bei den Influenza-A-Stämmen ist in dieser Saison offenbar die Schweinegrippe von 2009/2010 mit A(H1N1)-Viren vorherrschend. Dagegen schützen die vorhandenen Vakzine. Allerdings passt der diesjährige Impfstoff schlecht zur grassierenden Influenza B. Diese verläuft zumeist aber harmloser als eine Influenza A.

Für eine Impfung ist es jedenfalls nicht zu spät. Norbert Jachimowicz, praktischer Arzt in Wien, empfiehlt sogar grundsätzlich, sich nicht bereits im September impfen zu lassen, sondern erst Ende Oktober oder Anfang November, da die – zumeist von Ostasien ausgehende – Grippe in Europa für gewöhnlich nicht vor Mitte Dezember ankomme und im April und Mai eine weitere Welle möglich sei. Bei einer rund neun Monate anhaltenden Wirksamkeit einer Impfung sei man dann immer noch geschützt.

Auf einen Blick

Grippe. Wird durch Influenzaviren ausgelöst und bricht plötzlich aus. Symptome: Schüttelfrost, hohes Fieber, Gliederschmerzen, Husten, Abgeschlagenheit, aber kein Schnupfen.

Grippaler Infekt. Wird durch Rhinoviren ausgelöst, wobei die Krankheit nicht plötzlich, sondern schleichend beginnt und mit Schnupfen, Halsschmerzen und ein bisschen Fieber einhergeht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2016)

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