Stich, lass nach!

Gelbfiebermuecke uebertraegt Zika-Virus
Gelbfiebermuecke uebertraegt Zika-VirusAPA/dpa/Boris Roessler
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Wenn Gelsen auf Menschen fliegen, hat das nichts mit süßem Blut zu tun. Knoblauch und ätherische Öle könnten uns vorbeugend vor Mücken schützen. Haben sie einmal zugestochen, lindern heiße Löffel und Steinklee den Juckreiz.

In 50 Sekunden ist der Spuk vorbei. Keine Minute dauert es, bis eine Gelse sich auf uns niedergelassen, gestochen, Blut gesaugt hat und wieder entschwunden ist. Und dann juckt es. Schuld daran sind körperfremde Eiweißstoffe, welche die Gelsen einsetzen, um die Blutgerinnung zu verhindern. Kratzen verschlimmert das Ganze eher noch. Übrigens: Nur die erwachsenen Weibchen gehen uns Menschen an.

Manche Menschen sind wahre Gelsenmagnete, während andere mehr oder weniger Ruhe vor ihnen haben. Das hat nichts, wie der Volksmund gern sagt, mit süßem Blut zu tun, sondern mit dem Kohlendioxyd, das beim Ausatmen entsteht und mit der Ausdünstung, dem individuellen Körpergeruch eines Menschen. „Manche Bakterien, die im Schweiß leben, können dort Substanzen zu Duftstoffen umwandeln, die Insekten unwiderstehlich anlocken“, erwähnt Reinhard Länger, Leiter der Abteilung für pflanzliche, homöopathische und Veterinär-Arzneimittel bei der Ages (österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit).

Eine Veränderung der Ausdünstungsdüfte könnte man mit Knoblauch oder Hefe erreichen. „Laut Volksheilkunde ein hilfreicher Mückenschutz“, sagt Ärztin Andrea Zauner-Dungl, die Leiterin des Zentrums für Traditionelle chinesische Medizin und Komplementärmedizin an der Donauuniversität Krems. „Zwei bis drei Zehen oder ein Teelöffel Hefe sollten es täglich schon sein.“ Wer weder das eine noch das andere will oder verträgt, könnte dasselbe mit Vitamin-B1-Tabletten erreichen. „Deren Wirkung wird aber kontroversiell beurteilt“, wirft Wolfgang Kubelka, Wissenschaftler und Pflanzenexperte, ein. Ebenso die Wirksamkeit von Kokosöl, das zunehmend präventiv zur Insektenabwehr angewendet wird.

Weite Kleidung

Einen gewissen Stichschutz bietet weite Kleidung. Harald Brugger von „Die Umweltberatung“: „Gelsen und Mücken können durch viele Gewebearten durchstechen, das geht aber nur, wenn die Kleidung am Körper anliegt.“

Und was bringen sogenannte Mückenstecker auf Basis von Insektiziden? Sie vertreiben zwar die Gelsen, ihre Gifte belasten aber die Raumluft und können bei empfindlichen Menschen und Kindern unter anderem Kopfschmerzen und Schwindel auslösen, warnt die Stiftung Warentest. Und über UV-Leuchten mit Hochspannungsgitter liest man in einem Infoblatt der Umweltberatung: „Sogenannte Insektengrills sind eine brutale und unselektive Methode. Nur etwa 1,4 Prozent der in den UV-Fallen gefangenen Insekten sind weibliche Gelsen. Dagegen wird eine große Menge an harmlosen Insekten wie Bienen und Nachtfalter getötet.“ (www.umweltberatung.at/gelsen)

Antimückenrezepte

Als natürliche Insektenabwehr könnte man Duftlampen einsetzen. Dazu empfiehlt Wolfgang Steflitsch, Lungenfacharzt und Vize-Präsident der Österreichischen Gesellschaft für wissenschaftliche Aromatherapie und Aromapflege, folgende ätherische Öle: Citronella, Eukalyptus, Zitronen-Eukalyptus, Rosengeranie, Lemongrass, Zitrone, Pfefferminze oder Majoran. Ein anderes Anti-Moskito-Rezept: Drei Tropfen Atlaszeder, je vier Tropfen Citronella und Lavendel fein, zwei Tropfen Pfefferminze mit 100 ml Rosen- oder Teebaumhydrolat mischen, vor Gebrauch schütteln. Steflitsch: „Das ist auch für Kinder ab dem dritten Lebensjahr geeignet. Man sprüht es mehrmals täglich auf die Haut oder in geschlossene Räume.“ Nachsatz: Die ätherischen Öle müssen echt, dürfen nicht gepanscht sein, sonst schaden sie mehr als sie nützen.

Insekten abwehren sollen auch Hautcocktails aus ätherischen Ölen. Eines von Steflitsch' Rezepten: je sechs Tropfen Citronellagras (Cymbopogon nardus) und Zitrone, je vier Tropfen Eucalyptus radiata und Pfefferminze in 100 ml Mandelöl, Sesamöl oder Aprikosenkernöl geben und ein- bis zweimal pro Tag in geringer Menge auf nackte Hautstellen auftragen.

Achtung aber: Ätherische Öle können allergische Hautreaktionen hervorrufen, daher vorher eine ganz geringe Menge in die Armbeuge geben und testen, wie man reagiert. Kinder unter einem Jahr sollten keinesfalls mit ätherischen Ölen eingerieben werden.

Mögen keine Zugluft

Zudem, so Kritiker, verfliege der Duft ätherischer Öle zu rasch, als dass er wirksam Insekten fernhalten könne. Also doch chemische Repellents? Die können bei empfindlichen Menschen ebenfalls unerwünschte Reaktionen auslösen und sollten ebenso bei Kindern unter einem Jahr keinesfalls eingesetzt werden – wegen eventueller Schädigung des Zentralnervensystems. „Da eignen sich Anti-Mücken-Armbänder und Anti-Mücken-Clips, die seit einiger Zeit erhältlich sind, viel besser“, sagt Catherine Bader, Apothekerin aus Kindberg. Deren Wirkstoffe sind meist ätherische Öle, aber die Haut kommt damit nicht in Berührung. Ein weiterer Rat von Bader: „Repellents nie gemeinsam mit einer Sonnenschutzcreme auftragen, das mindert den Sonnenschutz drastisch.“ Besser: Erst die Sonnencreme und 15 bis 30 Minuten später den Mückenschutz. Letzteren vor dem Schlafengehen unbedingt wieder abwaschen.

Apropos Bett: Wer bei offenem Fenster schläft, könnte sich mit einem Fliegengitter oder Moskitonetz die lästigen Insekten vom Leib halten. Und bei Tag hilft es, alle Fenster aufzumachen, denn Gelsen mögen Zugluft ganz und gar nicht.

Hat eine Gelse einmal zugestochen, gibt es mehrere Möglichkeiten, die Folgen einzudämmen. Hitze hilft. Umweltberater Harald Brugger: „Hitze zerstört die Proteine der Gelse, die den Juckreiz hervorrufen.“ Da gibt es eigene Geräte zu kaufen, die man auf die Einstichstelle hält. Brugger: „Dieselbe Wirkung hat aber auch folgendes alte Hausmittel: eine Tasse mit heißer Flüssigkeit oder einen heiß gemachten Löffel sofort an die Einstichstelle halten.“

Das Herbal Medicinal Products Committee der EMA (European Medicines Agency) empfiehlt zudem Steinklee (Melilotus officinalis) – unter anderem als Pflaster – bei Insektenstichen. Aromatherapie-Experte Steflitsch wiederum schwärmt vom Immortellen-Blütenwasser: „Nach einem Insektenstich auf die betroffene Hautstelle sprühen und zwar mehrmals, im Abstand von fünf Minuten.“

Hilfreicher Spitzwegerich

Ein anderes pflanzliches Mittel: Ein Blatt von einem Spitzwegerich oder einer anderen Wegerichart zerkauen und sofort auf die Stichstelle geben. „Das nimmt den Juckreiz, lindert eventuellen Schmerz und verhindert eine Schwellung“, sagt Reinhard Länger von der Ages. Und Wegeriche, so Länger, wachsen in fast jeder Wiese.

Sticht die Gelse aber in der Wohnung zu, sollen aufgelegte Zwiebel-, Kartoffel- oder Zitronenscheiben sowie Umschläge mit Essigwasser den Juckreiz lindern. Wissenschaftlich erwiesen ist das zwar nicht. Aber was tut das, wenn es hilft. Und noch dazu keinerlei negative Nebenwirkungen hat.

Abwehr

Pflanzen und Öle, denen Insekten-abwehrende Eigenschaften nachgesagt werden: Anisöl, Basilikum, Bergamottöl, Birkenholzteer, Campher, Cajeput- und Citronellöl, Eisenkraut, Eukalyptus-, Geranium-, Katzenminze- und Kiefernöle, Knoblauch, Kokosnuss-, Lavendel-, Lemon-grasöl, Menthol, Muskat-, Nelken-, Orangenblüten,- Pfefferminz-, Rosmarin-, Sternanis-, Sandelholz-, Teebaum-, Thymian-, Wacholder-, Zedern- und Zimtöl.

Bienen

Erste Maßnahme bei einem Bienenstich: Stachel sofort entfernen. In den allermeisten Fällen ist die Giftdrüse noch drauf – sie pumpt weiter Gift in den Körper.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2016)

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