Fieber: Urlaubssouvenirs im Körper

A passenger jet flies past a grove of palm trees during a warm weather spell as it departs San Diego
A passenger jet flies past a grove of palm trees during a warm weather spell as it departs San DiegoREUTERS
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Auch wenn Fieber lang nach einem Urlaub auftritt: Es sollte stets abgeklärt werden, denn es könnte eine gefährliche Tropenkrankheit dahinterstecken.

Carola A. litt mehr als zwei Jahre lang an immer wiederkehrendem Durchfall. Regelmäßig wurde sie von heftigem Bauchgrimmen geplagt, hatte starke Blähungen, kämpfte mit Übelkeit, mit Müdigkeit – die 45-jährige Wienerin fühlte sich rundherum nicht wohl, verlor zudem stets an Körpergewicht. Die Arzt-Odyssee, vom Allgemeinarzt zum Gastroenterologen, vom Internisten zum Gynäkologen, vom Röntgen zur Gastroskopie, vom MRT zur Darmspiegelung, erbrachte nichts – keinerlei Befunde, keine Diagnose, keine Krankheit. Es wird wohl die Psyche sein, meinten manche Mediziner. Es war aber nicht die Seele, es waren Lamblien. „Das sind einzellige Darmparasiten, die Durchfallerkrankungen und unspezifische Bauchbeschwerden verursachen können“, erklärt Herwig Kollaritsch, bekannter Tropenexperte und Leiter des Zentrums für Reisemedizin in Wien.

Das besonders Tückische an dieser Erkrankung, die man sich (bei einem Urlaub) in Südeuropa, in den Tropen, in Asien, in Afrika, fast überall also, holen kann und die durch Nahrungsmittelaufnahme (vor allem Salate, rohes Obst und Gemüse) übertragen wird: Die Symptome können monatelang, ja jahrelang anhalten. Bei Carola A. dauerte es eben 24 Monate, ehe Tropenmediziner Kollaritsch die richtige Diagnose stellte und sie mittels eines speziellen Antibiotikums heilte. „Die Patientin hat sich in Griechenland mit Lamblien infiziert und diese Infektion lang nicht mit den Urlaubsaufenthalten in Verbindung gebracht.“

Inkubationszeit von mehreren Monaten

Durchfallerkrankungen und/oder Fieber sind die Leitsymptome unliebsamer Urlaubssouvenirs, die man im Körper mit nach Hause nimmt. „Je zeitnäher zum Urlaub diese Symptome auftreten, desto wahrscheinlicher ist eine Infektion im Ferienland“, sagt Kollaritsch. Allerdings kann die Inkubationszeit auch deutlich länger sein: Monate, ja Jahre dauern. Daher Kollaritschs Rat: Auch wenn sich diverse Symptome erst Monate nach einem Aufenthalt in Kenia oder der Karibik einstellen, immer den Arzt auf die Reise hinweisen. Wichtig ist freilich auch der Hinweis, wo man war, welche Vorbeugungsmaßnahmen getroffen wurden und ob andere Reisende dasselbe Problem haben.

Ist ein Arztbesuch denn immer notwendig? „Tritt nur Durchfall auf, ist das primär als gutartig einzustufen. Dauert der Durchfall allerdings länger als eine Woche, sollte das unbedingt abgeklärt werden“, erklärt Kollaritsch.Etliche Betroffene würden im Anschluss an die Durchfallerkrankung ein Reizdarmsyndrom aufweisen. „In einem solchen Fall empfiehlt sich eine endoskopische Abklärung, um eine Chronifizierung der Erkrankung zu verhindern.“ Im Falle von Fieber nach einem Urlaub (auch Monate danach) ist immer medizinische Abklärung angebracht. „Wenn man aus heiterem Himmel plötzlich hohes Fieber hat, ist Feuer am Dach“, sagte Kollaritsch am Rande einer Fortbildungswoche der Österreichischen Apothekerkammer.

Es könnte sich um eine (potenziell tödliche) Malaria handeln, die unter Umständen auch noch drei Monate und länger nach der Urlaubsrückkehr ausbrechen kann. Es könnte auch Dengue-Fieber sein (in Österreich bringen jährlich mindestens 100 Urlaubsrückkehrer diese meldepflichtige Erkrankung mit nach Hause) oder Chikungunya, Typhus abdominalis, eine Legionellenerkrankung oder eine Hepatitis. Es gibt hier eine Fülle von Erkrankungen, die durchaus auch lebensbedrohlich werden können. Bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie können jedoch die meisten dieser Krankheiten geheilt werden.

Bei Fieber gleich zum Arzt

„Unser wichtigster Rat daher, den wir gar nicht oft genug wiederholen können: Bei Fieber keinesfalls zuwarten, in der Hoffnung, es wird schon wieder. Solches Zuwarten könnte für Betroffene leicht letal ausgehen oder unangenehme Spätfolgen haben. Das lässt sich vermeiden, wenn man im Fall des Falles sobald wie möglich einen Tropenfacharzt oder eine Tropenambulanz aufsucht“, so der Experte. Das Gleiche gelte natürlich, wenn Durchfall und Fieber gemeinsam auftreten. „20 Prozent der Malaria-Patienten haben neben Fieber auch Durchfall.“

Fieber nach einem Urlaub in der Türkei oder Karibik sollte aber auch aus Verantwortungsbewusstsein abgeklärt werden. Mit der Reisegelbsucht Hepatitis A etwa, einer der verbreitetsten Nahrungsmittelinfektionen, kann man ganz leicht seine Tochter, seinen Partner, seinen Arbeitskollegen anstecken. „Für Kinder oder Menschen mit schlechtem oder unterdrücktem Immunsystem kann Hepatitis A durchaus lebensgefährlich werden.“ Leider, so der Tropenfachmann, komme es auch in Österreich immer wieder zu kleineren Hepatitis-A-Ausbrüchen in Kindergärten und Schulen, ganz besonders nach der Reisezeit. „Es ist zwar etwas weniger geworden, aber noch immer zu viel.“

Kondome empfohlen

Ein Appell an die Männer: Wer nach den Ferien, vor allem in Brasilien, leichtes Fieber bekommt, soll sich auf eine Infektion mit dem Zika-Virus untersuchen lassen. Sollten er und seine Partnerin gar an Nachwuchs denken, ist eine Schwangerschaft sechs Monate lang gar nicht ratsam. „Es wird empfohlen, sechs Monate lang nur geschützte Sexualkontakte zu pflegen, denn das Virus kann durch Geschlechtsverkehr weitergegeben werden.“ Es besteht die Gefahr schwerer Kindesmissbildungen. Extrem gefährlich ist die (Tropen-)Krankheit Tollwut mit einer Inkubationszeit von wenigen Tagen bis zu einem Jahr. Ist die Tollwut einmal ausgebrochen, endet sie immer tödlich. „Es gibt kein Gegenmittel“, betont Kollaritsch. Aber es gibt eine Impfung, und die schützt praktisch zu hundert Prozent.

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Jahrelang können bestimmte, im Reiseland zugezogene Infektionen nach der Urlaubsrückkehr quälen – das tun unter anderem Infektionen mit Lamblien, einzelligen Darmparasiten, die durch Nahrung übertragen werden.

Wenn Fieber nach dem Urlaub auftritt, ist ein Arztbesuch angeraten. Zu langes Zuwarten kann im Extremfall tödlich ausgehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2016)

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