Roten Nasen: Clowns wirken schon bei Babys

Rote Nasen Clowndoctors
Rote Nasen Clowndoctors(c) Teresa Zötl
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In zwei Wiener Krankenhäusern hat man herausgefunden, dass schon Kinder mit drei bis 24 Monaten positiv auf einen Besuch der Roten Nasen Clowndoctors reagieren. Sie können Ängste und den Stress einer Hospitalisierung lindern.

Strahinia, ein zartes Mädchen mit zehn Monaten, wirkt ein wenig verloren in dem großen Krankenzimmer. Jetzt hat sie Besuch: „komische“ Leute mit großen roten Nasen. Das Baby weiß nicht so recht, was die Spaßmacher von ihm wollen. Eng kuschelt es sich in die Arme der Mutter, die gleich zu lachen beginnt. Ganz zaghaft kommt nun auch Strahinias erstes Lächeln, und bald hat sie die Roten Nasen Clowndoctors sichtbar in ihr Herz geschlossen, hat Vertrauen zu den Clowns gefasst.

„Große und kleine Patienten haben großes Vertrauen uns gegenüber“, sagt Martin Kotal, künstlerischer Leiter der Roten Nasen. Natürlich ist da die Angst, dass die sogenannten Horrorclowns, die derzeit durch die Medien geistern, das grundsätzlich positive Bild der Clowns gefährden könnten. „Horrorclowns gefährden mit ihrem unverständlichen Tun die Arbeit von Tausenden Clowndoctors auf der ganzen Welt, die Lachen und Lebensfreude in Krankenhäuser bringen.“

Dabei reagieren schon die Kleinsten positiv auf die Spaßmacher. „Eltern spielen eine sehr wichtige Rolle, wie Säuglinge und Babys auf die fremden Menschen mit den roten Nasen reagieren. Das ergab unsere Studie, die wir im Donau- und im Wilhelminenspital mit drei bis 24 Monate alten hospitalisierten Kindern gemacht haben“, sagt Psychologin und Studienleiterin Gabriela Markova, bei den Roten Nasen International für den Bereich Forschung verantwortlich. Die Studie, eine Kooperation von Universität Wien und Roten Nasen Clowndoctors, untersuchte die frühkindliche Reaktion von fremdem Humor, also Humor von nicht vertrauten Personen. „Während der Clownvisiten schauten die Kleinen sehr oft zu ihren Eltern. Lachten die, lachten auch die Kinder mehr.“

So tut es auch der kleine Jan. Wiewohl der acht Monate alte Bub von Anfang an kaum Berührungsängste zeigt. Seine großen braunen Augen strahlen gleich, als die beiden Clowns Harald und Liesl-Ribisl langsam bei der Tür hereinmarschieren. „Langsam“, sagt Clown Harald, „denn Hereinplatzen würde vielen Babys und Kleinkindern Angst machen.“ Bei der 14 Monate alten Isabell etwa gehen die beiden gar nicht ins Krankenzimmer, sondern machen ihre Scherze vor der offenen Tür: singen, spielen, blasen Seifenblasen in die Luft. Isabell klammert sich noch fester an ihre Mutter, dreht sich anfangs verschüchtert von den Clowns weg. Doch schon bald siegt die Neugierde, und sie beobachtet das Spiel der beiden mit großen, weit aufgerissenen Augen. Als die Clowns dann gehen, weint das Mädchen. „Das kommt immer wieder vor, dass die Kinder weinen, wenn wir weg sind“, erzählt Clown Harald.

Auch Säuglinge profitieren

Neueste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Babys schon ab drei Monaten Humor in Interaktion mit den Eltern erfahren und dass Humor bei Kindern im Krankenhaus positive Auswirkungen hat und Ängste lindert. „Wir nehmen an, dass Humor sogar im Säuglingsalter den Stress, den eine Hospitalisierung nach sich zieht, mindern könnte“, so Psychologin Markova.

„Die meisten Kinder mögen die Clowns, als Bedrohung hat sie noch kein einziger der kleinen Patienten empfunden, uns Ärzte eher schon“, meint Thomas Frischer, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Wilhelminenspital. „Die Clowns bringen die Kinder aus einer verzweifelten Situation heraus. Denn die Kleinen verstehen ja nicht, warum sie da sein müssen.“ Man setze die Clowns bei etwas größeren Kindern auch sehr gern bei angstbesetzten Therapien und Untersuchungen ein. „Wichtig ist dabei, dass die Clowns einbezogen werden, bevor es etwa zum Drama Spritze kommt. Die Kinder sind dann viel gelassener, haben weit weniger Angst, lassen sich die Spritze oft anstandslos geben.“ Andernfalls passiere es häufig, dass Kinder einfach davonlaufen.

Der einjährige Arthur kam nach einem Sturz mit einer klaffenden Wunde auf der Stirn ins Spital. Bald ist ihm fad. „Arthur braucht viel Action“, sagt die Mutter. Die Clowns sind eine willkommene Abwechslung. Nach kürzester Zeit der Anbahnung spielt der aufgeweckte Bub mit den beiden und quietscht zeitweise vor Vergnügen. Auch Harald und Liesl-Ribisl macht es sichtlich Spaß. „Es ist einfach ein schöner, erfüllender Job.“

Clowns bringen aber nicht nur zum Lachen und machen fröhlich, sie vermitteln auch ein Gefühl der Verbundenheit. Das ergab eine aktuelle Studie der Universität Zürich und der Rote Nasen Clowndoctors im AUVA-Rehabilitationszentrum Bad Häring (Tirol), die sich erstmals mit der Frage beschäftigte: Welche Emotionen genau lösen Clowns bei erwachsenen Krankenhauspatienten aus, welche Gefühle werden von Patienten erlebt und beschrieben. Wenig überraschend war, dass der Großteil der Befragten Erheiterung empfand. „Beschrieben wurde das mit Lachen, Belustigtsein, Frechsein, Flirten mit Leuten“, erklärt Studienleiterin Sarah Auerbach.

Mit einem speziellen System (facial action coding system) wurde ermittelt, ob es sich bei dem Lächeln der Patienten um ein echtes oder höflichkeitshalber aufgesetztes handelte. In den allermeisten Fällen war das Lächeln echt. Ein Vergleich Clowns zu Krankenschwestern brachte an den Tag: Auch wenn die Krankenschwester die gleichen Sympathiewerte hat, beim Clown lächeln die meisten Menschen öfter.

Der Clown gewinnt auch bei Weitem, wenn es um die Transzendenz geht, womit ein Gefühl der Verbundenheit gemeint ist. Die meisten Patienten fühlen sich mit den Spaßmachern verbunden, Worte wie „wertgeschätzt fühlen“, „privilegiert fühlen“, „sich stark beschenkt fühlen“ fielen. „Die Kombination von Erheiterung und Verbundenheit erzeugt am besten positive Gefühle“, weiß Auerbach. Im Zirkus beispielsweise seien Besucher bei Clownauftritten „nur“ erheitert, das Gefühl der Verbundenheit fehle gänzlich. Doch diese kurze Beziehung, die Patient und Clown aufbauen, sei wissenschaftlich hoch interessant. Schon Patch Adams sprach von der Kombination von „Humor und Liebe“. Ob das auch den Heilungsprozess beschleunigt, wurde noch nicht genug wissenschaftlich untersucht. „Anzunehmen ist es aber auf alle Fälle“, sind sich die meisten Forscher einig.

KINDERKUNST

Clowns bringen Fröhlichkeit in die Spitäler und lindern auch bei den kleinsten Patienten Ängste und den Stress, den eine Hospitalisierung mit sich bringt.

Nähere Informationen: www.rotenasen.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2016)

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