Prävention statt Präparaten: Lifestyle-Tabletten als Mythos

Sport- und Arbeitsmediziner Piero Lercher in seiner Ordination in Wien.
Sport- und Arbeitsmediziner Piero Lercher in seiner Ordination in Wien.(c) Stanislav Jenis
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Ob gegen Doppelkinn, Jetlag oder Haarausfall: Es gibt kaum einen Makel oder Mangel ohne das entsprechende Medikament dagegen. Seit Kurzem wird sogar mit einer Pille gegen Liebeskummer geworben. Was Nahrungsergänzungsmittel versprechen – und was sie halten.

Wer dazu neigt, bei Liebeskummer aus dem Fenster zu springen, sollte sich eine Wohnung im Parterre suchen“, schrieb einst der italienische Regisseur und Autor Alberto Sordi im Hinblick auf die unsäglichen Qualen von Herzschmerz. Das ist aber offenbar gar nicht nötig. Denn Liebeskummer lohnt sich nicht – das sang nicht nur die schwedische Schlagersängerin Siw Malmkvist; dieser Meinung ist auch der Hersteller einer Tablette, die seit einiger Zeit in ganz Wien beworben wird und die, wie es auf der Website heißt, „mit natürlichen Substanzen dazu beiträgt, die durch Liebe und Bindung veränderten Botenstoff-Niveaus zu regulieren“.

Man gewinne wieder „Abstand“ und bekomme „innere Balance“ sowie „psychologische Entspannung und Kraft“. Die physiologische Wirkung bestehe in der Regulierung der „Liebes- und Bindungsbotenstoffe“. Als „unbewiesene Heilsversprechung“ wird das in den Medien als „Pille gegen Liebeskummer“ bekannt gewordene Medikament seither kritisiert und teilweise auch lächerlich gemacht. Nun wird die Frage, ob und wie genau dieses Mittel wirkt, schwer zu beantworten sein, da Begriffe wie „Entspannung“, „Balance“ und „Abstand“ viel Interpretationsspielraum zulassen und kaum zu beweisen oder zu widerlegen sind. Bemerkenswert ist aber so oder so der Umstand, dass mit einem solchen Lifestyle-Präparat offensichtlich Geld verdient werden kann. Der Markt für diese Medikamente ist jedenfalls gigantisch – und bietet von Stimmungsaufhellern über Mittel gegen Erektionsstörungen, Jetlag, Übergewicht, Gesichtsfalten und Haarausfall eine breite Palette an Tabletten an. Es gibt sogar Präparate zur Förderung von kognitiven Fähigkeiten und zur Behandlung eines Doppelkinns.

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