Designstädte rasten nicht

Designstaedte rasten nicht
Designstaedte rasten nicht(c) APA
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Der Grazer Designmonat ist angelaufen: Bis 4. Juni machen Ausstellungen und Events in der ganzen Stadt kaum Pausen. Zu Gast sind diesmal Nagoya, Polen und auch Rumänien.

Ich werde tatsächlich während der nächsten Monate einer der rastlosesten Menschen sein“, sagt Eberhard Schrempf. 30 Tage, 50 Programmpunkte – letzten Freitag wurde in Graz der Designmonat eröffnet. Für Schrempf als Geschäftsführer der Creative Industries Styria (CIS) und Veranstalter die intensivsten Wochen im Jahr. Ganz so, als hätte ihm der Designmonat sein diesjähriges Motto aufoktroyiert: „Grenzenlos, rastlos, facettenreich.“

Der Designmonat verstehe sich bewusst nicht als Festival, sondern als Zeitraum, so Schrempf: „Der Designmonat ist eine Bündelung im Sinn einer Leistungsschau von Design, wobei der Austausch und die Vernetzung der Kreativwirtschaft im Vordergrund stehen.“ Stetig und konsequent soll die Veranstaltung den Blick auf Design und das, was es kann, verändern. „Hierzulande orientiert sich das Designverständnis zumeist oberflächlich an Styling. Durch den Designmonat soll dieser Designbegriff eine Repositionierung erfahren und als Prozess verstanden werden“, erzählt Schrempf.
Besuch aus Japan. In dieser Hinsicht hat Nagoya Graz schon einiges voraus. Ebenfalls Teil des Netzwerkes der Unesco Cities of Design ist die japanische Stadt in diesem Jahr Kooperationspartner und in diesen Tagen vielerorts präsent in der steirischen Landeshauptstadt. „Wir produzieren, um das tägliche Leben komfortabler zu machen und nicht, um Designikonen auf den Markt zu werfen“, sagt Eriko Esaka vom International Design Center Nagoya, einer Institution, die mit der Creative Industries Styria vergleichbar ist. „Auch wir arbeiten mit Abteilungen der öffentlichen Hand und Universitäten zusammen“, erklärt Esaka im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“.

Der Unterschied zu Graz ist, dass die Kreativwirtschaft seit langer Zeit in Nagoya fest verankert ist. „Der Nutzen von Design wurde früh erkannt, das Designcenter schon vor 20 Jahren eröffnet“, so Schrempf, „und finanziert wird es zu 80 Prozent von der Wirtschaft und nur zu geringem Teil aus Mitteln der öffentlichen Hand, bei uns ist das noch genau umgekehrt.“

Die Verankerung von Design in der Gesellschaft wird vor allem an einem Faktum deutlich: In Nagoya werden an mehr als 50 öffentlichen und privaten Universitäten sowie anderen Bildungseinrichtungen Designlehrgänge angeboten. Für den Designmonat haben 30 japanische und österreichische Studenten (von der FH Joanneum) die unterschiedlichen Ausbildungsschritte und Berufsmöglichkeiten für junge Designer untersucht und daraus eine Ausstellung konzipiert: „Nagoya Design meets Graz“ will tiefer blicken, als das eine reine Stadtpräsentation tun kann.

„Wenn ich in Nagoya Design studiere, was mache ich dann? Das war die zentrale Frage“, erklärt Schrempf. Aufgrund von Global Playern wie etwa Toyota ist Design in Nagoya nicht ohne Industrie und Hightech zu denken: „Der Großteil der Designer arbeitet fix angestellt in großen Unternehmen“, sagt Esaka. Auf der anderen Seite entwickelte sich in den letzten Jahren ein neues Designverständnis, eine Independent-Schiene vieler kleiner Labels, die zwar das gesamte Spektrum, da man unter Design versteht, abdecken, zeitgemäße Produkte herstellen, aber den Blick auf die Tradition und Nachhaltigkeit von Rohstoffen und Materialien nicht vergessen. „Speziell für die Ausstellung in Graz haben wir viele traditionelle Materialien wie Holz oder Papier verwendet“, so Esaka.


Fix verortet. Nagoya hat mit seinem Designcenter eine fixe Homebase, Graz hingegen muss sich alljährlich Orte „aneignen“, wie es Schrempf nennt, um sie während des Designmonats zu bespielen: „Darunter leiden wir schon.“ Temporäres Zentrum des Designs ist vom 3. Mai bis 4. Juni wie im Vorjahr die Designhalle im Grazer Südwesten etwas außerhalb der Innenstadt. Neben dem Nagoya-Schwerpunkt findet hier mit „Selected: It's just Design“ ein weiterer Höhepunkt seinen Raum: Insgesamt 26 Designlabels aus ganz Europa verschmelzen zu einer Leistungsschau in Sachen zeitgenössischen Interiordesigns. „Selected bildet die immer stärkere Internationalisierung des Designmonats gut ab“, so Schrempf. Länder, internationale Institutionen und Labels würden auf die CIS mit dem Wunsch zukommen, in Graz präsent zu sein. So stellt sich diesmal die rumänische Designszene mit der Ausstellung „Länderbrücke – Designbrücke“ dem Publikum vor und „UNpolished“ zeigt Arbeiten junger polnischer Designer.

Mit dem Blick auf die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen für die heimischen Kreativwirtschaftler wird alljährlich das Programm zusammengestellt. „Unsere Aufgabe ist es, einen Vermarktungsschirm aufzuspannen, unter den wir verschiedene Partner aus den unterschiedlichen Designdisziplinen einladen“, so Schrempf. Wie Design den Markt beeinflussen kann wird anhand von „Redesign the market“ gezeigt.

Der größte Grazer Bauernmarkt auf dem Kaiser-Josef-Platz wird für zehn Tage Designlabor: Zehn Designer gestalten von den Preistafeln bis zu den Verkaufsflächen alles neu. „Werkzeuge für die Designrevolution“ gibt die gleichnamige Ausstellung des Institute of Design Research Vienna den Besuchern in die Hand: „Das ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt“, so Schrempf. „Wie gestalten wir unsere Produktwelten ressourcenschonend und nachhaltig?“

Design- Monat

Vom 3. Mais bis 4. Juni überziehen Veranstaltungen, Ausstellungen und Lectures die Stadt. Auch Teil des Programms sind das Designfestival Assembly sowie das Festival für elektronische Musik, das Springfestival.

Das vollständige Programm findet sich unter www.designmonat.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2013)

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