Unit F: Wohin der Moderubel rollt

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Geld für Modeförderung ist da, doch wer vergibt wie viel, wie viel bekommen die Designer selbst und welche Rolle spielt die seit zehn Jahren bestehende Förderstelle Unit F?

Modemetropole Wien? Ob realistische Einschätzung oder Wishful Thinking, in der Tat gibt es hier mehr Labels mit internationaler Ausrichtung als in anderen Städten. Ein möglicher Grund ist das vor zehn Jahren abgelegte Bekenntnis zur Notwendigkeit einer systematischen Modeförderung. Damals beschlossen die Kunstsektion des Bundeskanzleramts (heute BMUKK) und das Kulturamt der Stadt Wien eine Stelle einzurichten, die für sie Fördergelder verteilen und Strukturarbeit leisten sollte. Aus einem Wettbewerb ging das Konzept „Unit F büro für mode“ von Andreas Bergbaur, Andreas Oberkanins und Ulrike Tschabitzer hervor. Seitdem sucht Unit F selbst regelmäßig um Förderung eines Jahresprogrammes an, von dem ein mit den Geldgebern akkordierter Fixbetrag, der seit zehn Jahren fast unverändert geblieben ist, an von einer nationalen Jury ausgewählte Designer verteilt wird.

„Selbstverständlich hat man Jahr für Jahr nachzuschauen, ob Instrumente der Fördervergabe ihren Zweck erfüllen“, sagt Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny auf die Frage, ob stets ein aktualisiertes Arbeitsprogramm verlangt werde: „Ich habe aber nicht den Eindruck, dass die Arbeit von Unit F obsolet geworden wäre.“ Wohl kaum, schließlich wächst die Anzahl der zu fördernden Labels. Dennoch stellt sich die Frage: Wie viel ist übrig von der Vision? „Ein durchdachtes Konzept mit einem konkreten Ziel, was womit für Österreichs Designer erreicht werden soll, ist nicht mehr zu erkennen“, schreibt die angesehene Modeexpertin Brigitte Winkler, einst Mitglied jener Jury, die Unit F Leben einhauchte, in der aktuellen Ausgabe des Magazins „flair“.

Uni und Unit. Eine Zäsur erfolgte 2005: Damals wurde Bergbaur von Raf Simons nach Mailand geholt. Bis dahin hatte er parallel als Assistent an der Universität für angewandte Kunst gewirkt – Grund für eine enge Bindung an die Uni-Modeklasse im Rahmen der Unit-F-„Exzellenzförderung“. „Dass es Fördermöglichkeiten gibt, ist wichtig, besonders im kleinen österreichischen Markt, wo kostenintensive Internationalisierung notwendig ist“, meint Modeklassen-Abgänger Peter Holzinger, 2010 mit „superated“ für einen der Austrian Fashion Awards nominiert. „Ich fände es wichtig, dass der Gesamtheit von Designern der Rücken gestärkt würde, unabhängig von Geschmacksfragen oder Vorlieben.“ Ob das „büro für mode“ die Mittlerrolle in einer zerklüfteten Szene einnehmen kann, bleibt offen.

Ein Ruf nach Unterstützung für den Aufbau alternativer Strukturen wird indes anderswo laut. Unit F habe es verabsäumt, auf konkrete Bedürfnisse der Kreativen zu reagieren, so Florian Ladstätter, Mitinitiator eines Designernetzwerks, das in Eigenregie Projekte wie die Kooperationsbörse und den Austrian Fashion Guide realisierte. „Nach drei Jahren, in denen wir viel Energie investiert haben, hat sich herausgestellt, dass die Geldgeber uns nicht ausreichend ernst nehmen, um den Aufbau einer eigenen Struktur zu unterstützen“, resümiert er. „Stattdessen gibt es permanent Druck, uns in Unit-F-Projekte einzufügen, die aber leider nicht auf unsere Bedürfnisse ausgerichtet sind.“

Heute ist Unit F nicht mehr der einzige Kanal, durch den Stadt und Bund Gelder an die österreichische Modewelt verteilen. Das BMUKK vergibt Direktförderungen (2008 waren es 127.700 Euro), und die Stadt Wien führt durch die Kreativwirtschafts-Förderagentur „departure“ weitere Gelder zu (503.101 Euro im Jahr 2008). „Die Mode ist facettenreich, und ich glaube, dass daher auch die Unterstützungs- und Kooperationsmöglichkeiten facettenreich sein müssen“, erklärt Mailath-Pokorny.

Eine weitere Anlaufstelle für Modeschaffende ist „austria wirtschaftsservice“ im Rahmen der „evolve“-Initiative des Wirtschaftsministeriums. Mit „impulse XS“, „XL“ und „Lead“ wird ein auf verschiedene Bedürfnisse ausgerichtetes Programm ausgeschrieben: So erhielten 2009 die Labels Claudia Brandmair und Petar Petrov „XL“, das eine Maximalfördersumme von 200.000 Euro oder 50 Prozent der Einreichsumme über drei Jahre vorsieht. Ein anderer Fördergeber ist die Außenwirtschaft Österreich (AWO) der Wirtschaftskammer, die Labels mit Zuschüssen für Präsentationen im Ausland unterstützt.

Von 34,5 auf 26,9 Prozent. Ein paar konkrete Zahlen zur Förderung durch Unit F: 2001, als die Stelle erstmals ganzjährig operativ war, erhielt sie 232.000 Euro (je 116.000 von Bund und Stadt, exklusive getrennt abgerechneter Modepreise beider Stellen) von der öffentlichen Hand. Davon wurden 80.046 Euro an Designer verteilt (Projektförderungen und der mit 15.000 Euro dotierte „Unit F Preis für internationale PR“). 2008 (für 2009 gibt es noch nicht alle Zahlen) ergingen 322.000 Euro (136.000 von der Stadt, 186.000 vom Bund) an Unit F, 70.000 Euro davon erhielten Designer (für den PR-Preis kam damals im Rahmen einer Kooperation „Die Presse“ auf).

Dazu das Unit-F-Chefduo Oberkanins/Tschabitzer: „Im Jahr 2008 war ein Betrag von 6000 Euro, der durch das BMUKK vergeben wurde, zweckgewidmet für ein Publikationsprojekt vorgesehen und ist insofern nicht der Jahressubvention zuzurechnen. Ebenso wurden 2008 15.000 Euro der BMUKK-Förderung für das festival for fashion & photography zweckgewidmet.“

Weil das naturgemäß für die Ausrichtung eines Modefestivals nicht ausreicht, müsse man sich außerdem um Sponsoren bemühen. Die Sponsorenakquise erfolge in Abstimmung mit den Geldgebern. Dennoch: Selbst nach Abzug des geförderten Publikationsprojekts (offenbar nicht Teil der Unit-F-Strukturarbeit) und auch wenn der PR-Preis 2008 von Unit F finanziert worden wäre – die Ratio von verteilten Geldmitteln und Jahresbudget ging von 2001 auf 2008 zurück, von 34,50 auf 26,89 Prozent. Wie das? „Der Rest der Gesamtfördersumme wird sowohl als Basisfinanzierung für Infrastruktur als auch für das Jahresprogramm vergeben, das Unit F jährlich, wie vertraglich vorgesehen, mit den Fördergebern abrechnet und mittels eines Tätigkeitsberichts dokumentiert“, erklärt die Unit-F-Spitze. Durch ein „stetig wachsendes Jahresprogramm“ ist es hier offenbar zu einem kostenintensiven Mehraufwand gekommen. Der erwähnte Tätigkeitsbericht dürfte Aufschluss über die genaue Natur der gesteigerten Anstrengungen geben.

Es geht auch ohne. Was besagte Strukturarbeit betrifft, so sitzt Unit F als quasi offizielle Stelle an einer einflussreichen Position. „Unit F ist für so etwas wie Grundlagenforschung im Designbereich zuständig und hat eine eigene Identität entwickelt“, resümiert Mailath-Pokorny. „Darum sind wir an einem Punkt angelangt, an dem man höchstens sagen kann: man macht so nicht weiter oder man lässt das einmal andere machen. Ich sehe aber keine Notwendigkeit, hier für Veränderung zu sorgen – weil Unit F gute Arbeit geleistet hat und weiterhin leistet.“ Die aktuelle Konstellation dürfte der Szene somit bis auf Weiteres erhalten bleiben.

Am Ende etwas Trost für alle, an denen der Moderubel vorbeirollt: Man kommt auch ohne Subventionen durch. Lena Hoschek, die letzthin auf der Berliner Modewoche Erfolge feierte, sucht man vergebens in Förderverzeichnissen. Sie schlage sich allein durch – auch ohne Investor, sagt sie. Der viele Papierkram habe sie stets abgeschreckt: „Da habe ich mir gedacht, dass es ja auch ohne Förderung gehen muss. Und habe meine Energie lieber in mein eigenes Label gesteckt.“ Auch ein Weg, wenn alle Förderstricke reißen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2010)

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