Role Models für die Gründerzeit

Role Models fuer Gruenderzeit
Role Models fuer Gruenderzeit(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Gründer der Internetplattform Tupalo, Clemens Beer, lernte als Start-up-Gründer, stur zu bleiben, auf den Bauch zu hören und zu kalkulieren. Diesmal lernten zukünftige Entrepreneure von ihm.

Moderator Hannes gibt die Richtung des Seminars vor: „Eigentlich wollen hier alle so sein wie die Firma Instagram. Kurze Firmenlaufzeit und dann um einen Milliarde Euro verkaufen.“ Die anderen sechs Leute im Raum nicken anerkennend, aber Clemens Beer, pinkfarbenes T-Shirt, schwarze Hornbrille, winkt gleich ab: „So etwas passiert selten. Auch wir mussten ziemlich viel Lehrgeld bezahlen.“

Clemens Beer ist Geschäftsführer der Onlineplattform Tupalo. Vor fast sechs Jahren hat er gemeinsam mit einem Freund das kleine Start-up gegründet und damit eine ziemlich erfolgreiche Unternehmensgeschichte hingelegt: Innerhalb von drei Jahren hat es die Plattform, bei der die Benutzer jegliche Orte wie Restaurants, Ärzte, Banken suchen und bewerten können, zu einer der erfolgreichsten Websites des Landes gebracht. Vier Millionen User greifen in einem Monat auf Tupalo zu – und das in verschiedensten Ländern wie Polen, Dänemark, Frankreich oder den USA.

Der Weg dorthin war trotzdem steinig, und Clemens Beer und sein Mitgründer Mike Borras mussten einige Rückschläge einstecken. Das erzählt er auch den jungen Unternehmensgründern im Raum, die ihn erwartungsvoll anstarren. Beers Vortrag ist nämlich Teil der „We-Workshops for Entrepreneurs“, die vom Austria Wirtschaftsservice (AWS) und der Kreativagentur Departure jedes Jahr angeboten werden. An zwei Wochenenden werden junge Menschen darin auf ihr Unternehmertum vorbereitet. Denn der Weg zur eigenen Firma ist meist mit vielen Problemen verbunden: Geldsorgen, Rechtsunsicherheiten und falsche Erwartungen. „Man zweifelt eigentlich immer“, sagt Beer dann auch prompt im Laufe seines Vortrags – und nimmt damit gleich die Illusion, dass junge Unternehmer irgendwann zum Punkt gelangen könnten, an dem alles glatt laufe. „Richtig perfekt ist es nie“, sagt Beer.

Wie angelt man sich einen Investor?Dabei ist Tupalo eines der wenigen Start-ups, dem von Beginn an große Erfolgschancen nachgesagt wurde. Sehr früh ergatterten Beer und sein Kollege eine Departure-Förderung, von der sie fast zwei Jahre lang leben konnten. Doch die Suche nach Investoren gestaltete sich schwierig. Als dann der Deal mit einem potenziellen Investor platzte, stand das damalige Zwei-Mann-Unternehmen kurz vor dem Ende. „Dass wir damals nicht aufgehört haben, hat wohl damit zu tun, dass Mike und ich ziemlich sture Hunde sind“, sagt Beer. Heute sieht er die damalige Krise auch nicht mehr so schlimm: „Bei Start-ups ist es sowieso immer ein ständiges Auf und Ab.“

Dass die Geschichte dann doch glimpflich ausgegangen ist, verdanken Beer und Borras übrigens den belgischen Gelben Seiten. Diese zeigten auf einmal Interesse an dem Projekt. Daraufhin haben die beiden von sich aus auch das österreichische Pendant dazu, die Firma Herold, angesprochen. „Wir dachten, wenn es die Belgier interessiert, dann die Österreicher auch“, erzählt Beer. Sie sollten recht behalten. Die Belgier sprangen ab, Herold nicht – seither gehören der Firma mehr als 50Prozent von Tupalo.

„Ist es nicht besser, so wenig Anteile wie möglich zu verkaufen?“, fragt eine junge Frau mit Sommersprossen, die „außer Start-up nur Start-up machen will“, prompt. Beer verneint. „Jetzt sind meine zehn Prozent mehr wert als damals meine 50“, sagt der 40-Jährige, der damit auch betonen will, dass ein Investor nicht immer nur Geld, sondern auch sein Netzwerk mit in die Firma bringt. „Ohne die Kontakte von Herold hätte wir es nicht geschafft, im Ausland so erfolgreich zu sein.“ Trotzdem gesteht er sich im Nachhinein eine gehörige Portion Naivität ein: „Wir haben oft nicht gewusst, wie wir mit dem Ding Geld verdienen können.“

Doch das war gestern. Mittlerweile beschäftigt Beers Firma 15 Freelancer. Den Erfolg erklärt er sich auch damit, dass er sich immer sehr viel Rückmeldung von den Kunden geholt hätte. „Je früher ihr mit dem Feedback anfangt, desto besser.“ Ja aber, sagt ein junger Mann (seine Online-Agentur im Ausland ist kurz vor dem Start) was ist, wenn jemand dann meine Idee klaut? Beer findet die Angst unbegründet. „Ich denke, im Topf ist genug für alle.“ Trotzdem rät er, nicht allzu lange mit der Umsetzung einer Idee zu warten. „Eines ist klar: Die guten Ideen hat man nie für sich allein.“

Der Bauch weiß bestens Bescheid. Viel schwieriger fand Beer hingegen, die richtigen Mitarbeiter zu finden. Zwei Mal hätten er und sein Kollege sich schon von Mitarbeitern trennen müssen, weil die Zusammenarbeit nicht funktionierte. „Ich habe früher viel zu viel auf das Skill Set geschaut“, sagt Beer. Viel wichtiger als die technischen Qualifikationen, das wisse er jetzt, sei es aber, dass der neue Mitarbeiter ins Team passe. „Das Bauchgefühl ist da immer ein sehr guter Indikator.“ So, wie es überhaupt ratsam sei, sich seine eigene Gesundheit nicht für das Geschäft zu ruinieren. Wie er einen Ausgleich finde, will noch jemand wissen. Beer empfiehlt Sport: „Der hilft in jeder Lebenslage.“ Die Teilnehmer nicken zufrieden. Bleibt nur zu hoffen, dass die Gründer von Instragram ähnliche Ratschläge gegeben hätten.

Gute Gründer

Einmal im Jahr organisieren das Austria Wirtschaftsservice (AWS) und die Kreativagentur Departure die „We-Workshops for Entrepreneurs“ in Wien, in denen junge Menschen auf ihr Unternehmertum vorbereitet werden.

Am ersten Wochenende lernen die Teilnehmer rechtliches und wirtschaftliches Know-how für ihre Geschäftsidee.

Am zweite Wochenende erzählen bereits erfolgreiche Unternehmer von ihrem Weg nach oben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2012)

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