Life Ball 2011: Engel, Insekten und schräge Vögel

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Der Himmel blieb gnädig, das Thema Luft inspirierte aber. Der 19. Life Ball bot kleine Pannen, große Momente und, wie immer, viel zu sehen.

Es blieb bei zwei Tornados – in Form verkleideter Gäste – und den künstlichen Wolken über der Bühne. Bei so viel Glück mit dem Wetter (das angekündigte Unwetter war am Wiener Rathaus vorbei gezogen) musste ja irgendjemand auch ein bisschen Pech haben. Es traf Francesca Habsburg. In einem voluminösen schwarzen Kleid war sie bei der Modenschau auf den Laufsteg gekommen. Vorne machte sie kehrt, stolperte – und landete mit einem „Bauchfleck“. Die Kunstmäzenin trug es mit Fassung, wandte sich tapfer nochmals dem Publikum zu. Und unterhielt sich ansonsten bestens mit Regisseur Peter Sellars.

Nightlife-Ikone Susanne Bartsch, die 1989 den ersten „Love Ball“ ins Leben gerufen hatte, geriet dafür mit ihrem Text ins Strudeln, konnte sich aber dank ihres hinter schwarzen Federn versteckten Spickzettels retten. Selbst Schauspielerin Brooke Shields schien ein wenig nervös, als sie den „Crystal of Hope“ an die heurige Preisträgerin überreichte: Anya Sarang, die sich in Russland für Drogenkranke und damit die „am meisten verachtete Gruppe der Gesellschaft“ einsetzt.

Die Gäste des 19.Life Balls Samstagnacht hatten es heuer vergleichsweise leicht gehabt: „Luft“ lässt sich leichter umsetzen als etwa die Erde. Flügel dürften in der ganzen Stadt ausverkauft gewesen sein, auf dem offiziell magentafarbenen Teppich vor dem Rathaus tummelten sich viele weiße und ein paar schwarze Engel, antike Himmelsgötter, Zentauren und geflügelte Pferde, Schmetterlinge, Marienkäfer, Paradiesvögel, Schäfchenwolken und wandelnde Luftballons, aber auch Piloten und anderes Flugzeugpersonal. Und natürlich Flamingos: Ein Mobilfunkanbieter hatte die Polonaise erfolgreich in eine Marketingaktion verwandelt.

Selbst Teresa und Margherita Missoni aus der gleichnamigen Designerfamilie, die ihre Mutter Angela begleiteten, kamen in selbst entworfenen Kleidern mit Schmetterlingsflügeln. Auf ihren Auftritt wartete Margherita entspannt: Sie stand am rosa Teppich barfuß hinter ihren Highheels. Um bei den Modeschöpfern zu bleiben: Auch Vivienne Westwood wirkte beim Rückblick auf 30Jahre HIV mit und nutzte die Gelegenheit für einen flammenden Appell ans Publikum, der weit über die Aids-Problematik hinausging. Denkt nach, lest Bücher und verwendet euer Hirn, so ihr Tenor.


Eine Stunde vor der Eröffnung gab es eine Überraschung, als amfAR-Repräsentantin Janet Jackson spontan ihre „No Interviews!“-Regel aufhob und infolge wie am Fließband 30TV-Statements abgab. Offenbar erschöpft verließ sie den Ball bald nach der Eröffnung, ebenso wie Bill Clinton, der noch in der Nacht weiterreiste und gestern Montenegro seinen ersten Besuch abstattete. Vor dem Ball war der Ex-US-Präsident Gast der Fundraising-Gala in der Hofburg gewesen, die Show verfolgte er von einer der Tribünen aus. Was immerhin sein Gutes hatte, konnte so das von Gery Keszler gestaltete Red-Ribbon-Collier von Kornmesser, das bei der Gala um 240.000Euro an einen ausländischen Telefonbieter gegangen war, gleich mitbewacht werden: Die Dame an Clintons Seite, das Model Carmen Kass, hatte das Collier kurzerhand noch anbehalten. Die kleinere Anstecknadel ersteigerte übrigens MTV-Gründer Bill Roedy für seine Frau.

Abweichungen vom Plan gab es auch sonst noch ein paar: Zur Award-Verleihung sang nicht, wie angedacht, Natasha Bedingfield (die freilich auftrat), sondern Nadine Beiler; statt Nigel Kennedy geigte Kollege Julian Rachlin. Anklang fand der Ball bei den Fernsehzusehern (mit 454.000Zuschauern und einem Marktanteil von 26Prozent war es für den ORF die erfolgreichste Ausgabe seit 1999) wie auch bei den Mitwirkenden selbst: Dean und Dan Caten von Dsquared, die Designer der Modenschau, hatten die Organisatoren mit eigens entworfenen Life-Ball-Sneakers überrascht (die online erhältlich sein werden), und gestern um halb zwei Uhr nachmittags feierten die beiden Kanadier immer noch bei der Afterparty im Volksgarten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2011)

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