Cecily Cortis WG mit Obdachlosen

Obdachlosen Cecily Cortis Haus
Obdachlosen Cecily Cortis Haus(c) APA
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Cecily Corti bringt Obdachlose und Studenten zusammen - und öffnet das Haus mitten im Neunten als Lokal für Gäste. Ein erstes Resümee.

Betritt man das Haus in der Währinger Straße, geht durch das junge Lokal, den freundlichen Hof, den offenen Stiegenaufgang bis zur großzügigen Dachterrasse mit üppigen Gemüsebeeten bis in die Gemeinschaftsräume unter dem Dach mit Heiligenbild an der Wand, denkt man eher nicht an Sozialwohnungen für Menschen, die zuletzt obdachlos waren. Auch das Assoziieren mit einer Studenten-WG stellt sich nicht ein.

Und doch, das Haus hat beides. 27Menschen leben hier, etwa die Hälfte Studenten, die Hälfte zuvor Obdachlose. Und sie leben gemeinsam, in mehreren Dreier-WGs. Dazu betreibt die Vinzenzgemeinschaft St.Stephan das Lokal Mittendrin im Erdgeschoß. Die Veranstaltungsräume, die bald für Feste, Vorträge oder Seminare zu buchen sein sollen, sind noch nicht ganz fertig. Seit Mai wird hier das unkonventionelle Zusammenleben geprobt – und das erste Resümee von Cecily Corti, der Obfrau des Vereins, fällt positiv aus. Sie sieht das Haus weniger als Sozialunterkunft denn als Ort gleichberechtigten Zusammenlebens der sorgfältig ausgewählten Studenten und der Ex-Obdachlosen, die alle dieselbe Miete (etwa 300 Euro im Monat) zahlen, um keine Trennung zu schaffen.

Schließlich war unkonventionelles Zusammenleben auch der Grundstein für die Idee: als sich Obdachlose zu den Studenten der „Uni brennt“-Bewegung gesellten, die 2009 das Audimax besetzt hatten. Nach den Protesten wollten die Studenten eine dauerhafte Einrichtung oder ein Tageszentrum schaffen und wandten sich an Hans Peter Haselsteiner. Der wieder fragte Cecily Corti, was sie davon halten würde. Schließlich hatte der Bauindustrielle Cortis Verein schon zuvor unterstützt.

„Gemeinsam haben wir über Monate das Projekt ,Vinzi-Rast mittendrin‘ entwickelt. Gemeinsam wohnen, leben, lernen, das birgt viele Möglichkeiten. Und entspricht unserer ursprünglichen Idee, Menschen vom Rand der Gesellschaft in die Mitte zu holen und die Qualität der Beziehung ins Zentrum zu rücken“, sagt Corti.

Das Engagement der heute 73-jährigen Witwe des Regisseurs Axel Corti für Obdachlose begann 2002, als sie den Grazer Armenpfarrer Wolfgang Pucher traf. 2003 wurde in Wien die Vinzenzgemeinschaft St.Stephan gegründet, 2004 entstand in der Meidlinger Wilhelmstraße eine Notschlafstelle, mittlerweile wurde diese zum Vinzi-Rast-Corti-Haus erweitert. „Ich suche immer die Herausforderung. Und, es geht um bedingungslose Akzeptanz. Obdachlose scheinen mir näher an der Wirklichkeit des Lebens, an den Grundbedingungen des Lebens“, so erklärt Corti ihr Engagement für Obdachlose, nachdem sie zuvor als Therapeutin und einige Monate für ein Sozialprojekt in Paris mit Frauen gearbeitet hat. Die Nähe zu Menschen, die bei vielen Berührungsängste auslösen, ist für sie eine „große Bereicherung“ – und die will sie nicht nur Studenten ermöglichen: Das Haus, das Lokal, der Hof, die Veranstaltungsräume stehen allen Gästen offen.

Zur Person

Seit Cecily Corti 2002 Armenpfarrer Wolfgang Pucher kennengelernt hat, setzt sie sich für Obdachlose ein. 2003 gründet sie die Vinzenzgemeinschaft St.Stephan. 2004 eröffnet sie die Notschlafstelle Vinzi-Rast in Meidling, 2008 wird diese zum Vinzi-Rast-Corti-Haus ausgebaut. „Vinzi-Rast mittendrin“ ist ein Projekt am Alsergrund, das mit Studenten der „Uni brennt“-Bewegung entstand. Studenten und frühere Obdachlose leben dort zusammen.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.vinzirast.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2013)

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