Michael Fassbender: "Irgendwann sterben wir alle"

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Der deutsch-irische Schauspieler Michael Fassbender, dessen neuer Film, »The Counselor«, seit Freitag im Kino läuft, spricht über die Verführungen des Erfolgs. Außerdem verrät er, wie weit er für eine Rolle, die er unbedingt haben will, gehen würde.

Er ist der Mann der Stunde in Hollywood. In den letzten beiden Jahren hat Michael Fassbender nicht weniger als sieben Filme gedreht. Sein neuester, „The Counselor“ unter der Regie von Altmeister Ridley Scott, läuft seit Freitag im Kino. Der 36-Jährige im Interview.

Haben Sie sich daran gewöhnt, nicht mehr der erfolglose Schauspieler zu sein, der mit kaputten Fensterscheiben leben muss, sondern ein Star, um den sich die einflussreichen Filmproduzenten reißen?

Michael Fassbender: Ich denke immer daran, was Marlon Brando einmal gesagt hat: Mit dem Ruhm ist es wie mit einem Hula-Hoop-Reifen – solange er oben ist, hat man Spaß, aber es kann schnell damit vorbei sein. Dann ist jemand anderer dran. Ich habe aber immer davon geträumt, in der Situation zu sein, in der ich jetzt bin.

Sie meinen den Erfolg, den Applaus, die Angebote, die Auszeichnungen?

Nein. Ich meine, dass ich einen Regisseur finde, der mich fordert und zu einem besseren Schauspieler macht. Der intensiv mit mir zusammenarbeitet und mich bereichert. Manche Schauspieler suchen einen solchen Regisseur ihr Leben lang und finden ihn nicht. Ich habe das Glück, ihn so früh in meiner Karriere gefunden zu haben.


Sie sprechen von Steve McQueen, der Sie mit dem Drama „Hunger“ an die Weltspitze katapultiert hat und mit dem Sie auch „Shame“ und zuletzt „12 Years a Slave“ gedreht haben?

Ja. Als ich ihn das erste Mal traf, wusste ich, dass ich etwas von ihm lernen kann. Sein großes Maß an Menschlichkeit ist das Erste, was mir an ihm auffiel. Er besitzt viel Empathie und interessiert sich für die menschliche Natur. Durch ihn drehe ich jetzt Filme wie „The Counselor“ mit Meister-Regisseuren wie Ridley Scott. Mir ist bewusst, dass das wie ein Sechser im Lotto ist. Viele meiner Freunde haben hart zu kämpfen. Denn es gibt immer weniger Jobs für Schauspieler.


Kommen Ihnen der Luxus und die Privilegien, die Hollywood Ihnen heute bietet, manchmal obszön vor?

Nein, davon kann man nie genug haben (lacht). Natürlich ist es ziemlich verrückt. Es wäre sinnvoller gewesen, Anzüge in der Zeit geschenkt zu bekommen, in der man sich keine leisten konnte. Gefährlich daran ist die Verführung. Irgendwann will man diese Privilegien, die Popularität und Bewunderung nicht mehr missen. Dann ist man in Gefahr.


Ist in Hollywood die Gefahr groß, zur Diva zu werden?

Wenn ich in eine Bar oder ein Restaurant gehe, kriege ich mehr Aufmerksamkeit als andere. Nicht, weil ich gut aussehe oder charmant bin – sondern wegen des Ruhms. Alles, was mit Musik oder Schauspiel zu tun hat, hat Glamour. Und Glamour ist verführerisch. Daher hast du als Star mehr Möglichkeiten und mehr Angebote.


Wie weit würden Sie für eine gute Rolle gehen? Wo setzen Sie Ihre Grenzen?

Irgendwann sterben wir doch alle, das ist mein Mantra. Aber bis dahin will ich möglichst viel gemacht und gelernt haben. Ich bereite mich immer so gut wie möglich vor, denn nichts ist schlimmer, als nach Drehschluss festzustellen, dass man zu nachlässig gewesen ist. Ich suche nicht gezielt nach neuen, irren Herausforderungen. Es hängt nur von der jeweiligen Story ab. Bei „Hunger“ habe ich einen Arzt konsultiert, der mir riet, nicht unter 58 Kilo zu kommen, sonst bekäme ich Probleme. Also waren 58 Kilo mein Zielgewicht. Ich bewege mich also schon noch in einem möglichst sicheren Rahmen.


Womit vertreiben Sie sich die Zeit zwischen den Dreharbeiten?

Mit Gokartfahren. Dabei kann ich entspannen. Mit hoher Geschwindigkeit in die Kurven zu gehen, ohne dabei die Kontrolle zu verlieren, und es das nächste Mal noch besser hinzukriegen, macht dabei den Reiz aus. Ich schalte völlig ab, weil man sich ganz auf die Fahrt konzentrieren muss. Ich setze mich oft auch auf das Motorrad oder mache Musik.


Gab es Zeiten, in denen Sie den Glauben an sich verloren haben und aufgeben wollten?

Aber was hätte ich dann machen sollen? (lacht) Ich hätte nie aufgegeben, dafür war es schon zu spät. Dieser Beruf ist meine Leidenschaft, aber man muss einen starken Glauben an sich selbst haben, um die vielen Ablehnungen zu verkraften.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2013)

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