Sepp Forcher und das Glück

Sepp Forcher zählt zu jenen Begnadeten, die das Glas stets halb voll sehen.
Sepp Forcher zählt zu jenen Begnadeten, die das Glas stets halb voll sehen.Brandstätter Verlag
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Sepp Forcher hat sein zweites Buch übers Glück geschrieben. Man muss Ziele nicht erreichen, um glücklich zu werden.

Ist das Glück ein Vogerl? Gibt es deshalb so viele Glücksratgeber, weil das Publikum größtenteils unzufrieden ist? Für den deutschen Autor Rolf Dobelli ist die Glücksfähigkeit jedenfalls, wie er in seinem Buch „Die Kunst des klaren Denkens“ brillant ausführt, angeboren. Sepp Forcher, der mit seiner TV-Sendung „Klingendes Österreich“ seit Jahrzehnten Volksmusik abseits der Kitschfalle vorstellt, zählt zu jenen Begnadeten, die das Glas stets halb voll sehen. Nun legt der liebste Wurzelsepp der Nation sein zweites Buch zum Thema vor. „Das Glück liegt so nah“ ist ein Fleckerlteppich an Geschichten, die ebenso einfach wie weise Glücksmöglichkeiten aufzeigen, die oft zu selbstverständlich scheinen, als dass sie wahrgenommen werden.

Der in neoliberalen Kreisen grassierenden Glücksfeindlichkeit kann Forcher gar nichts abgewinnen. „Es ist ein Irrtum, wenn man Zufriedenheit mit Bedürfnislosigkeit verwechselt. Die ist eine Trappistenregel, aber nicht einmal dort wird sie vollkommen durchgezogen. Ich glaube, man sollte sich schon dessen bewusst sein, dass man sich selbst gegenüber Verpflichtungen hat, was das Verschönern des Lebens betrifft. Das Verfeinern der eigenen Lebensumstände muss Ziel eines jeden sein. Nur zum Arbeiten sind wir nicht auf der Welt!“, sagt Forcher, der viele Jahre als Lastenträger auf den Bergen und als Arbeiter des Wasserkraftwerks Kaprun gearbeitet hat. Es war ein Quantensprung für ihn, als er sich statt der üblichen Speckjause plötzlich Leberkässemmeln zum Gabelfrühstück leisten konnte.

„Frauen werden immer wichtiger“

Stolz war er, dass er Teil so einer großen gemeinschaftlichen Anstrengung war. „Dieser Stolz klingt heute noch in mir nach. Wenn ich heute ab und zu noch einen von den alten Kollegen treffe, dann ist das immer noch etwas Besonderes. Die Arbeiter sind damals aus ganz Österreich herbeigeströmt, und Kaprun ist so ein Symbol für den Wiederaufbau geworden. Heute mag manch einer darüber spotten, dass das übersteigerte nationale Gefühle sind. Aber der Bau von Kaprun ist 1955 zusammengefallen mit dem Zusammenschweißen der neun Bundesländer, nach den Jahren der Geteiltheit in vier Zonen.“ Wenn sein Buch den Untertitel „Warum wir auf Österreich stolz sein können“ trägt, dann will Forcher das als „nüchternen Patriotismus“ verstanden wissen. So wie er den Kitsch in seinen Volksmusiksendungen fernhält, so tut er es mit dem Pathos, wenn es um die Heimat geht.

„Das Wort Patriotismus ist in der heutigen Zeit nicht mehr ganz richtig. Wir leben ja in einer Zeit der zunehmenden Wichtigkeit des Matrimoniums. Die Frauen werden immer wichtiger. Das ist begrüßenswert“, sagt Forcher mit Blick auf seine Frau Helli. „Wenn ein großer Krieg war, dann haben die Männer einrücken müssen und die Frauen haben allein den Laden geschupft. Und oft haben sie es besser können als die Männer.“ Er bekennt, dass er immer aufsteht, sobald er die österreichische Hymne hört. Was den Text anlangt, steht er aufseiten derer, die die ursprüngliche Lyrik von Paula Preradović präferieren. „Ich bin da traditionalistisch gesinnt und sage, man soll an klassischen Texten nicht herumdoktern. Warum hinterfragen wir nicht die depperten Schlager, die täglich auf uns runterrieseln in einer Sprache, die keiner versteht?“

Damit sind wir direkt bei Andreas Gabalier, der jüngst versucht hat, aus dem Disput um den Hymnentext Kapital zu schlagen. Angesprochen auf ihn wird sogar der sonst so liebe Sepp Forcher ein wenig sarkastisch. „Wenn der Herr Gabalier stolz ist auf Österreich, dann freut mich das. Obwohl ich mich frage, ob das bei so einem Geschäftsmann nicht eine logische Äußerung ist?“ Sein persönliches Glück hat Forcher jedenfalls ganz standesgemäß in den Bergen gefunden. Auf der Oberwaldnerhütte im Großglocknergebiet. Nächstes Jahr feiern er und seine Helli die diamantene Hochzeit (60 Jahre). „Zwischen uns war es eine Art Kollision.“ Immer noch reisen die beiden viel im Auto durch Europa. Ohne Ziel? Ein Ziel haben wir schon, aber es muss nicht unbedingt erreicht werden.“ Was zählt, ist die Sehnsucht. Erfüllt man sie, entsteht ein Mangel.

ZUR PERSON

Sepp Forcher wurde 1930 als Sohn Südtiroler Eltern in Rom geboren und ist in Werfenweng im Pongau (Salzburg) aufgewachsen. Er arbeitete im Wasserkraftwerk in Kaprun und als Lastenträger in den Bergen, war als Hütten- und Stadtwirt tätig und begann 1976 beim ORF. Seit 1986 moderiert er „Klingendes Österreich“. Soeben ist sein zweites Buch zum Thema Glück erschienen: „Das Glück liegt so nah. Warum wir auf Österreich stolz sein können“ (Brandstätter Verlag, 160 Seiten, 19,90 Euro).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2014)

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