Sabotage und ein altes Geheimnis: Der Pfarrer als Krimiautor

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Johannes Gönner, Pfarrer der Wiener Canisiuskirche, hat eine mysteriöse Geschichte geschrieben, die in seiner Pfarrgemeinde spielt.

Neuerdings passieren in der römisch-katholischen Canisiuskirche am Alsergrund mysteriöse Dinge: Es kommt zu Sabotageakten, zeitgleich bekommt die Pfarre großzügige anonyme Geschenke, und ein altes, dunkles Geheimnis beschäftigt die Gemeinde. Rein in der Fiktion, versteht sich: Denn die Canisiuskirche ist Schauplatz des Krimis „Nichts ist vergessen“ (Styria Verlag).

Verfasst hat den Krimi einer, der die Kirche bestens kennt: Pfarrer Johannes Gönner nämlich, der allerdings mit der Bezeichnung „Krimi“ nicht ganz glücklich ist. „Ich sehe es eher als mysteriöse Geschichte“, erzählt er. „Es ist kein klassischer Thriller, bei dem auf Seite drei die erste Leiche auftaucht.“ Überhaupt: Als Pfarrer habe er immer wieder mit tragischen Todesfällen zu tun. „Da hat man gewisse Hemmungen, alle paar Seiten jemanden im Blut liegen zu sehen.“

Was nicht heißt, dass es in seinem ersten Roman nicht spannend zugeht: Die Geschichte, die abwechselnd aus der Ich-Perspektive mehrerer Figuren– darunter der Pfarrer Stefan und Gemeindemitglieder – erzählt wird, spielt in Wien und auf Kreta, viel Lokalkolorit, da wie dort, inklusive.

Irgendwann muss man natürlich die unvermeidliche Frage stellen: Wie viel von ihm selbst steckt denn in der Figur des Pfarrers Stefan? „Damit spiele ich natürlich“, sagt Gönner. „Gewisse Grundhaltungen stimmen, aber die Figur ist nicht autobiografisch.“ Auch die anderen Charaktere seien erfunden, „aber es ist schwierig, nicht irgendwo an der Realität Anleihe zu nehmen. Eine Person aus dem Nichts zu schaffen, ist vielleicht eher eine göttliche Qualität als eine menschliche.“

Dass er unter die Romanautoren gegangen ist, habe sich ergeben. „Ganz fremd ist einem als Pfarrer das Formulieren ja nicht“, sagt er bei einem Rundgang durch die Kirche, die von 1899 bis 1903 errichtet wurde. „Wie man eine derart große Kirche in so kurzer Zeit erbauen konnte, ist mir ein Rätsel.“ Mit ihren 85 Meter hohen Türmen ist sie Wiens vierthöchste Kirche.

Schon in seiner ersten Pfarre in Gutenstein (NÖ) hat Gönner für die Firmgruppen Krimistücke geschrieben, die diese als Dinner-and-Crime-Abende aufgeführt haben. Während eines Urlaubs auf Kreta vor zwei Jahren fand er die Zeit, „die ersten Kapitel zu konzipieren“. Mittlerweile sammelt er schon Ideen für eine Fortsetzung.

In „Nichts ist vergessen“ thematisiert Gönner auch ein dunkles Kapitel der Kirche: das Thema Missbrauch. „Es ist leider viel passiert, auch in der Kirche, das möchte ich gar nicht in Abrede stellen“, sagt er. „Ich habe allerdings auch miterlebt, wie Menschen zu Unrecht beschuldigt wurden.“

Er wolle, sagt Gönner, mit seinem Roman Menschen ansprechen, die sich für den Alltag in einer Gemeinschaft interessieren. Ein früherer Mitarbeiter, der auch in der SPÖ gearbeitet hat, habe einmal gemeint, dass der Unterschied zwischen einer Parteisektion und einer Pfarrgemeinde kein so großer sei: „Beide sind ein bisschen altmodisch und brauchten junge Mitglieder. Sie schimpfen über die da oben. Aber sie bleiben trotzdem dabei.“

AUF EINEN BLICK

Johannes Gönner ist Pfarrer der Canisiuskirche in Wien und Rektor des Referats für anderssprachige Gemeinden in der Erzdiözese Wien.

Heute, Samstag, liest er aus seinem Krimi „Nichts ist vergessen“ (Styria, 12,99 Euro) im Kirchturm der Canisiuskirche (19.30 Uhr, 9., Pulverturmgasse 11; der Zugang über 120Stufen ist nicht barrierefrei). Am Di, 11.11., um 19 Uhr stellt er sein Buch in der Buchhandlung Herder (1., Wollzeile 33) vor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2014)

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