Zero trash: Müllfrei leben in New York City

Lauren Singer, Bloggerin und Jungunternehmerin aus New York
Lauren Singer, Bloggerin und Jungunternehmerin aus New York(c) Lauren Singer (Anthony Marchesi)
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Die New Yorkerin Lauren Singer produziert keinen Abfall, der nicht natürlich verrottet oder recycelt werden kann. In ihrem Blog berichtet sie davon und gibt Tipps zur Müllvermeidung.

Lauren Singer ist ein ganz normales New York Girl, geht gern aus, trifft sich mit Freundinnen im Café oder zum Shoppen. Der Unterschied: Sie produziert dabei keinen Abfall. Vor etwa zwei Jahren entschied sich die heute 23-Jährige für ein „zero trash life“, ein müllfreies Leben. „Mein Vater nannte mich immer schon einen ,treehugger‘, eine Umweltschützerin. Ich protestierte als Jugendliche gegen Ölkonzerne und kämpfte für jeden Baum, der gefällt werden sollte“, erzählt sie. So entschied sie sich, nach der Schule Umweltwissenschaften und Politik an der Universität von New York zu studieren, wo ihre Idee für ein abfallfreies Leben dann entstand: „Ich beobachtete schon seit Längerem, wie meine Kollegen dort täglich ihr Essen in verschiedenen Plastikbehältern mitbrachten und diese zusammen mit Plastikgabel, Plastikmesser, Plastiksack und einer Plastikwasserflasche in den regulären Mülleimer warfen. Das frustrierte mich.“ Am selben Tag ging sie nach Hause und entdeckte beim Kochen, dass auch bei ihr alles in Plastik verpackt war. „In dem Moment entschied ich, Plastik aus meinem Leben zu streichen.“

Schritt für Schritt. Aus Plastik wurde schließlich jeglicher Müll, der nicht wiederverwertbar oder recycelbar ist oder auf natürliche Art und Weise verrottet. „Zunächst habe ich eine Analyse von dem Müll gemacht, den ich jeden Tag produziert habe und loswerden wollte“, erzählt Singer. Einfach sei die Umstellung nicht gewesen, deshalb habe sie mit kleinen Schritten begonnen. Zuerst verbrauchte sie ihre alten Produkte, recycelte deren Behälter und überlegte sich, wie sie die Dinge in Zukunft selbst herstellen könnte.

„Ich begann, all die Situationen vorauszusehen, in denen ich Müll produzieren würde.“ Beim Einkaufen bringt sie auch heute immer ihre eigene Tasche mit, verzichtet beim Cocktail mit ihren Freundinnen auf den Strohhalm und lehnt Rechnungen dankend ab. Doch der „Weg dahin, überhaupt keinen Müll zu produzieren, endet nie“. erklärt Singer. In einem kleinen Marmeladeglas sammelt sie Dinge, wie etwa ein Pflaster, ein paar Plastikstrohhalme (die versehentlich doch in ihrem Getränk gelandet sind) und eine Rechnung, die auf einen Plastikstreifen geklebt wurde – es ist ihre sehr übersichtliche Sammlung an Abfällen aus den vergangenen Monaten. „Bis ich einen Weg gefunden habe, die Dinge zu verwerten, hebe ich das Glas auf.“


Zahnpasta selbst machen. Doch wie schafft sie es, in einer Stadt wie New York, in der alles verpackt ist, einzukaufen? „Das ist alles eine Frage der Organisation und von Do-it-yourself-Verfahren“, meint Singer. Schuhe und Gewand kauft sie, nachdem sie drastisch ausgemistet hat, nur mehr in Secondhandläden. Ihre Lebensmittel kauft sie in Geschäften, in denen sie Milch und andere Lebensmittel in Glasflaschen erhält. Außerdem nimmt sie eigene Einmachgläser mit, in die sie Öl, Nudeln, Mehl oder Müsli abfüllen kann. „Ich schreibe einmal in der Woche eine Liste von Dingen, die ich brauche und gehe dann gezielt los. So spare ich Zeit und Geld.“ Frisches Obst und Gemüse kauft Singer am Wochenende auf einem Bauernmarkt. Während der Woche sammelt sie kompostierbare Essensreste und nimmt sie zum Markt mit. „Dort gibt es einen Gemeinschaftskompost, und da werfe ich ihn dazu.“

Wasch- und Putzmittel sowie Zahnpasta und Kosmetika rührt sich Singer selbst zusammen: „Es ist ganz leicht, und die Rezepte gibt es im Internet. Meine Zahnpasta besteht etwa aus Natron, Kokosnuss- und Pfefferminzöl.“ Da sie Bekannte immer wieder nach ihren Produkten gefragt und ihr erklärt hatten, dass ihnen die Zeit für die Herstellung fehle, kam ihr die Idee, eine Firma zu gründen. Mit ihrem eigenen Start-up will sie nun auf die vielen ungesunden Zusatzstoffen in Waschmitteln aufmerksam machen.

Mehr als 40.000 Dollar steckten Investoren in The Simply Co. Für ihr erstes Produkt, ein chemiefreies Waschmittel aus drei Inhaltsstoffen, habe es mehr als 1000 Vorbestellungen gegeben, erzählt Singer stolz. So viele, dass sie mit der Produktion nicht mehr nachkommt. „Noch mache ich alles daheim in meiner Küche. Bis März müssen meine Kunden warten, bis ich wieder verkaufen kann.“

Ihr großer Wunsch für die Zukunft wäre ein Platz, an dem sie ihr eigenes Obst und Gemüse anbauen könnte. Und noch eine Wohnung bzw. ein Haus, das erneuerbare Energie nutzt. Singer möchte ihr restliches Leben müllfrei leben: „Ich könnte mir nicht mehr vorstellen, je wieder Müll zu produzieren, denn ich habe mir diesen Lebensstil nicht ausgesucht, um ein Zeichen zu setzen. Ich habe mich dafür entschieden, weil der vollständige Verzicht auf Müll der beste Weg ist, meinen Lebensstil mit all dem zu vereinbaren, was ich wichtig finde. Außerdem ist mein Leben unkomplizierter, stressfreier geworden. Und ich habe jetzt viel mehr Freizeit als vorher.“


Jausendose mitnehmen. Und was rät sie Menschen, die auch bewusster einkaufen und nachhaltiger leben möchten? „Tauscht eure Plastikzahnbürsten gegen solche aus Bambus. Checkt euren Müll und führt euch vor Augen, was ihr vermeiden könnt. Außerdem rate ich, immer eine Jausendose und eine Trinkflasche, etwa aus Glas, eine Stofftasche sowie eine Metallgabel dabeizuhaben. Denn, so meint sie schmunzelnd: „Man weiß nie, welche Leckereien einem der Tag serviert.“

Trash Is for Tossers

In ihrem Blog Trash Is for Tossers (Müll ist etwas für Idioten) dokumentiert die 23-jährige New Yorkerin Lauren Singer ihr Leben ohne Abfall und zeigt Alternativen – etwa kompostierbare Bambuszahnbürsten, wiederverwendbare Abschminkpads sowie Rasierer aus Edelstahl. Die ehemalige Studentin der Umweltwissenschaften lebt seit zwei Jahren, ohne Müll zu produzieren, der sich weder wiederverwerten noch recyceln noch kompostieren lässt. www.trashisfortossers.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2015)

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