Abendessen mit Ahornsirup: Kanada in Wien

Café Florianihof
Café FlorianihofThe House of Canada (Facebook)
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Lillian Panholzer und Andrés Fredes veranstalten mit ihrem Onlineshop "The House of Canada" auch reale Abendessen, „unkompliziert und ohne iPhone“.

„Sei neugierig, nicht wertend“: Draußen auf den Fenstern des Café Florianihof stehen kunstvoll gemalte Sprüche wie dieser. Drinnen: lange Tafeln, Kerzen und Vasen mit Blumen, die ausschauen, als hätte man sie von der Herbstwanderung selbst mitgebracht. Rote-Bete-und Kokossuppe, Kürbis, als Dessert Birnen in Rotwein mit Zimt und Vanille. Zwischen den Gängen singt eine junge Sängerin, jemand anders liest ein Gedicht von Rilke – auf Englisch.

Speziell kanadisch mutet die Mischung nicht an, mit der Lillian Panholzer und Andrés Fredes das Café Florianihof an diesem Abend bespielen – sieht man von dem liebevoll eingepackten kleinen Fläschchen Ahornsirup ab, das auf jedem Teller liegt. Aber vielleicht ist es genau das, was den Abend kanadisch macht: Dass eben nicht alles perfekt durchgeplant ist, aber dafür sehr gemütlich.

Kanadisch sei, wenn es freundschaftlich und unkompliziert sei, sagt Lillian Panholzer. Sie sollte es wissen: Die Produkt- und Grafikdesignerin ist in Kanada aufgewachsen. Weil sie es vermisst, holt sie es nun nach Wien. Mit einem Onlineshop namens The House of Canada – und nicht virtuellen, sondern ganz realen Abenden wie diesen. Mitgeplant hat ihn Freund Andrés Fredes. Er stammt aus Chile und hat das Berufsbild eines Experten für Design-Export. Studiert hat er in Barcelona Kommunikation, Design- und Architekturgeschichte, auch mehrere Bücher zum Thema geschrieben. Eines davon hatte Panholzer seit Jahren im Regal stehen, als sie Fredes auf einem London-Flug kennenlernte. Zunächst verband sie die Liebe zu Barcelona, wo beide gelebt haben, wenig später mehr.

Mokassins und Kanupaddel

Lillian Panholzer (die als Grafikerin auch für die „Presse“ gearbeitet hat) wurde als Tochter eines Architekten in Kanada geboren. Für ihren österreichischen Vater war das Land seit jeher ein Sehnsuchtsort; bei erster Gelegenheit zog er mit seiner Frau hin. Erst 1992 kam Panholzer mit ihrer Mutter, die das Heimweh plagte, als 16-Jährige nach Österreich. Nicht ganz begeistert, wie sie heute zugibt. „Es war ein Drama“, sagt sie. „Heute ist Wien kosmopolitisch, aber 1992 war das nicht so.“ Vielleicht zog es sie deshalb für viele Jahre nach Spanien. Erst zu Beginn der Krise trieb sie ein Bauchgefühl nach Österreich. „Es lag ein seltsames Gefühl in der Luft, wie vor einem Sturm.“

Als sie in der Bildungskarenz mit einem MBA-Studium begann, tauchte die berühmte Frage auf: Was will ich mit meinem Leben? Panholzers Antwort an sich selbst: „Kanada näher zu mir bringen.“ Das tut sie nun, indem sie das riesige Land auch anderen näherbringt. In ihrem, zugegeben noch recht kleinen Onlineshop verkauft sie Ledermokassins mit Fransen, wie sie die kanadischen Ureinwohner auf der Jagd getragen haben, oder Kanupaddel, die man auch als Dekoration verwenden kann. Dazu Senf (Kanada ist einer der weltgrößten Exporteure von Senfkörnern) und Ahornsirup. Der ist, Klischee hin oder her, bestgehendes Produkt – formschön abgefüllt und in den Farbtönen Blond, Bernstein und Kupfer erhältlich. Dass die Farbe etwas über die Qualität aussage, sei ein gängiges Missverständnis, sagt Panholzer. „Sie hängt nur davon ab, wann in der Saison der Sirup vom Baum gezapft wurde“, erklärt sie. Der Letzte sei der dunkelste, süßeste.

Demnächst soll der Shop um neue Produkte (von Tannenseife bis Outdoor-Zubehör) erweitert werden. Zur Freude der kanadischen Community – respektive jener der „Canada-Lovers“, wie sie Panholzer nennt. „Es gibt viele, die Kanada mögen oder Familie und Freunde dort haben“, sagt sie, nicht zuletzt aufgrund der Auswanderungswelle aus Österreich in den 1950ern.

Zweiter Teil des House of Canada sollen Dinner, Konzerte und Lesungen sein. „Es geht darum, die einfachen Dinge des Lebens in einer entspannten Atmosphäre zu genießen.“ Den Trend zu den gemeinsamen Dinnern haben die beiden in den USA beobachtet, auch in Nordeuropa finde man sich zunehmend gern so zusammen. „Ohne iPhones, um mit echten Menschen zu plaudern.“ Das nächste Mal „Ende Februar oder Anfang März“.

AUF EINEN BLICK

Lillian Panholzer wuchs in Kanada auf, lebte lange in Barcelona und arbeitet als Grafikerin und Designerin in Wien. In ihrem Onlineshop The House of Canada verkauft sie typisch kanadische Produkte, vom Ahornsirup bis zum Kanupaddel. Gemeinsam mit ihrem aus Chile stammenden Partner, dem Designexperten Andrés Fredes, will sie auch mit Veranstaltungen kanadisches Lebensgefühl weitergeben. Ein erstes Dinner hat bereits stattgefunden, weitere Essen, Lesungen und Konzerte sind geplant. www.thehouseofcanada.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2015)

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