Wienerlieder und Grantgedichte: Auf der Wiener Welle in Ottakring

Thomas Heher
Thomas Heher Christine Pichler
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Waves-Veranstalter Thomas Heher lädt zum neuen Festival. Mit Nino, Skero und den Strottern, aber auch Schreibern wie Stefanie Sargnagel.

Am Anfang war, in seinem Fall, Ernst Molden. Ihn hat Thomas Heher als Schriftsteller verfolgt, „und dann hat er angefangen, sich bei Lesungen mit der Gitarre zu begleiten“. Dann kamen die 5/8erln in Ehr'n, den Nino aus Wien verfolgt er auch schon lang, und in den letzten ein, zwei Jahren hat er die Strottern kennen und schätzen gelernt. Und weil Thomas Heher ein Festivalveranstalter ist, stellt er all das, was sich mittlerweile zu einem Phänomen verdichtet hat, für zwei Tage gemeinsam auf eine Bühne: Die Wiener Welle rollt heran.

Ungefähr letzten Sommer, erinnert sich Heher, sei die Idee enstanden. „Mir ist aufgefallen, dass es in der Musik eine Renaissance von Bands gibt, die Anleihen am Wiener Liedgut nehmen und die sehr gut ankommen bei den Leuten.“ Ähnliches finde in der Literatur statt und in der Gastronomie, „wo die Wirtshausküche auch bei den jungen Leuten trendig ist. Und ich habe mir gedacht, dass es eigentlich keine Veranstaltung gibt, die das abbildet“.

Gemeinsam mit Wolfgang Grob wurde man also beim (traditionellen) Veranstalter Wean Hean vorstellig. Dort fand man prompt Gefallen am Gedanken, gemeinsam die neue Wiener Musik aus dem Heurigen-Kontext zu holen. Nicht, dass da nicht Welten aufeinandergeprallt wären, erinnert sich Heher, der gestaunt hat, wie bei Wean Hean Dinge wie Pressekonferenzen ablaufen (zuerst einmal gibt's das Essen) oder das Booking: Das erfolgt, indem man zum Telefonhörer greift und bei Heurigensänger Kurt Girk anruft (der die altgediente Wienerlied-Fraktion vertreten soll). Wo dann dessen Frau erklärt, dass er nicht allzu spät am Abend auftreten dürfe. Also singt Girk, mittlerweile Anfang 80, bei der Wiener Welle an diesem Wochenende in der Ottakringer Brauerei schon früh. „Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er weiß, wo er da auftreten wird“, sagt Heher. „Aber die Strottern, Ernst Molden und die 5/8erl in Ehr'n kennt er.“

Stadtschreiber und Hass-Haikus

Beide Abende eröffnen mit Lesungen. Mit Stefanie Sargnagel, „die mit ihren Einträgen auf Facebook so etwas wie eine Wiener Stadtschreiberin ist“, sowie Amira Ben Saoud und Manfred Gram, die den Wiener Grant in Form von Hass-Haikus in die Welt schleudern. Gespannt ist Heher auch, wie sich das Publikum zusammensetzen wird: Bekannte haben sich ebenso Tickets gesichert wie der Vater eines Freundes – dieser hat sich den Festivalbesuch zum 75er gewünscht, worauf sich der Sohn erkundigt habe, ob man auch sitzen kann. Man kann, es gibt Flächen mit Bierbänken, schließlich soll man auch essen. Dafür sorgt übrigens die Impulstanz-erfahrene Agentur Francophil mit aufgepeppt Wienerischem à la Schweinsbratenstanitzel.

Generell ortet Heher in den letzten zwei, drei Jahren ein neues Bewusstsein. „Man sieht, andere machen das, fühlt sich inspiriert, und so ist vielleicht eine gewisse Strömung entstanden“, formuliert er sein „Bauchgefühl“. Die einzelnen Acts seien jeweils einzigartig und authentisch, gleichzeitig sehr vernetzt. Austropop will er sie freilich nicht nennen, „das war für mich ein zeitlich beschränktes Phänomen“. Überhaupt habe all das nichts mit Nationalismus zu tun, nur damit, „das Wiener Lebensgefühl zu beschreiben oder zu karikieren“.

Der Zuspruch im Vorfeld ist rege. „Ich kann schon verraten: Es wird nächstes Jahr sicher eine zweite Ausgabe geben. Wenn man ein bisschen anfängt zu recherchieren, merkt man: Da gibt es noch viel mehr.“

Auf einen Blick

Wiener Welle: Thomas Heher und Wolfgang Grob (Waves) laden im Rahmen von Wean Hean am 8. und 9. Mai in die Ottakringer Brauerei. Mit 5/8erln in Ehr'n, Ernst Molden und Nino aus Wien, Skero & Müssig-Gang, die Strottern & Jazzwerkstatt, die Buben im Pelz, Cornelia Travnicek, Amira Ben Saoud & Manfred Gram, Stefanie Sargnagel u. a. Francophil liefert das Essen, der Vienna Store den Büchertisch. Ab 18 Uhr, Tagesticket 32, Festivalpass 49 Euro. www.wienerwelle.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2015)

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