Syrien: Eine Exbankerin als First Lady

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Asma'a al-Assad, First Lady Syriens, ist eine selbstbewusste, westlich orientierte Frau. Sie ist das Vorzeigemodell der fortschrittlichen Syrer.

Die Presse: Nach Ihrer Hochzeit mit Präsident Bashar al-Assad sind Sie inkognito in Jeans und T-Shirt durchs Land gereist, um die Menschen aus dem Volk besser kennenzulernen.

Asma'a Al-Assad: Ich habe lange in London gelebt. Nach meiner Hochzeit war mir klar, dass ich nun sehr viel mehr Verantwortung zu tragen habe. Ich wollte die syrischen Realitäten aus erster Hand studieren. Also bin ich durchs Land gereist und habe mit Menschen verschiedener Herkunft gesprochen.

Syrien ist ein säkularer Staat, Sie betonen, das könnte Modellcharakter für die gesamte Region haben.

Assad: Wir sind vielleicht nicht immun gegen die Glaubenskonflikte, die in unserer Nachbarschaft toben, aber unser säkulares Modell hilft, Frieden und Stabilität zu bewahren. Was noch wichtig ist: Säkularismus steht nicht im Gegensatz zum Islam.

Sie waren lange Bankerin in London, sind im Westen aufgewachsen. Gibt Ihnen das die Möglichkeit, zwischen der arabischen Welt und Europa zu vermitteln?

Assad: Was ich mit Sicherheit sagen kann, ist: Es gibt mehr, was uns eint als uns trennt. Leider beschäftigen wir uns mehr mit dem Trennenden. Europa hat bemerkenswerte Errungenschaften, von denen auch die arabische Welt profitieren könnte. Gleichzeitig ist der soziale Zusammenhalt, den es in unseren Gesellschaften gibt, das Miteinander in Syrien zwischen Religionen und Kulturen, etwas, von dem Europa lernen kann.

Was tun Sie, um junge Frauen in Syrien zu ermutigen, eine Rolle zu spielen?

Assad: Frauen sitzen nicht herum und warten auf ihre Chance – sie gehen hinaus und packen sie. Ich versuche, diesen Frauen ein Vorbild zu sein.

Welchen Einfluss üben Sie auf Ihren Mann, den Präsidenten, aus?

Assad: Man kommt am Abend eines langen Tages nach Hause und beim gemeinsamen Abendessen bespricht man, was man während des Tages erlebt hat. Wir debattieren und diskutieren und tauschen uns aus.

Der Präsident ist sicherlich von Menschen umgeben, die ihm vermutlich nicht immer die volle Wahrheit sagen werden – welche Rolle spielen Sie da?

Assad: Nun, das stimmt so nicht. Der Präsident umgibt sich normalerweise mit ganz normalen Menschen – wir gehen abendessen, in die Oper, wir verbringen im Sommer Zeit am Meer, soweit es möglich ist, teilen wir mit den Menschen den Alltag. Diese Leute beschönigen nichts, die sind direkt. Er bekommt also viel Information vom direkten Kontakt mit Menschen von der Straße. Aber natürlich, ich tue meinen Teil, indem ich ihm meine Meinung sage, und er tut das genauso.

Wenn man nach Qatar oder Dubai kommt, trifft man sehr viele Syrer. Sie schicken ihre Löhne nach Hause, sind sehr gut ausgebildet und müssen ihre Zukunft trotzdem außerhalb ihres Heimatlandes bestreiten. Kann sich Syrien erlauben, dass die vielleicht bestausgebildeten Menschen das Land verlassen?

Assad: Die Tatsache, dass sie nach Möglichkeiten außerhalb ihrer Heimat suchen, ist ein Teil unserer Mentalität – wir sind eine offene Gesellschaft. Was bedeutend ist, ist das Verhältnis, das der Großteil der Syrer zu seiner Heimat hat. Und da geht es nicht darum, Geld nach Hause zu schicken, sondern darum, in Kontakt mit der Heimat zu bleiben.

Können Frauen eine Rolle als Brückenbauerinnen spielen? Wenn Sie beispielsweise eine israelische Frauenorganisation nach Tel Aviv einladen würde, würden Sie diese annehmen?

Assad: Das ist eine hypothetische Frage, solange unsere Länder von Israel besetzt sind. Aber natürlich können und haben Frauen eine Rolle in Friedensprozessen zu spielen, wie die Gesellschaft generell. Syrien, sowohl die Regierung als auch die Menschen, ist bestrebt, einen Frieden herzustellen.

ZUR Person

Asma'a al-Assad, geb. 1975 in London, ist seit 2000 mit dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad verheiratet, die beiden haben drei Kinder.

Sie ist die Tochter eines berühmten syrischen Arztes, gab ihren Beruf als Investmentbankerin auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2009)

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