Russkaja: "Super Schmäh mit dem Russen"

(c) ORF (Hans Leitner)
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Russkaja-Sänger Georgij Makazaria über den "raketenhaften" Start vor zehn Jahren, das neue Album und seine liebsten "Willkommen Österreich"-Auftritte.

Langer, buschiger Bart, der an den Rändern schon grau wird. Stilecht wuchernde Augenbrauen, und darunter ein spitzbübisches Lächeln aus hellblauen Augen mit goldenen Einsprengseln, wegen derer die Fotografin später noch einmal zur Kamera greifen wird. Georgij Alexandrowitsch Makazaria ist eine Erscheinung, und das nicht nur kraft seiner Körpergröße oder seines Titels als Russkaja-Frontmann. Nicht ganz zufällig durfte der 41-Jährige für ein Automagazin kürzlich den Cadillac Escalade, einen fetten SUV, testen.

Zum Interview im Café Westend kommt Makazaria mit dem Roller. Dem Tretroller. Ein großes Auto, sagt er, habe er aber auch. Für die Band, die Instrumente? „Für die Kinder.“ Vier hat er mit seiner Lebensgefährtin in Summe, „es wird eh schon eng“. Die größten gehen schon ins russische Gymnasium. Die Zeit vergeht, auch Russkaja gibt es seit zehn Jahren.

Als sie 2005 das erste Mal in der „Presse“ aufgetaucht sind, in einer Geschichte über den damals neu eröffneten Ost-Klub, haben sie noch als „russische“ Band firmiert. Dabei war und ist sie bunt zusammengewürfelt; Makazaria selbst lebt seit späten Teenagerzeiten in Österreich. „Letztens“, erzählt der gebürtige Moskauer, „kam nach einem Konzert der DJ zu mir und sagte: ,Super Schmäh, das mit dem Russen.‘“ Als Makazaria biografische Daten nachschob, zeigte sich der Deutsche erst recht beeindruckt: Sogar eine Geschichte hätte er sich ausgedacht.

Es sei, mutmaßt der Sänger, wohl sein Dialekt, der vor allem im Ausland für Verwirrung sorge. Makazaria rollt das R wie eine Roulettekugel, spricht ansonsten sanftes Wienerisch, stolpert dann aber doch wieder authentisch über Artikel. „Eine russische Buchmonat? Russisches Buchmonat?“ Selbiges fand jedenfalls 2001 gerade statt, als er in einem Buchgeschäft zu seiner Verwunderung nicht auf Dostojewski, Tolstoi oder Puschkin stieß, sondern auf einen Wladimir Kaminer und dessen „Russendisko“ als Roman mit Audiobeilage. „Buch ist okay“, befand Makazaria, „aber CD ist leiwand.“

Makazaria, ehedem Teil der Metalband Stahlhammer, wollte Ähnliches. Bei einem Konzert lernte er Dimitrij Miller kennen, der gerade Bass studierte und der wiederum Geiger kannte, der jemanden mit Saxophon kannte... „Wir haben uns hingestellt, Covers gespielt, und die Leute sind ausgeflippt. Ostklub war hippe Bude, und wir wurden zu hipper Band.“ Geradezu „raketenhaft“ habe sich der Erfolg eingestellt.

Punk und Liebeskummer

Es kamen eigene Songs, 2007 das bis heute andauernde (und gerade bis 2017 verlängerte) Engagement als Studioband für Stermann und Grissemann. Deren „Willkommen Österreich“ bedurfte damals nach holprigem Start gerade einer Neuausrichtung. „Es war relativ düster, sie haben schon überlegt, ob sie das stanzen, aber dann wurde ein neues Konzept vorgelegt. Sie haben uns geschnappt, weil sie gesehen haben: Die sind heiter.“

Spaß machen ihm vor allem die Auftritte mit den Studiogästen. „Wahnsinnig gefreut“ habe er sich auf Helge Schneider, „der steht nur da und ist schon lustig“. Nena habe Spaß gemacht, Helene Fischer auch. Und Udo Jürgens. Dieser grub sogar ein „typisch russisches Lied aus, Aufschaukler, immer schneller werdend. Und dann hat er angefangen, uns zu dirigieren. Das ist plötzlich so gefahren, das war irre.“

Einflüsse bis hin zu Country prägen auch das neue Album, „Love, Peace & Russian Roll“. „Sanfte Sachen und heftige Punk-Dinger. Wir gehen in die Breite, du kannst Extreme erleben. Liebeskummer. Und das Gegenteil. Das ist was?“ Makazaria sucht nach einem Wort. Und findet eines. „Liebesfreude.“

ZUR PERSON

Georgij Alexandrowitsch Makazaria wurde 1974 in Moskau geboren und lebt seit 1992 in Wien. 2005 hat er die Band Russkaja gegründet, die traditionelle russische Musik mit Ska, Rock und Polkabeats mischt. Ihr viertes Album „Peace, Love & Russian Roll“ erscheint am 24.Juli, erstmals auch in Russland. Die Tour führt u.a. nach Deutschland, Frankreich, in die Schweiz und die Niederlande. Am 1. und 2.September spielt Makazaria im Theater am Spittelberg mit der Allstar-Band Russian Gentlemen Club.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2015)

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