Denzel Washington: "Wir brauchen dringend Helden"

„Viele Zustände, die in diesem Film dargestellt werden, funktionieren heute noch nach genau denselben Prinzipien“, sagt Denzel Washington über „Die glorreichen Sieben“.
„Viele Zustände, die in diesem Film dargestellt werden, funktionieren heute noch nach genau denselben Prinzipien“, sagt Denzel Washington über „Die glorreichen Sieben“. APA/AFP (FILIPPO MONTEFORTE)
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In Antoine Fuquas Remake von "Die glorreichen Sieben" führt Denzel Washington eine bunte Truppe todesmutiger Outlaws in den Kampf um Gerechtigkeit. Wie aktuell das Thema ist, erläutert er im Interview.

Sieben auf einen Streich. In Akira Kurosawas „Die sieben Samurai“ rettete Toshirō Mifune 1954 mit einem Haufen Möchtegern-Samurai ein mittelalterliches japanisches Dorf vor einem Banditen. In John Sturges' „Die glorreichen Sieben“ (1960) waren Yul Brynner, Steve McQueen, Charles Bronson, Horst Buchholz u. a. an der Reihe, ein mexikanisches Nest vom Tyrannen zu befreien.
In Antoine Fuquas Neuverfilmung sind nun u. a. Denzel Washington, Chris Pratt und Ethan Hawke im Wilden Westen aktiv: Diesmal ist es ein erpresserischer, blutrünstiger Geschäftsmann, der mit unzureichenden Mitteln, aber größtem Einsatz zur Rechenschaft gezogen werden soll. Und wieder erweist sich Denzel Washington, auch mit mittlerweile 61 Jahren, als „der Coole in allen Lebenslagen“: ein Held, wie ihn die Welt brauchen könnte – nur leider, wie er selbst sagt, funktioniert das im Leben nicht so einfach wie im Kino.


Die Erwartungen an Regisseur Antoine Fuqua waren groß: Wie kann es gelingen, ein Remake eines derartigen Klassikers zu machen?

Denzel Washington: Das hat sich John Sturges sicher auch gedacht, als er damals Akira Kurosawas „Die sieben Samurai“ neu verfilmt hat.

Fuqua hat ja auch gesagt, dass er sich eher von Kurosawas Version als von Sturges' „Die glorreichen Sieben“ hat inspirieren lassen. Welcher von beiden Filmen war für Sie persönlich prägender?

Definitiv „Die sieben Samurai“. Den kenne ich sehr, sehr gut. „Die glorreichen Sieben“ hingegen habe ich erst vor Kurzem zum ersten Mal in voller Länge gesehen. Im Gegensatz zu Antoine Fuqua bin ich nicht mit Western aufgewachsen, das war in meiner Familie einfach nicht üblich. Es wäre ja sowieso niemand im Bild gewesen, mit dem wir uns irgendwie hätten identifizieren können, also gab es keinen Grund für mich, mir diesen Film anzuschauen. Ich glaube jedenfalls, unsere Version zeigt viel augenscheinlicher, wie es im sogenannten Wilden Westen damals wirklich zugegangen ist.


Und was macht ihn für uns heute relevant? Warum hat ihn Fuqua genau jetzt gemacht?

Ich denke, viele der Zustände, die in diesem Film dargestellt werden, funktionieren heute noch nach genau denselben Prinzipien. Ganz deutlich sah ich das heute wieder in einem Bericht über den Kongo: Die Menschen dort werden von multinationalen Großkonzernen brutal ausgebeutet, das Trinkwasser ist verseucht, sie würden dort dringend ein paar Helden brauchen. Unglücklicherweise funktioniert das im echten Leben nicht so einfach wie im Film. Und, genauer betrachtet, haben sich die Zustände seit damals im Wilden Westen durchaus verändert – sie sind schlimmer geworden.


Antoine Fuquas Siebener-Bande ist, im Gegensatz zu den beiden früheren Versionen, ethnisch sehr divers aufgestellt: Es gibt einen Mexikaner, einen Schwarzen, einen Asiaten, einen Comanche – und das wird nicht thematisiert, es ist ganz normal.

Und genau so sollte es sein, deshalb will ich das hier auch nicht diskutieren.

Aber ist es nicht verrückt? Damals waren ja nicht nur Weiße, sondern zahlreiche Volksgruppen beteiligt am Aufbau der USA – und jetzt hat es sich der vielleicht zukünftige US-Präsident auf die Fahnen geschrieben, eine Mauer zwischen den USA und Mexiko zu ziehen.

Ja, es ist schrecklich: Genau dann, wenn wir so viele Möglichkeiten haben, nach vorn zu gehen, bewegen wir uns rückwärts. Deshalb müssen wir aber auch aktiv versuchen, nicht rückwärts, sondern vorwärts zu schauen: Die jüngeren Generationen kümmern sich einen Dreck um Rassenschranken, für sie ist Multi-Ethnizität längst Realität und nichts, worüber man groß diskutieren muss. Das habe ich unter anderem von meinem Filmpartner Chris Pratt gelernt, mit dem ich mich viel unterhalten habe, und der mir viele Sichtweisen von jungen Leuten nahegebracht hat.
Wir Alten müssen endlich aufholen, auf das Level, auf dem die Jungen längst sind. Und deshalb geht es in unserer Geschichte auch nicht um Schwarze, Mexikaner und Weiße, sondern es geht um Menschen, die bereit sind, ihr Leben dafür zu geben, um anderen zu helfen. Leider werden solche Menschen immer noch gebraucht. Überall auf der Welt gibt es Unterdrückung. Und auch deshalb gibt es das Kino: um uns Freude, aber auch Hoffnung zu geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2016)

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