Strategie im Zeitalter der Digitalen Revolution

Kolumne "Hirt on Management". Folge 30. Von der Bedrohung zum Wettbewerbsvorteil.

In unserer Rubrik "Hirt on Management" beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach und Keynote Speaker, alle zwei Wochen Fragen von Managern zu herausfordernden Situationen und kritischen Entscheidungen.

Frage:

Was bedeutet Strategie im Zeitalter der digitalen Revolution? Wie kann ich die digitale Bedrohung in Wettbewerbsvorteile für mein Unternehmen umsetzen?

Michael Hirt antwortet:

Die Digitale Revolution und disruptive Geschäftsmodelle sind in aller Munde. Das große Interesse für diese Themen kommt vor allem daher, dass mit der heutigen digitalen Technologie dramatische Chancen und Risiken für Unternehmen und deren Manager verbunden sind.

Die Möglichkeiten für neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle, die durch die neuen Technologien entstehen, verändern jeden Sektor der Wirtschaft grundlegend. Die zentrale Frage dabei ist, wie Sie im digitalen Bereich die Initiative ergreifen, um digitale Bedrohungen in Chancen zu verwandeln und die Möglichkeiten der Digitalen Revolution in massive Wettbewerbsvorteile und Produktivitätsgewinne für Ihr Unternehmen umzusetzen.

Aber bevor wir loslegen, klären wir kurz, was Strategie im Zeitalter der Digitalen Revolution nicht bedeutet. Es bedeutet nicht, dass Sie ihre Krawatte wegschmeißen, den Kragen weit aufreißen, weiße Turnschuhe anlegen und hektisch auf irgendwelchen Start-up-Veranstaltungen herumlaufen, um sich von WG-Bewohnern die Welt erklären zu lassen. Es bedeutet auch nicht, ihren drögen IT-Leiter zum sexy Chief Digital Officer zu machen, und ab jetzt ihr ganzes Unternehmen nur noch als eine große App zu betreiben.

Es haben sich zwar eine Menge Dinge geändert, und wir werden gleich sehen welche, aber manche Dinge sind gleich geblieben. Es hilft zum Beispiel weiterhin, wenn Sie eine klare Vision haben, was Sie mit Ihrem Unternehmen auf der Welt bewirken wollen. Weiters bleibt es entscheidend, dass diese Vision in einem engen Zusammenhang mit der Wertschaffung für Kunden steht und Sie über klare Messgrößen verfügen, um zu wissen, ob Sie auf dem Weg zur Erreichung dieser Vision, Fortschritt machen.

Auch der Blick über den Tellerrand, um zu sehen, was denn der Wettbewerb so tut, ist weiterhin zu empfehlen. Zuletzt bleibt es auch weiterhin hoch relevant konsequent Prioritäten zu setzen, zu verfolgen, ob Sie auf Kurs sind, und angemessene Kurskorrekturen vorzunehmen. Soweit so gut. Manches hat sich also nicht geändert.

Was sich aber geändert hat, ist dass die neuen Technologien, die Geschwindigkeit, mit der Sie das alles zu tun haben, massiv beschleunigt hat. Während die Wettbewerber noch vor einigen Jahren elegant ihre Pirouetten über das Eis gezogen haben, um dann artig auf die Bewertung der Punkterichter zu warten, pressen sie heute aggressiv den Puck ins Tor und die Zuschauer selber entscheiden über Sieg und Niederlage. Wie können Sie auf diese Veränderungen jetzt reagieren?

1.  Verstehen Sie die Veränderung. Versuchen Sie zu begreifen, wie die Digitale Revolution ihre Branche verändert oder verändern kann. Dafür benötigt man nur einen klaren Kopf, offene Augen und ein bisschen Fantasie.

2. Verstehen Sie Ihre Kunden. Entwickeln Sie dabei Ansätze, um digitale Technologien für neue, attraktive Wertangebote für Ihre Kunden zu nutzen. Verwandeln Sie damit die digitale Bedrohung in eine Chance.

3. Theoretisieren Sie nicht. Entwickeln Sie eine Reihe intelligent ausgewählter Initiativen in der Form kontrollierter Experimente, die Ihnen ermöglichen, mit kontrolliertem Risiko und kontrollierten Investitionen im Markt auszuprobieren, ob Ihre Hypothesen und Konzepte etwas taugen. Verstecken Sie sich nicht vor dem Feedback ihrer Kunden und des Marktes, sondern suchen Sie es und setzen Sie sich ihm bewusst aus.

4. Lernen Sie schnell. Und passen Sie Ihre Vorgangsweise agil an. Vergessen Sie Ihre tollen Pläne, wenn diese in der Realität nicht funktionieren. Statt stur auf Kurs zu bleiben und am Eisberg zu zerschellen, sollten neue Erkenntnisse aus der Strategieumsetzung sofort zu Steuerungsimpulsen und Änderungen in Ihrer Vorgangsweise führen.

Was sich also geändert hat, ist dass sich einfach nur die Spreu der Bürokraten, schneller vom Weizen der Unternehmer trennt. Alle, die gedacht haben, dass jetzt endlich Rock'n'Roll ausgebrochen ist, kann ich (gerne) enttäuschen. Es gelten weiterhin die guten alten Unternehmertugenden, die immer schon zu geschäftlichen Erfolg entscheidend beigetragen haben: Orientierung an der Wertschaffung für den Kunden, Schnelligkeit und Flexibilität.

Das Wichtigste in Kürze

Verstehen Sie wie die Digitale Revolution ihre Branche verändert. Verstehen Sie Ihre Kunden und entwickeln Sie Ansätze, um digitale Technologien für neue, attraktive Wertangebote für Ihre Kunden zu nutzen. Entwickeln Sie eine Reihe intelligent ausgewählter Initiativen in der Form kontrollierter Experimente, die Ihnen ermöglichen, mit kontrolliertem Risiko und kontrollierten Investitionen im Markt auszuprobieren, ob Ihre Hypothesen und Konzepte etwas taugen. Verstecken Sie sich nicht vor dem Feedback ihrer Kunden und des Marktes, sondern suchen Sie es und setzen Sie sich ihm bewusst aus. Lernen Sie schnell und passen Sie Ihre Vorgangsweise agil an.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com. Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 13. Oktober zur Frage: Sollen wir eine Fehlerkultur anstreben?

Die gesammelten Kolumnen finden Sie hier.

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