Wie wir zu unserer Küche stehen

Wolfgang Rosam, Andrä Rupprechter, Martina und Karl Hohenlohe
Wolfgang Rosam, Andrä Rupprechter, Martina und Karl Hohenlohe(c) Fallstaff Verlags-GmbH/APA-Fotoservice/Tanzer
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„Falstaff“ und „Gault-Millau“ haben gemeinsam ein neues Magazin herausgegeben – um den Stellenwert der heimischen Küche hervorzuheben.

Die Italiener haben es seit jeher, die Franzosen sind dafür berühmt, und die Skandinavier haben es – in Relation zu den beiden anderen – erst vor Kurzem entdeckt: den Stolz auf die eigene Küche und das Selbstverständnis, dass Essen mit all seinen Traditionen keine Nebensache ist, sondern etwas Besonderes, etwas Identitätsstiftendes und etwas, wofür einen andere beneiden. In Österreich – so lautet stets der Tenor – hätte man zwar die Voraussetzungen dafür (weit mehr als zum Beispiel in Skandinavien), aber irgendwie haben wir es verpasst, unsere Küche als etwas Spezielles, etwas international Tonangebendes zu positionieren, das weit über die touristische Trias von Sachertorte, Apfelstrudel und Wiener Schnitzel hinausgeht.

Die Versuche, das zu ändern und die heimische Küche stärker und vor allem stolzer zu präsentieren, werden aber häufiger. Dabei ist nicht nur von den Gastronomen die Rede, die das ohnehin seit jeher tun. Auch die Politik entdeckt verstärkt, dass es einem Land nicht schaden kann, wenn es stolz auf seine Küche ist – besonders in Zeiten, in denen Essen und Trinken eine gesellschaftlich hohe Relevanz haben.

Zehn Gebote der Kulinarik

Deshalb hat Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter die Patenschaft für ein neues Magazin übernommen, das gestern, Donnerstag, im Café Demel in der Wiener Innenstadt präsentiert wurde. Das Ungewöhnliche an diesem neuen Magazin namens „Kulinarisches Erbe Österreichs“ sind vor allem die Herausgeber. Mit dem „Falstaff“-Magazin und dem „Gault-Millau“ stehen dahinter nämlich zwei Mitbewerber, die den Rest des Jahres mit jeweils eigenen Produkten einen kleinen, speziellen Markt umkämpfen.

„Es geht hier um etwas Wichtiges und nicht um unsere Egos. Es geht um eine kulinarische Identität, die ganz Österreich befruchten soll“, sagt „Gault-Millau“-Herausgeber Karl Hohenlohe bei der Präsentation. Er ist ebenso wie „Falstaff“-Herausgeber Wolfgang Rosam Teil des Vorstands im Kuratorium Kulinarisches Erbe Österreichs. Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, die österreichische Ess- und Trinkkultur inklusive Rezepte und spezieller Produkte vor dem Verschwinden oder gar Aussterben zu bewahren. Präsident des Vereins ist übrigens der ehemalige ÖVP-Nationalratsabgeordnete und Generalsekretär des Raiffeisenverbandes Ferry Maier.

Vergangenen Mai wurde die dazu passende Charta Kulinarisches Österreich im Steirereck im Wiener Stadtpark präsentiert. Das sind, wenn man so will, die kulinarischen Zehn Gebote des Landes, die vor allem eine Wertschätzung und den Willen zur Bewahrung des kulinarischen Erbes thematisieren. „Kari (Karl Hohenlohe, Anm.)und ich hatten dann die Idee, ein Magazin zu machen. Damit sind wir zum Minister gegangen und haben ihn gefragt, ob er das unterstützen will. Er ist eigentlich der Taufpate“, sagt Rosam. Das Magazin soll jährlich erscheinen und bildet einen Überblick über die heimische Küche, aufgeteilt in die neun Bundesländer.

„Bibel ist vielleicht zu viel gesagt, aber es soll ein Leitfaden durch die heimische Küche sein. Wenn ein Gast aus dem Ausland wissen will, was die österreichische Küche ist, kann er hier nachlesen“, sagt Hohenlohe. Seiner Frau, Martina Hohenlohe – die gemeinsam mit „Falstaff“-Chefredakteur Herbert Hacker die Chefredaktion für das Magazin übernommen hat – war es wichtig, dass es ein „österreichisches Produkt ist, das aber nicht hausbacken ist“. Spitzenköche wurden deshalb darum gebeten, je ein Rezept für die drei Bereiche Fine Dining, Tradition und Mehlspeisen zu liefern.

Inwieweit man mit einem Magazin die kulinarische Identität eines Landes stärken kann, lässt sich wohl nicht so einfach beanworten. Es ist immerhin eine Maßnahme von vielen, die auch symbolisch wichtig ist und den Stellenwert des Themas deutlich macht. Wobei die Frage nach der Definition der österreichischen Küche noch sehr breit beantwortet wird. Für Rupprechter ist es eine Melange, wie er sagt, aus der Wiener Küche, dem Einfluss der Kronländer und auch die starke regionale, vor allem auch alpine Küche. Die Skandinavier seien auch für ihn ein Vorbild, wobei er gerne auch den Fokus auf die kulinarische Tradition legen möchte. Als Beispiel für eine erfolgreiche Positionierung nennt er das Musical „Sound of Music“, das in der ganzen Welt – mit Ausnahme Österreichs – geliebt und geschätzt wird. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.

AUF EINEN BLICK

Kulinarisches Erbe Österreich ist ein Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die österreichische Ess- und Trinkkultur zu bewahren. Er organisiert u. a. das jährliche Genussfestival. Nach der Charta Kulinarisches Österreich, die im Mai präsentiert wurde, wurde nun ein eigenes Magazin produziert. Die Herausgeber sind jene von „Falstaff“ und „Gault-Millau“. Das Magazin erscheint jährlich in einer Auflage von 60.000 Stück und kostet 8,50 Euro. www.kulinarisches-erbe.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2016)

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