Bernhard Aichner: Drei Bestseller und eine nette Mörderin

Aichner will in seinem neuen Roman etwas "ganz anderes" schreiben.
Aichner will in seinem neuen Roman etwas "ganz anderes" schreiben.Akos Burg
  • Drucken

Der Innsbrucker Autor, dessen drei Blum-Bücher in den Bestsellerlisten vertreten sind, schreibt am nächsten Roman. Und liest viel vor.

Eigentlich will er schon längst einen Frauenroman schreiben. So einen richtigen Liebesroman. „Für mein Seelenheil“, wie er in einem Interview sagte. Nicht noch mehr Morde, nicht noch mehr Grausamkeiten, nicht noch mehr Angst. Aber da es nun einmal so ist, dass seine drei Thriller um die Bestatterin und Vielfachmörderin Brünhilde Blum so enorm gut angekommen sind, in Österreich, in Deutschland, ja, auf der halben Welt, schreibt Bernhard Aichner nun doch wieder einen Thriller. Seelenheil hin oder her. Dieser werde aber, erzählt Aichner, „bewusst ganz anders“ als die Blum-Trilogie, „es wird schon mein Ton sein, meine Sprache“, statt der Rachemörderin Blum werden zwei Männer die Hauptrollen spielen. Der Fokus wird „noch mehr“ auf den Figuren liegen. Den Plot hat er geträumt, jetzt weitet er ihn auf Romanlänge aus. „Erfolgsdruck“, sagt er, im unverkennbaren leichten Tirolerisch, „spüre ich eigentlich nicht. Natürlich wollen der Verlag und ich nicht abstürzen, aber das wird auch nicht passieren. Solang ich Freude am Schreiben habe, wird das auch was.“ Der Fall wäre theoretisch jedenfalls ein tiefer, denn Aichner hat mit „Totenfrau“, dem ersten Teil, 2014 quasi über Nacht einen internationalen Bestseller geschafft.

TV-Serie wird gedreht

Noch bevor „Totenfrau“ auf Deutsch erschienen ist, hatten sich schon ausländische Verlage die Rechte gesichert. Der US-Kabelsender Lifetime wird Teil eins demnächst als Serie verfilmen. Die ersten beiden Bücher haben sich im deutschsprachigen Raum 300.000 Mal verkauft. Mit „Totenrausch“, das sofort auf Platz eins in den Bestsellerlisten eingestiegen ist – auch die anderen beiden Teile sind wieder in den Top Ten –, werden es wohl 400.000 verkaufte Exemplare (das Ausland ist da nicht mitgerechnet) werden, „was schon nicht schlecht ist“, wie Aichner sagt. Und damit natürlich maßlos untertreibt: Dass einem österreichischen Autor seine Romanidee so erfolgreich aufgeht, kommt doch eher selten vor. Was die Sache noch bemerkenswerter macht: Dass es sich bei dem Welterfolg um einen klassisch und klug gestrickten Thriller (oder in Aichners Fall: drei) handelt. Denn Österreich hat zwar eine enorm hohe (Lokal-)Krimi-Dichte, eine Tradition als Land der guten Thriller ist aber eher nicht überliefert. Den Wechsel vom Krimi – Aichner hat mit der Serie um Totengräber Max Broll auch eine schräge Krimireihe geschrieben – zum Thriller „habe ich mir damals nicht so genau überlegt. Es war dann eher beim Verlag die Frage, was wir vorn draufschreiben.“

Bei so viel Erfolg ist auch der Neid nicht immer weit. So schwingt in manchem Artikel ein leicht bissiger Unterton mit: Aichner, so der Vorwurf, habe den Erfolg bewusst geplant, die Titel gezielt auf den Geschmack der Leute hin geschrieben. Nachvollziehen kann Aichner die Kritik nicht. „Ich denk mir, jeder Autor möchte gern so viele Bücher wie möglich verkaufen, damit das, was er mit Herzblut geschrieben hat, auch gelesen wird.“ Das deutsche Feuilleton wiederum zollt „dem Exportschlager“ aus Österreich viel Anerkennung und sieht ihn als den sympathischen Tiroler („Der Mann, der vom Bösen lebt, ist ganz ein Netter“, schreibt die „Welt“), dem man so viel böse Fantasie gar nicht zutraut. Über die wundert sich Aichner oft selbst. Wenn er aber auf Facebook seine Follower, die er „Schnuggis“ nennt und gern mit Fotos seiner abenteuerlich gemusterten Leggings versorgt, auffordert, ihm Todesarten vorzuschlagen, „schreiben die Leute die wildesten Sachen. Ich finde es beruhigend, dass nicht nur ich diese Fantasien habe.“

Die echten Nachrichten wiederum, sagt Aichner, der mit Frau und Kindern in Innsbruck lebt, hält er kaum aus. „Das ist mir viel zu heftig, weil das alles tatsächlich passiert ist. Das Schöne an den Büchern ist, dass alles erfunden ist. Und alles gut wird.“ Wobei „gut“ bei Aichner Ansichtssache ist. In den Blum-Büchern hat er seine Leser nämlich dazu gebracht, mit der „liebenswürdigen Mörderin“ mitzufiebern. Man hofft, dass sie davonkommt, „weil sie alles tut, um ihre Töchter zu beschützen. Durch ihre Kinder wird sie menschlich.“ Zum Bestsellerautor-Dasein gehört aber auch das Vorlesen. Seit Wochen schon liest Aichner landauf, landab aus „Totenrausch“. „In anderen Ländern sind es eher Diskussionen mit dem Autor. Dass sich einer vorn hinsetzt und vorliest, gibt es nur bei uns. Ich finde das lässig.“ Macht es nach so vielen Terminen noch Spaß? „Ich sitz gern da oben und lese, und die Leute sind gespannt. Wenn es mir keinen Spaß mehr macht, dann lass ich's.“ Vielleicht geht sich dann auch ein Frauenroman aus. So ein richtiger.

Zur Person

Dem Innsbrucker Autor Bernhard Aichner (Jahrgang 1972) ist mit der Thrillertrilogie um die Bestatterin Blum – „Totenfrau“ (2014), „Totenhaus“ (2015) und „Totenrausch“ (2017, alle bei btb erschienen) – ein internationaler Erfolg gelungen. Die Romane wurden in zahlreiche Sprachen von Koreanisch bis Norwegisch übersetzt. Der erste Teil wird nun für den US-Kabelsender Lifetime als Serie verfilmt. Aichner, der auch als Fotograf und Maler tätig ist, ist derzeit auf Lesetour.

Web: www.bernhard-aichner.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.