„Kino kann die Welt verändern“

Andy Serkis
Andy SerkisAPA/AFP/GETTY IMAGES (KEVIN WINTE)
  • Drucken

Seine größten Rollen spielt er, ohne sein Gesicht zu zeigen: In „Planet der Affen: Survival“ gibt Andy Serkis zum dritten Mal den hochintelligenten Schimpansen Caesar. Im Interview spricht er über die Mimik von Affen und die wichtigen Botschaften von „Popcornfilmen“.

Der 1964 geborene Brite mit den dunklen Locken, intensiven Augen und der markanten Stimme lebt seit den Achtzigerjahren von der Schauspielerei – doch erst 2001 brachte ihm der Fortschritt einer neuen Technologie den Durchbruch. Eigentlich hätte Serkis in Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung der Kreatur Gollum nur die Stimme leihen sollen – doch dann war Jackson von Serkis' physischer Präsenz so beeindruckt, dass er ihn auch gleich das Motion Capturing machen ließ. Der Rest ist Geschichte: Mittlerweile ist die Technik gefühlte Lichtjahre weiter, alles scheint möglich – und Andy Serkis ist mit Rollen wie Gollum, King Kong, dem Supreme Leader Snoke aus den neuen „Star Wars“-Filmen und Caesar einer der Protagonisten dieser neuen Schauspielklasse.

Ist Caesar mittlerweile Ihr Favorit, oder bleibt Gollum Ihre erste große Liebe?

Andy Serkis: (Lacht.) Ich liebe Caesar, wirklich. Es war großartig, ihn zu verkörpern. Davon träumt ja jeder Schauspieler, eine Figur über ihr ganzes Leben hinweg zu spielen.

Schauspielerei lebt auch vom Mienenspiel. Wie groß sind die Unterschiede zwischen der Mimik von Affen und Menschen?

Es gibt große Unterschiede, wir haben uns so gut wie möglich angenähert. Wir haben für den Film mit zahlreichen Experten zusammengearbeitet, auch mit der berühmten Schimpansenforscherin Jane Goodall – sie findet unsere Filme übrigens toll, sie meint, die wären ein großer Beitrag für das richtige Verständnis der Lebensweise und der Kultur der Affen. Allerdings sind unsere Affen ja nicht ganz realistisch: Sie müssen sprechen können, daher ist die Struktur der Gesichtsmuskulatur eine andere. Außerdem haben sie menschliche Augen. Caesars Augen sind meine Augen. Aber das passt gut zum Film: Unsere Affen sind ja eine Weiterentwicklung der Spezies.

Nach Gollum, King Kong und Snoke – haben Sie manchmal das Gefühl, dass Sie einer der ersten Stars einer neuen Kinotechnologie sind, in etwa wie die ersten Schauspieler, die sich in die Tonfilm-Ära gewagt haben?

Ich bin vielleicht zu einer Art Galionsfigur geworden, das stimmt schon. Aber für mich ist diese Art der Schauspielerei nichts anderes als das, was ich immer gemacht habe. Es ist einfach darstellende Kunst.

Sie sind noch einen Schritt weitergegangen und haben Ihr eigenes Studio, Imaginarium, gegründet, das sich auf Motion Capturing spezialisiert.

Ich habe vor Jahren zum ersten Mal die Regie für die Motion-Capturing-Szenen eines Computerspiels übernommen. Und da musste ich feststellen, dass es nirgendwo in Großbritannien ein Studio dafür gibt. Und so mussten wir die gesamte Produktion nach Neuseeland übersiedeln, in Peter Jacksons Weta-Studios. Und ich dachte mir: Das ist doch verrückt! Wir leben in dem Land, in dem unsere Kameras und Software hergestellt wurden, und ich muss Tausende Kilometer auf die andere Seite des Globus fliegen, um sie benutzen zu können?

Ob Motion Capturing oder „in echt“: Es scheint in jedem Fall, dass Ihnen das Erforschen und Durchbrechen der Grenzen, was wir als Menschen sind und sein können, ein Anliegen sind.

Ja, das stimmt sicher. Ich bin Schauspieler geworden, weil ich immer daran geglaubt habe, dass man mit Kunst die Welt verändern kann.

Glauben Sie das immer noch?

Ja klar, definitiv! Und gerade deshalb empfinde ich es als großes Privileg, bei den „Planet der Affen“-Filmen mitgemacht zu haben. Das sind riesige Produktionen und werden von Millionen Menschen gesehen und haben eine wirklich bedeutungsvolle Message.

Sogenannte Popcornfilme transportieren nicht selten einen politischen Kommentar – wie dieser Film, in dem Flucht, Vertreibung, Rassenhass und Lager vorkommen.

Das stimmt, das finde ich auch sehr wichtig, gerade heute. Unterhaltung ist der einzige Weg, mit dem wir die breite Masse überhaupt erreichen können. Wir verschließen unsere Ohren vor tragischen Newsmeldungen, die täglich auf uns einprasseln – aber wenn wir uns auf etwas einlassen, was Unterhaltung verspricht, dann sind wir bereit, eine Botschaft zu hören. Das bringt für die Überbringer dieser Botschaften eine enorme Verantwortung mit sich. Aber das Faszinierende am Sci-Fi-Genre: Man kann relativ einfach auf aktuelle Zustände anspielen, ohne alles beim Namen nennen zu müssen. ?

Steckbrief

Andy Serkis wurde am 20. April 1964 in Ruislip Manor, Middlesex, als Andrew Clement G. Serkis geboren, er ist ein britischer Schauspieler und Regisseur.

Bekannt wurde er vor allem durch seine Darstellung des Gollum/Sméagol in „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ von Regisseur Peter Jackson. In „King Kong“ diente Serkis dem Riesenaffen als Bewegungsmodell, in „Planet der Affen“ dem Schimpansen Caesar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.