André Hellers neue Wunderkammer zum Thema Frieden

Die Swarovski Kristallwelten werden ab November ihre Wunderkammer neu bespielen – unter anderem mit Hologrammen.
Die Swarovski Kristallwelten werden ab November ihre Wunderkammer neu bespielen – unter anderem mit Hologrammen.Swarovski Kristallwelten
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Mit lebensgroßen Hologrammen kreierte André Heller die neue Wunderkammer der Swarovski Kristallwelten. Er will den Besuchern damit einen „politischen Denkanstoß“ geben.

„So werden in Zukunft Wahlkämpfe ausschauen – ob wir wollen oder nicht. Das ist wirklich verrückt“, zeigt sich André Heller von den technischen Möglichkeiten für Hologramme begeistert. Künftig werde es sogar möglich sein, Stücke zu schreiben, in denen etwa Charlie Chaplin und Paula Wessely gemeinsam auftreten könnten. Die Rede ist von der neuen Wunderkammer der Swarovski Kristallwelten in Wattens zum Thema Frieden, die Heller kreiert hat.

Dort erwarten die Besucher ab 27. November lebensgroße Hologramme von Mahatma Gandhi, Albert Einstein, Martin Luther King und Rigoberta Menchú. Die Kristallwelten, die seit 1995 mehr als 13 Millionen Besucher angezogen haben, sind ein permanentes Work in Progress. Alle zwei bis fünf Jahre würden die Wunderkammern neu bespielt, sagte Swarovski-Kulturdirektorin Carla Rumler am Montag bei der Präsentation der neuen Ausstellung: „Leute, die mehrmals kommen, sollen neu überrascht werden.“

Neben dem israelischen Künstler Arik Levy, dem mexikanischen Architekten Fernando Romero und dem indischen Modedesigner Manish Arora kehrt mit Heller der Ursprungsschöpfer des „Riesen“ zurück. Er selbst habe für seinen neuen Beitrag darüber nachgedacht, „was meiner Meinung nach als Farbpunkt da drinnen fehlt: Wenn so viele Besucher kommen, macht es Sinn, wenn sie an einer Stelle auch einen politischen Denkanstoß kriegen. Frieden ist etwas, das unsere Welt vollkommen beherrscht – in seinem Gegenteil, dem Unfrieden.“ Besucher sollen daher mit bedeutenden Friedensdenkern konfrontiert werden.

Die technische Umsetzung verantwortet der Multimediaspezialist Uwe Maass (Heller: „Ein wirklich erstaunlicher, narrischer Mensch!“) mit seinem Unternehmen Musion. Maass brachte etwa im indischen Wahlkampf den später siegreichen damaligen Oppositionsführer Narendra Modi als Hologramm zu 3200 Veranstaltungen vor 110 Millionen Menschen. So begeistert Heller von der Technik auch ist – eine Sache irritiere ihn dennoch: Einstein habe in dem an sich perfekten Hologramm nicht echt gewirkt. Schließlich sei er draufgekommen: Weil in unserem kollektiven Gedächtnis von Einstein nur Schwarz-Weiß-Bilder abgespeichert sind, wirke eine Farbdarstellung unwirklich.

Die Sache ist daher noch nicht entschieden. „Wenn's nach mir geht, wird er schwarz-weiß“, sagt Heller. „Ich kämpfe für Farbe“, kontert Maass. Eines ist dagegen fix: Die Friedensbotschaften werden kurz und prägnant gehalten – auch von Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú, die man in Guatemala einen ganzen Tag lang gefilmt hat. Heller: „Bei so vielen Besuchern geht das gar nicht anders. Sonst stauen sich gleich Tausende.“

„Wo das Fremde zu Hause ist“

Noch vor der Eröffnung der Wunderkammer am 27. November steht für Heller morgen, Mittwoch, die Eröffnung des Weltmuseums, die er auf einer Bühne auf dem Heldenplatz inszeniert und die im Anschluss im Inneren des Hauses (das ehemalige Völkerkundemuseum) ihre Fortsetzung findet. „Musik, Tanz und Literatur aus anderen Regionen“ erwartet die Besucher laut Heller beim Open-Air-Fest. Seiner Meinung nach könnte das Weltmuseum auch „Museum der Kulturen“ heißen: „In einer Zeit, in der das Fremde so ein Streitpunkt ist, ist das Weltmuseum auch eine Botschaft: Es ist der Ort, an dem das Fremde zu Hause ist.“

Hellers Engagement hat auch private Gründe: „In meiner Kindheit war es essenziell, dass ich die Enge, die ich in meiner Familie empfunden habe, an drei Orten verlassen konnte: im Palmenhaus, im Kunsthistorischen Museum und im Völkerkundemuseum, wo hinter den Türen Tausende Nuancen, Farben, Rituale, Masken, Gewänder, Gegenstände waren, die mir alle gesagt haben: Wenn du irgendwann einmal die Chance hast: Geh hinaus in die Welt. Und das habe ich ganz früh begonnen zu tun.“ (kb)

Web:www.weltmuseumwien.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2017)

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