Rücktritt: Das überraschende Ende einer Opernball-Ära

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Desirée Treichl-Stürgkh legt nach dem heurigen Opernball dessen Organisation zurück. Sie hat Österreichs wichtigsten Ball jünger und moderner gemacht - und ihn endgültig als Marketingplattform etabliert.

Wien. Die traditionell sehr, sehr lange Pressekonferenz war schon so gut wie vorbei. Alle Künstler waren beklatscht, den Sponsoren war der Reihe nach ausführlich gedankt worden, alle Neuerungen des heurigen 60. Opernballs waren verkündet, als Desirée Treichl-Stürgkh, Leiterin des Wiener Opernballs, sich noch einmal in Richtung Mikrofon beugte. Sie wolle noch etwas sagen.

„Neun Opernbälle sind genug“, sagte sie. Der kommende Opernball am 4. Februar werde ihr letzter sein. Danach werde sie ihre Funktion als Organisatorin zurücklegen. „Ich bedanke mich für die Chance. Es hat mir sehr großen Spaß gemacht.“ Auch wenn sie nicht gewusst habe, „wie viel Aufwand“ die unentgeltliche Aufgabe bedeute. Sie hoffe, dass sie etwas weitergebracht habe, „aber ich glaube schon.“

Es war ein echter Überraschungsmoment. Als Staatsoperndirektor Dominique Meyer, neben Treichl-Stürgkh auf dem Podium, das Wort ergreift und sich ausführlich bei seiner Ballorganisatorin bedankt („Was du gemacht hast, war fantastisch. Du hast Berge bewegt“), ist diese sichtlich gerührt, wischt sich mehrmals Tränen von den Wangen. Und dann ist es für einen Moment wirklich still im übervollen Gustav-Mahler-Saal der Staatsoper. Irgendjemand beginnt zu klatschen, Applaus, Standing Ovations für eine immer noch ziemlich gerührte Treichl-Stürgkh.

Die Entscheidung – als Begründung nannte Treichl-Stürkgh, dass sie mehr Zeit für ihre Familie und ihre Arbeit als Magazinherausgeberin haben wolle – dürfte keine leichte gewesen sein. Aber eine, die sie schon im Sommer getroffen hat, wie sie zur APA sagte. Über das Timing der Bekanntgabe könnte man freilich diskutieren. Denn natürlich ist Treichl-Stürgkhs Abgang nun das Thema, das das Programm zum 60. Balljubiläum (siehe nebenstehenden Artikel) in den Schatten stellt. In den neun Jahren als Organisatorin hat Treichl den Ball geprägt, auch als Person. Dabei hatte sie genau das anfangs nicht gewollt.

„Ich werde nicht das Gesicht des Balles sein“, hatte sie 2007 erklärt, als sie sich nach dem Abgang ihrer Vorgängerin, Sacher-Chefin Elisabeth Gürtler, von Operndirektor Ioan Holender zu einer „beratenden Rolle“ überreden ließ. Damals, erzählte sie später der „Presse“, hatte sie sogar ihren Mann, Erste-Bank-Chef Andreas Treichl, zum Gespräch mit Holender mitgenommen, „damit er mich unterstützt und dem Holender das ausredet“. Am Ende hätte Treichl nicht sie, sondern Holender unterstützt. Sie sei „gebauchpinselt“ gewesen, erzählte sie – und habe dennoch Schweißausbrüche erlebt. „Ich habe gedacht, das pack' ich nie.“

Neue Gelassenheit

Sie packte es, und zwar in jenem Stil, in dem sie einst diese Anekdote erzählte: mit Ehrlichkeit und Natürlichkeit, die ihr Wissen um das Comme il faut ergänzen. Mit ihrem Teamgeist brachte sie neue Harmonie in die Organisation. Als dann der milde Dominique Meyer dazustieß, verlor der Opernball endgültig viel von seinem Aufregerpotenzial. Zumal die beiden gebetsmühlenartig das Mantra vom „Ball der Künstler“ wiederholten, Wiens bekanntesten Baumeister in den zweiten Rang verbannten und den Hype um eingekaufte, mehr oder weniger skandalöse Stargäste mit zunehmender Gelassenheit ignorierten, bis er irgendwann (fast) kein Thema mehr war.

Auch, weil Treichl-Stürgkh erkannt hatte, dass man stattdessen andere Geschichten erzählen könnte: etwa jene der jährlichen Verbesserungen – vom überdachten Roten Teppich über neue Bereiche wie die Crystal Bar für den Künstlerempfang bis zum Eisstand. Über die Einbindung junger heimischer Designer verlor der Opernball von seinem leicht verstaubten Image. Schließlich etablierte Treichl-Stürgkh den Ball auch endgültig als Marketingplattform. Womit man wieder bei der langen Pressekonferenz wäre – die heuer ein unvermutetes Ende fand.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2016)

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