Von Debüts und Abschieden am Opernball

Der Jubiläumsball sollte ein Prunkstück werden, so Treichl-Stürgkh – aber mit betont schlichter Deko. Jedermanns Sache war das Schleierkraut aber nicht.
Der Jubiläumsball sollte ein Prunkstück werden, so Treichl-Stürgkh – aber mit betont schlichter Deko. Jedermanns Sache war das Schleierkraut aber nicht.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Wo Debütanten trinken, wo gealterte Ballköniginnen Würstel essen, von Abschieden und einem Debütanten, der wiederkommen will.

Wien. Nach der großen Show ist die Atmosphäre auf dem Opernball – zumindest an manchem Ort – auch nicht anders als auf jedem Schulball. Da sitzt ein Mädchen auf einem Tisch an der Wand und schläft, dort sitzen Debütanten auf dem Boden, trinken Wodka aus der mitgebrachten Flasche und essen Nudeln aus der Tupperbox, daneben liegt eine Debütantin auf einer Decke, ihr Tanzpartner streichelt ihr den Rücken. Am Eingang Schuhe, die mit Lack offenbar eigenhändig weiß angemalt wurden.

Groß sei die Erleichterung, erzählen Debütanten in ihrer Garderobe unter dem Dach. Und geben das zu Protokoll, was man von ihnen erwartet: „Ein Gefühl wie eine Prinzessin“ (Miss Austria Annika Grill), man sei „stolz auf sich selbst“, und natürlich sei das Debüt hier auch ein Statussymbol (Debütant Michael Braunsteiner).

Vom Tratsch und Gelage

Und andere tauschen ein bisschen Debütantentratsch aus. Über die Promi-Söhne und -Töchter unter ihnen (heuer etwa Laurin Wurm oder Dominik und Oliver Heldwein) oder darüber, dass jene, deren Eltern mehr als 40.000 Euro für eine Loge zahlen, angeblich nicht zum Vortanzen müssten.

Unten, im Ballsaal, ist die Maturaball-Atmosphäre dann weit weg. Dort, wo Debütanten (die Damen sind angehalten, den ganzen Abend über weißes Kleid und Tiara zu tragen) unentwegt lächelnd tanzen. „Es ist ein Märchen“, sagt Shakti Pherwani, der mit Tanzpartnerin Aanshi Desai eigens aus Bombay angereist ist – übrigens als erstes indisches Paar, das je eröffnet hat – und das gegen Ende des Balls fast wehmütig ist. „Ein Once-in-a-lifetime-Erlebnis“, sagt sie, „so etwas gibt es nirgendwo sonst.“

Apropos Abschied und Wehmut: Mit Desirée Treichl-Stürgkh und Heinz Fischer haben gleich zwei der zentralen Akteure ihren letzten Ball im Amt verbracht. Erleichtert? „Solang der Ball läuft, fühle ich mich verantwortlich, erleichtert bin ich vielleicht morgen“, sagt Treichl-Stürgkh, die von ihren Jahren als Organisatorin als „wundervolle Zeit“ spricht. Ihr Mann, Banker Andreas Treichl, aber sagt, er freue sich schon auch, wenn sie wieder mehr Zeit für anderes hat: „Ich sag's ganz ehrlich, es gibt sehr viele Sachen, die ich mit meiner Frau lieber mache, als auf den Opernball zu gehen.“

„Einmal ist's der erste, einmal der letzte“, kommentiert Heinz Fischer seinen letzten Ball als Präsident. Er will „niemals nie“ sagen, aber „ich glaube, zwölf Jahre Opernball sind genug“. Schließlich hatte er stundenlang Gäste, die vor seiner Loge für eine Audienz Schlangen standen, zu grüßen. Aber das genieße er, sagte er.

Domingo denkt ans Comeback

Ein zweiter der begehrteren Männer des Abends, wenn nicht der begehrteste, war Opernstar Plácido Domingo. Nach seiner umjubelten Eröffnung mit Sopranistin Olga Peretyatko traf man ihn nach Mitternacht gut gelaunt in der Künstlerlounge auf der Probebühne Carlos Kleiber. „Fantastico! Incredible! Eines der besten Events der Welt“, schwärmte der Spanier im Gespräch mit der „Presse“. Sein Debüt (in Bezug auf die Eröffnung) sei sicher kein Abschied. Kommt er wieder? „Ja, das hoffe ich doch!“ Wohl sehr zur Freude der prominenten Besucher.

Sie alle, die mehr und die gar nicht Prominenten traf man spät in der Nacht dann in der Kantine. Dort, wo der Sekt ein Drittel des Preises in den Bars kostet, dort, wo der Opernsänger neben dem TV-Techniker und der geschätzt Siebzigjährigen in einem Märchenkleid aus Spitze und blitzblauem Tüll beim Würstelessen am Kantinentisch sitzt. Und wo der Opernball dann für einen Moment wieder ein fast gewöhnlicher Ball ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)

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