Juan Carlos dankt ab: "Eine neue Etappe der Hoffnung"

Drei mögliche Herrschergenerationen (v.li.): Spaniens abtretender König Juan Carlos mit seinem Kronprinzen Felipe und dessen erstgeborener Tochter Leonor. Solange Felipe und seine Frau Letizia keinen Sohn bekommen, ist sie die Kronprinzessin.
Drei mögliche Herrschergenerationen (v.li.): Spaniens abtretender König Juan Carlos mit seinem Kronprinzen Felipe und dessen erstgeborener Tochter Leonor. Solange Felipe und seine Frau Letizia keinen Sohn bekommen, ist sie die Kronprinzessin.(c) APA/EPA/SPANISH ROYAL HOUSEHOLD (SPANISH ROYAL HOUSEHOLD)
  • Drucken

Der König informierte Spitzenpolitiker schon im März über seine Pläne. Sein Thronfolger Felipe habe "die Reife und das nötige Verantwortungsbewusstsein" für das Amt.

"Seine Majestät, König Juan Carlos, hat mich gerade über seinen Wunsch informiert, auf den Thron zu verzichten und das Verfahren für die Thronfolge einzuleiten", teilte der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy am Montag in Madrid mit. Prinz Felipe werde die Thronfolge antreten. "Ich bin überzeugt, dass dies der beste Zeitpunkt für einen Wandel ist", erklärte Rajoy.

Am frühen Nachmittag meldete sich der König selbst in einer Radio- und TV-Ansprache zu Wort: Juan Carlos ist nach eigenen Worten stolz auf das, was er in seiner Amtszeit erreicht hat. Er habe sich immer dafür eingesetzt, dass sich Spanien in Freiheit entwickeln könne, sagte der Monarch. Er verzichte auf die spanische Krone, um eine Erneuerung der Monarchie zu ermöglichen, "Fehler zu überwinden und den Weg zu einer besseren Zukunft freizumachen", sagte der 76-Jährige.

Sein Sohn Kronprinz Felipe habe "die Reife, die Vorbereitung und das nötige Verantwortungsbewusstsein", um als neues Staatsoberhaupt an die Spitze Spaniens zu treten. Felipe werde "eine neue Etappe der Hoffnung" begründen, in der sich "die gemachten Erfahrungen und der Schwung einer neuen Generation" vereinten. Ein Termin für die Amtsübergabe wurde noch nicht bekannt gegeben.

Beschluss im Jänner gefasst

Den Entschluss zu seiner Abdankung fasste Juan Carlos im Jänner diesen Jahres, wie die staatliche Nachrichtenagentur EFE unter Berufung auf den Königspalast berichtete. Im März habe der 76-jährige Monarch dann im Abstand weniger Tage Ministerpräsident Rajoy und den sozialistischen Oppositionschef Alfredo Perez Rubalcaba über seinen Schritt informiert.

Der 76-jährige König wird seit Monaten von gesundheitlichen Problemen geplagt. Dennoch traf die Entscheidung Spanien völlig überraschend - eine Abdankung hatte der König bisher strikt ausgeschlossen. Er sei fest entschlossen, das Mandat zu erfüllen, das die spanische Verfassung ihm zuschreibe, sagte der König zuletzt auch in seiner letzten Weihnachtsansprache zum Jahreswechsel.

Rajoy berief für Dienstag eine außerordentliche Kabinettssitzung ein. Damit der König abdanken kann, müsse ein eigenes Gesetz verabschiedet werden, sagte der Ministerpräsident. Eine Abdankung des Monarchen ist im spanischen Rechtssystem bisher nicht vorgesehen. In der Verfassung wird dazu auf ein gesondertes Gesetz verwiesen, das aber bisher nicht verabschiedet wurde.

Er hoffe, dass das Parlament dann schon nach "sehr kurzer Zeit" der Ernennung von König Felipe (46) zustimmen könne, so Rajoy. Er würdigte Juan Carlos als einen "unermüdlichen Verteidiger" spanischer Interessen. Der Prozess der Abdankung werde ein Beweis für die Reife der spanischen Demokratie sein, sagte er.

Kronprinz Felipe ist nach Überzeugung der Regierung bestens vorbereitet, nach der Abdankung seines Vaters Juan Carlos den Thron zu besteigen. "Er ist eine solide Garantie dafür, dass er bei der Ausübung seines Amts als Staatschef die Erwartungen erfüllen wird", sagte Ministerpräsident Mariano Rajoy am Montag in Madrid. "Davon bin ich fest überzeugt."

Vom Helden zum Buhmann

Juan Carlos erwarb sich viel Respekt durch seine Rolle bei der Umwandlung Spaniens in eine Demokratie nach dem Tod des Diktators Francisco Franco im Jahr 1975. Zuletzt litt sein Ansehen aber. Eine luxuriöse Elefantenjagd 2012 inmitten der Rezession sorgte etwa für Negativschlagzeilen. "Es tut mir sehr leid", hatte sich Juan Carlos beim Verlassen des Krankenhauses in Madrid zwar entschuldigt, doch die Affäre blieb an seinem Image haften. In der Klink hatte der Monarch operiert werden müssen, nachdem er sich bei dem Ausflug in Botswana die Hüfte gebrochen hatte.

Die königliche Familie (v.li.): König Juan Carlos, seine Gattin, Königin Sofia, Kronprinz Felipe, dessen Frau, Prinzessin Letizia, die älteste Tochter des Königs, Prinzessin Elena, Prinzessin Cristina und ihr Gatte Inaki Urdangarin, dem Veruntreuung vorgeworfen wird.
Die königliche Familie (v.li.): König Juan Carlos, seine Gattin, Königin Sofia, Kronprinz Felipe, dessen Frau, Prinzessin Letizia, die älteste Tochter des Königs, Prinzessin Elena, Prinzessin Cristina und ihr Gatte Inaki Urdangarin, dem Veruntreuung vorgeworfen wird.(c) APA/EPA/JAVIER LIZON / POOL (JAVIER LIZON / POOL)

Auch in der Familie gab es zuletzt mehrere Skandale, die den Rückhalt für die Monarchie in Spanien schwinden haben lassen. Der Schwiegersohn des Königs soll Staatsgelder in Millionenhöhe unterschlagen haben. Die Anhörung seiner Tochter Cristina, die im Februar vor Gericht zu einem Korruptionsskandal um ihren Ehemann Inaki Urdangarin befragt wurde, war ein Schlag für das Ansehen der Monarchie.

Anfang 2014 waren Umfragen zufolge bereits 62 Prozent der Spanier dafür, dass Juan Carlos abdankt. Nur noch knapp die Hälfte stand hinter der Monarchie. Erst im April hatten sich etwa tausend Menschen in Madrid versammelt, um für die Abschaffung der Monarchie zu demonstrieren. "Für eine dritte Republik", stand auf den Bannern der Demonstranten. Die Gegner der Monarchie demonstrieren jedes Jahr am 14. April und erinnern an die Gründung der zweiten spanischen Republik im Jahr 1931, die durch einen Militärputsch von General Franco im Jahr 1936 und einen dreijährigen Bürgerkrieg beendet wurde. Nach dessen Tod im Jahr 1975 wurde die Monarchie wiederhergestellt. König Juan Carlos wurde Francos Nachfolger als Staatschef Spaniens.

Hoffnungen ruhen auf Felipe

Lediglich die bisher von Skandalen verschonte Königin Sofia und Kronprinz Felipe kommen bei der Umfrage gut weg. Beide konnten sogar in der Beliebtheitsliste der Spanier um fünf Prozent aufsteigen und sich mit rund 67 Prozent Unterstützung die am besten bewerteten Mitglieder der spanischen Königsfamilie. So trauen auch 56,6 Prozent der Befragten eher vom 46-jährigen Thronfolger Felipe als dem Juan Carlos zu, das verloren gegangene Prestige der Monarchie wieder zurückgewinnen zu können.

In Spanien haben in der Thronfolge die Männer noch immer Vorrang vor den Frauen. Fast alle Spanier sind sich einig, dass diese Regelung längst nicht mehr zeitgemäß ist. Die Politiker wagen sich aber nicht an eine Änderung - aus Angst, eine Debatte über die Monarchie auszulösen. Kronprinz Felipe hat außer Cristina noch eine ältere Schwester, Elena. Der künftige König Felipe hat selbst zwei Töchter: Sofia und Leonor.

"Einsatz für die Demokratie"

Frankreichs Präsident Francois Hollande und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel haben die Rolle des scheidenden Königs Juan Carlos für den Demokratieprozess in Spanien nach der Franco-Diktatur gewürdigt. Juan Carlos habe einen entscheidenden Anteil an der Geburt der Demokratie dort. Nach der Franco-Diktatur habe er sein Land auf den Weg zu bürgerlicher und politischer Freiheit geführt, hieß es aus dem Elysée-Palast.

Angela Merkel schätze Juan Carlos sehr, und zwar "persönlich wie auch seine historische Rolle beim Übergang Spaniens in die Demokratie", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Merkel habe Begegnungen mit Juan Carlos in sehr guter Erinnerung. Sie wünsche ihm alles Gute.

Trotz der Affären wird Juan Carlos auch im eigenen Land immer wieder ob seines Einsatzes gelobt. "Ich bin kein Monarchist, aber angesichts der politischen Spannungen ist die konstitutionelle Monarchie für die Demokratie in Spanien von großer Bedeutung", betonte etwa der britische Historiker und Spanien-Kenner Paul Preston, anlässlich des 75. Geburtstags des Königs im Jahr 2013. "Wenn Spanien jetzt eine Republik wäre, ließe sich wohl kaum ein Staatspräsident finden, der seine Amtsgeschäfte so neutral ausüben würde wie der König."

Die spanische Monarchie

Spanien ist eine palamentarische Erbmonarchie. Der Königstitel ist erblich und wird demnächst von Juan Carlos I. auf dessen Sohn Felipe, Fürst von Asturien, übergehen. Der König ist Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Das Königshaus ist vor allem mit repräsentativen Aufgaben betraut. Der König bestätigt aber auch die Gesetzte, die das Parlament beschließt bzw. ernennt und entlässt er den Regierungschef.

Der Ministerpräsident von Spanien (derzeit Mariano Rajoy) wird vom Abgeordnetenhaus gewählt, einer der zwei Kammern des spanischen Parlaments. Dieser schlägt die Minister vor, die der König schließlich offiziell ernennt.

(APA/Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Spanien
Royal

Spanien: Letzter Dienst für die Monarchie

Im 39. Jahr seiner Amtszeit trat König Juan Carlos zurück. Der 76-Jährige ist gesundheitlich und politisch angeschlagen, sein Sohn Felipe soll ihm nachfolgen.
Royal

Felipe, Retter der Krone?

Der 46-jährige Thronfolger ist im Volk bisher sehr beliebt. In seiner Ehe krisle es indes ein wenig, heißt es.
Royal

Monarchien: Generationenwechsel an Europas Königshäusern

In den Niederlanden und in Belgien haben die Nachfolger das Zepter bereits übernommen, in Skandinavien sind die Weichen längst gestellt. Nur in Großbritannien wartet der „ewige“ Thronfolger auf seine Stunde.
Kommentare

Adiós an einen König

Dass Juan Carlos nun doch einsah, dass die Zeit über ihn hinweggegangen ist, nötigt Respekt ab.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.