Vor dem sinnerfassenden Lesen kommt das sinnhafte Schreiben

Large is beautiful oder: Warum uns Bildungstests ermüden und Unterwäschengrößen heikel sind.

Das ist mindestens genauso schwer, wie wir aus leidvoller Erfahrung wissen. Dass jeder Bildungstest der vergangenen zehn- bis fünfzehn Jahre in Österreich mit einem – besonders für ein an und für sich hoch entwickeltes westliches Industrieland – niederschmetternden Ergebnis endet und sich daraufhin weitere zehn bis fünfzehn Jahre nichts ändert, gehört inzwischen zur österreichischen Folklore.

Wie Schule Sinn hat und Spaß macht, zeigt Marko Arnautović in einer Werbespotserie für eine Elektrokette vor. Darin lernt der Fußballer im Einzelunterricht Französisch, um für die Europameisterschaft in Frankreich nicht nur auf dem Platz gut gerüstet zu sein. Auch wenn es natürlich hoch problematisch ist, Werbung für Werbung zu machen: Schauen Sie sich das an! 13 Folgen hat das Ding, quasi eine ganze Miniserien-Season. Und der Zweikampf mit David Alaba, der sich auf ein stilistisch unerklärliches und humortechnisch fragwürdiges Werbeabenteuer mit einer heimischen Möbelkette eingelassen hat, ist damit sozusagen schon im Hinspiel entschieden. Der Popstar im österreichischen Nationalteam heißt Arnautović.

Pardon: Monsieur Arnautović.

Auf eine besondere Form der Werbung setzt nun das britische Unterwäschelabel Neon Moon. Der Textilproduzent verzichtet auf die herkömmlichen Größenangaben S, M, L und ersetzt diese durch die Bezeichnungen „Lovely“, „Gorgeous“ und „Beautiful“. Wohl um den Kunden die Schmach der großen Größen zu ersparen. Wobei noch nicht hundertprozentig klar ist, worin der Gewinn genau liegt, wenn die Verkäuferin vor der Umkleidekabine quer durch den Raum zu einer Kollegin brüllt „Haben wir das auch noch in beautiful?“ Allerdings gilt auch hier, was schon vorher galt: Immerhin machen wir hier Werbung für Werbung.

Ähnlich wie für den führenden Computerhersteller machen auch für den schicken Elektroautohersteller mit dem dynamischen Chef Medien rund um den Globus Gratiswerbung. Nun wurde unter großer Anteilnahme ein Mittelklasse-E-Auto für 35.000 Euro präsentiert. Kaufen kann man es allerdings erst Ende 2017 (!). Bis dahin gibt es sicher schon den nächsten Bildungstest. Aber dafür muss niemand Werbung machen...

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2016)

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