Walk of Häme

Generation Roger Moore

Generation Roger Moore oder: Warum unser James immer Roger bleiben wird, obwohl Sean cooler ist.

Die Welt ist unübersichtlicher geworden, heißt es immer. Und obwohl man davon ausgehen kann, dass die jeweiligen Zeitgenossen ihre Welt immer schon als unübersichtlich empfunden haben, ändern sich zumindest die verlässlichen Orientierungspunkte. Der aktuelle James-Bond-Darsteller als Landmarke zum Beispiel.

Das mag heutzutage keine wirkliche Kategorie mehr sein, Daniel Craig hat man schon einmal gehört, ja, aber jeder einzelne „Game of Thrones“-Darsteller hat mehr Relevanz im Showbusiness. Als man aber zur gelegentlichen Zerstreuung noch auf grauenvolle Samstaghauptabendshows angewiesen war, da war James Bond noch etwas. Ein neuer James-Bond-Streifen war so etwas wie ein Kinoereignis, das Bond-Girl der Inbegriff von begehrenswert (auch Grace Jones haben wir übrigens auf diesem Wege kennengelernt), und Autos sollten seither für uns nicht nur fahren können, sondern auch schwimmen, fliegen und auf Knopfdruck die Nummertafeln wechseln können.

Wir gehörten also der Generation Roger Moore an, der diese Woche verstorben ist. Für uns war Moore der verwegenste Geheimagent der Welt, obwohl wir dafür von jenen mitleidig belächelt wurden, die mit Sean Connery als James Bond aufgewachsen waren. Mit demselben Gesichtsausdruck, mit dem wir später so windige Typen wie Timothy Dalton und Pierce Brosnan begegnet sind, die doch glatt von sich behaupteten, Bond zu sein.

Natürlich wissen wir heute längst, Sean Connery ist viel cooler als Roger Moore, was aber auch viel damit zu tun hat, dass die Sechziger und frühen Siebziger einfach immer besser ausschauen als die Achtziger. Aber unser James wird trotzdem Roger bleiben.

Damals war das mit dem Bösewicht überhaupt noch einfacher. Der war in der Regel Russe oder skrupelloser Geschäftsmann, was die Orientierung doch erheblich erleichtert hat. Heute ist der Bösewicht manchmal auch Amerikaner, skrupelloser Geschäftsmann und US-Präsident in einer Person, da soll sich noch jemand auskennen.

Bevor Donald Trump übrigens zu seinem Rundumschlagbesuch nach Europa aufgebrochen ist, hat er als erster US-Präsident die Klagemauer in Jerusalem besucht. Eigentlich kein Wunder, für Mauern scheint er ja eine Schwäche zu haben . . .

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2017)

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