Walk of Häme: "Brokeback Mountain"

Helium-Maradona und "Brokeback Mountain"-Jogi oder warum sich die WM in Südafrika auch für Mode-Interessierte lohnt.

Wer sich für Fußball interessiert, schaut derzeit Fußball. Wer sich für Mode interessiert, auch. Denn die Fußball-WM in Südafrika bietet aufgrund der verschiedenen Klimazonen im afrikanischen Winter mehr als das übliche Einerlei aus Trainern im Trainings- und Trainern im Maßanzug. Dafür sorgt der südafrikanische Winter mit Temperaturunterschieden zwischen wärmerer Küste und winterlichem Landesinneren von zwanzig Grad und mehr. Deshalb trägt der finstere US-Betreuer auch Sportdaune, während der Helium-Maradona seine Argentinier im grauen Frühlingszwirn anfeuert.

Während der brasilianische Coach Dunga bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in Johannesburg im Spiel gegen Nordkorea in einer dicken grauen Wolljacke mit großen Knöpfen gute Figur machte, präsentierte sich das deutsche Trainerduo Jogi Löw und Hansi Pflügler im „Brokeback Mountain“-Twinset (helles T-Shirt mit durchgeknöpfter dunkelblauer Weste) im frühlingshaften Port Elizabeth. Dieser Handarbeitslehrer-Style auf der deutschen Bank ist wohl eine Reaktion auf die Wirtschaftskrise. Aufgekrempeltes blaues Hemd mit offenem Kragen (wie im Duett mit Jürgen Klinsmann) war dann doch irgendwie zu sehr Finanzhai-Style.

Auf dem Platz überzeugen vor allem die Elfenbeinküste und Ghana mit eng geschnittenen Trikots, die sie sich definitiv leisten können; die Franzosen sind figurtechnisch auch très chic, wenn auch fußballerisch nicht wirklich Prêt-à-porter-fähig. Die Italiener dagegen verströmen das Flair einer alternden Piratenbesatzung, die beim „Fluch der Karibik“-Casting Chancen hätte. Geschlagen nur noch von den Kickern von der Stange aus Nordkorea, die zwar bei der Nationalhymne weinen, aber danach auch dann nicht mehr, wenn schon die Sanitäter auf den Platz eilen.

Interessant auch so manche nationale Durchmischung. Während England mit Fabio Capello passend zum quadratischen Wayne Rooney den wohl vierschrötigsten verfügbaren Italiener abbekommen hat, ist mit Othmar Hitzfeld der schweizerischste lebende Deutsche für das Toblerone-Land tätig.

Wer sich übrigens weder für Mode noch für Fußball interessiert, wurde gestern mit dem Aristo-Hochzeitsmarathon aus Schweden entschädigt. Auch sehr schön – und ganz ohne Vuvuzelas.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2010)

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