Sagt der Diesel zum Akku...

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Volvo kombiniert im V60-Plug-in-Hybrid einen großen Diesel- mit einem kleinen Elektromotor. Das funktioniert gar nicht schlecht. Es bleibt aber ein Aber.

Gerade rechtzeitig vor Ostern hat uns Volvo ein Überraschungsei ins Nest gelegt: Statt Schokolade, Spielzeug und Spannung warten Power, Hybrid und Elektro mit unserem ziemlich runden Test-Plug-in-Hybrid-V60, einer der seltenen Diesel-Elektro-Kombinationen auf dem Automobilmarkt. (Übrigens: Warum eigentlich, fragt sich der Volvo-Sympathisant, wird die Schweden-Modellpalette immer runder? Ganz objektiv geht in eckig deutlich mehr rein und man sieht besser raus, ganz subjektiv war eckig immer der Grund, warum man einen Volvo gekauft hat –, aber man muss ja nicht alles verstehen).

Eindeutig Schokolade

Die Schokolade ist im vorliegenden Fall ein klassischer Dieselkombi. Also das, was uns bei Volvo ohnehin immer schon am besten geschmeckt hat. Unter der Haube ist immer noch der bekannt-bewährte, nicht mehr rasend moderne Fünfzylinderdiesel mit inzwischen 215 PS verbaut. Zusammen mit dem Elektromotor stehen im Powermodus damit 283 PS zur Verfügung. Ja, immer noch eindeutig Schokolade! Da der Analogteil dieses Auto schon getestet wurde, als man über Hybrid- und Elektroautos recht wenig wusste, hier nur das bekannte, immer noch gültige Fazit: Es gibt immer noch wenige Autos, mit denen es sich so komfortabel, unaufgeregt, sicher und rasant reisen lässt wie mit einem Volvo-Kombi.

Nun zum Spielzeug, um beim Überraschungsei-Bild zu bleiben: Neben dem Dieselmotor ist noch ein 68-PS-Elektromotor verbaut. Den kann man zu Hause an der Steckdose laden (ca. fünf Stunden), um dann im Elektromodus ohne einen Tropfen Diesel fahren zu können. In der Praxis können rund 35 Kilometer mit vollem Akku problemlos absolviert werden – Reserven inklusive. Dazu muss man allerdings das Auto schon täglich an die Steckdose hängen.

Das funktioniert zwar klaglos, allerdings müht sich der Elektromotor mit dem über zwei Tonnen schweren Kombi spürbar. Damit geht aber so ziemlich alles verloren, was die Faszination der Elektromobilität ausmacht: das müheloses Beschleunigen, das getriebelose Cruisen, die leise Leichtigkeit. Wir wissen nicht, warum uns das gerade jetzt einfällt: Wahrscheinlich könnte man auch einen Windpark sinnvoll mit einem Atomkraftwerk kombinieren. Auf die Idee ist bisher trotzdem keiner gekommen. Im Normalbetrieb wird man allerdings weder den Vollgas- noch den Strommodus wählen, sondern einen Hybrid-Volvo fahren. Der rekuperiert aus dem regulären Dieselfahrbertieb immer wieder so viel Energie, dass auch auf der Autobahn unvermittelt der Motor ausgeht. Also der Dieselmotor.

Es bleibt ein Hybrid-Volvo

Damit steigt die Reichweite des Autos im Test auf 900 Kilometer bei 45 Litern Tankinhalt. Die 1,8 Liter auf hundert Kilometer, die im Datenblatt stehen, sind eindeutig schöngerechnet. Auf den Wert kommt man nämlich nur, wenn man innerorts konsequent einen Nullverbrauch annimmt. Was erstens wegen der Elektroreichweite wenig realistisch ist (ein voller Dieseltank lässt beim Aufladen schludern) und zweitens das Faktum unbeachtet lässt, dass ja auch das Fahren mit Strom etwas kostet. Die einfache Division bringt fünf Liter auf 100 Kilometer als Ergebnis. Was für einen mehr als kräftigen Kombi kein schlechter Wert ist, aber Hallo schreit 2014 deswegen auch keiner. Womit wir beim Punkt Spannung angekommen sind. Wer ist tatsächlich bereit, die 59.500 Euro aus der Preisliste für einen tadellosen Mittelklassekombi mit sehr wenig Kofferraum (304 Liter, die Batterie will schließlich auch noch irgendwo untergebracht werden) auszulegen?

Denn selbst, wenn man einräumt, dass ein Dieselmotor auf der Langstrecke verbrauchstechnisch noch das Maß der Dinge ist, und der Elektromotor in der Stadt die Zukunftsperspektive, ist die Lösung offenbar nicht die simple Kombination von beidem. Die Ingenieure werden also noch weitersuchen müssen. Auch nach Ostern.

IN KÜRZE

Der Volvo V60-Plug-in-Hybrid ist die erste Kombination aus Dieselmotor (215 PS) und Elektroantrieb (68PS). Der 2058 Kilo schwere Kombi verbraucht im Test ca. fünf Liter Diesel auf 100 Kilometer. Allerdings nur, wenn man auch den Elektromotor extern auflädt, was man in die Verbrauchsrechnung einbeziehen müsste.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2014)

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