Russisches Finale in Salzburg

Die Berliner Philharmoniker beschlossen die Festspiele mit Strawinsky und Rachmaninow.

Geschwätziger Abklatsch einer längst vergangenen Ära oder doch ein Meisterwerk? Bei der Uraufführung von Rachmaninows „Symphonischen Tänzen“ 1941 in Philadelphia setzte sich die negative Meinung durch: So altmodisch romantisch könne man nicht mehr komponieren. Olin Downes, Kritiker der „New York Times“, stand mit seiner positiven Beurteilung ziemlich allein da: Hatte er sich schon davor mit dieser Novität befasst? Tatsächlich, wer von Rachmaninow nur dessen populäres cis-Moll-Prélude oder das zweite Klavierkonzert kannte, musste von diesen „Symphonischen Tänzen“ irritiert gewesen sein: Sie sprechen eine ganz andere, vielschichtigere Sprache. Rachmaninow blickt auf frühere Werke zurück, bringt eine pointierte walzerselige Tschaikowsky-Hommage, greift die von Berlioz initiierte Idee des symphonischen Höllentanzes auf, zitiert ein letztes Mal das „Dies irae“-Motiv, das ihn seit seinen Jugendtagen beschäftigt hat. Kurz: eine Rückschau auf ein aufregendes Musikerleben. Tatsächlich hat Rachmaninow damit sein Schaffen abgeschlossen, sieht man von einer kleinen Tschaikowsky-Transkription und der Revision seines vierten Klavierkonzerts ab.

Brillante Berliner Philharmoniker

Jedenfalls sind diese Tänze ideal, um die Qualitäten eines Orchesters zu zeigen. Klangliche Eruptionen wechseln oft unvermittelt mit subtilen, lichten Passagen, einschmeichelnde Walzermelodien verdrängen düstere Akkorde. Vor allem im ersten Satz ist es schwierig, die unterschiedlichen Atmosphären zu einem stimmigen Ganzen zu bündeln. Offenbar nicht für Simon Rattle an der Spitze seiner brillanten Berliner. Sie spielten die komplexe, raffiniert orchestrierte Partitur durchsichtig und mit der geforderten differenzierten Dynamik. Wirkungssicher, mit plastisch modellierten Details, ohne jeden Anflug von falschem Sentiment.

Meisterhaft exakt auch Strawinskys hier einmal in ihrer ganzen Länge musizierte „Feuervogel“-Ballettmusik, auch sie ein Kernstück in Rattles Repertoire. Aber im Vergleich mit dem Rachmaninow davor wirkte diese gleichwohl minuziös erarbeitete Darstellung weniger spontan und spannend, im Auskosten der Effekte und Farben zu zurückhaltend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2014)

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