Schule oder Firma: Wer profitiert von Schulwerbung?

(c) Harald Hofmeister
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Ein McDonald's-Plakat im Turnsaal, ein Fruchttigerinserat im Mitteilungsheft und Referate von Bankmitarbeitern: Die Grünen fordern Transparenz bei Werbeeinnahmen und Werbewert.

Wien. Im laufenden Schuljahr wird noch zehn Mal ein Bankangestellter in ein Wiener Gymnasium spazieren. Er wird sich vor die Schüler stellen und eine Stunde reden – nicht nur über sein Finanzwissen, sondern auch über spezielle Jugend-Angebote seiner Bank.

So sieht es zumindest die „Vereinbarung zum Schulsponsoring“ vor, die zwischen Schule und Bank geschlossen wurde. Für 2250 Euro pro Jahr sichert sich die Bank in dieser Vereinbarung außerdem die Rechte, ein großes Plakat im Eingangsbereich der Schule aufzuhängen, bei Schulveranstaltungen Werbegeschenke zu verteilen und den Lehrern einmal pro Jahr einen Werbebrief zu schicken.

Verträge wie dieser sind an den heimischen Schulen kein Einzelfall. Daher soll hier auch weder die konkrete Schule noch die Bank namentlich genannt werden. Kooperationen mit Banken sind wie McDonald's-Plakate im Turnsaal und Fruchttigerinserate in Mitteilungsheften seit einer Gesetzesänderung im Jahr 1997 Usus. Erlaubt ist Werbung seither, solange sie nicht mit dem Schulorganisationsgesetz in Konflikt steht. Einzig für Alkohol, Tabak, Sekten und politische Parteien darf nicht geworben werden.

Diese Einschränkungen lassen die Kritik an Werbung in der Schule aber nicht verstummen. „Es ist eine Schande, dass der Staat die Schulen in diese Sackgasse treibt“, sagt Berivan Aslan, grüne Konsumentenschutzsprecherin, im Gespräch mit der „Presse“. Direktoren seien aufgrund knapper Budgets de facto dazu gezwungen, Werbung zuzulassen. Die Grünen haben das Thema nun auf ihre politische Agenda gesetzt und fordern mehr Transparenz bei der Schulwerbung.

Die Vermutung der Grünen: Werbung in Schulen dürfte vor allem für Unternehmen und Werbeagenturen gewinnbringend sein – und nicht für die Schulen selbst. Belegt ist das (noch) nicht. Deshalb haben die Grünen einen Antrag im Nationalrat eingebracht. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) solle den Umfang der Werbeverträge zwischen Schulen und Unternehmen erheben lassen. Die Werbeeinnahmen sollen dann dem tatsächlichen Werbewert gegenübergestellt werden.

„Das ist ein großer Patzen“

An den Schulen selbst sieht man das nicht ganz so kritisch: An der Handelsakademie Polgarstraße im 22.Wiener Gemeindebezirk hängen beim Eingang und im Stiegenhaus fünf große Plakate. Mehr als tausend Schüler gehen daran täglich mehrmals vorbei. Der Schule bringt das nicht einmal tausend Euro – nicht pro Monat, sondern pro Jahr.

Direktor Christian Posad ist mit dieser Summe dennoch zufrieden. „Rund 95 Prozent meines Budgets sind Durchlaufposten. Der Anteil des frei verfügbaren Geldes ist verschwindend gering. Wenn ich ein paar tausend Euro durch Werbung einnehme, dann ist das für mich ein großer Patzen“, so Posad. Die gesamten Werbeeinnahmen machen immerhin zehn Prozent des frei verfügbaren Geldes aus.

Bedarf für eine gesetzliche Änderungen sieht der Direktor nicht: Immerhin könne er selbst darüber entscheiden, wie viele und welche Werbungen er in seiner Schule erlaube. „Erstens lasse ich mir meine Schule nicht zupflastern. Und zweitens ist eine Vorabkontrolle der Plakate unabdingbar – und die nehme ich auch vor“, so Posad. Sexistische Plakate kämen ihm nicht in die Schule, über Plakate von Fachhochschulen freue er sich aber etwa.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) sieht das Ganze sehr viel kritischer: „Marketingfirmen verdienen sich im Vergleich zu den Schulen dumm und dämlich“, sagt Peter Kolba. In einem Fall hat der VKI zuletzt eine Verbandsklage beim Wiener Handelsgericht eingebracht. Es ging um ein Mitteilungsheft, das an 800 Volksschulen verteilt wurde. Auf einem Drittel der 60 Seiten war Werbung abgedruckt. Alles, was die Schulen fürs Verteilen erhielten, war das Mitteilungsheft selbst. Dabei verlangt die Firma Young Enterprises Media GmbH, die das Heft produziert hat, zumindest laut Listenpreis allein für ein Logo am Cover 11.110 Euro, ein gut platziertes Inserat kostet 18.880.

Geld für wichtige Projekte

Das Handelsgericht entschied – nicht rechtskräftig –, dass werbefinanzierte Mitteilungshefte grundsätzlich okay sind, hielt das Ausmaß in diesem Fall aber für übertrieben. Das Heft ist nun mit abgespecktem Werbeumfang am Markt. Die Firma „Young Enterprises“ verteidigt sich: Das Mitteilungsheft sei kein großer Gewinnbringer. Außerdem helfe man durch Werbung, die Schulbudgets aufzubessern: Mehr als zwei Millionen Euro seien in den vergangenen Jahren an Schulen überwiesen worden. Geld, das dort dringend für Computer, Bücher und die Unterstützung sozial bedürftiger Schüler bei der Teilnahme an Ausflüge benötigt worden sei, so Geschäftsführer Stefan Siegl.

Mit der Forderung nach mehr Transparenz kann er sich durchaus anfreunden. Schulwerbung dürfe aber nicht per se in ein schlechtes Licht gerückt werden. Denn: „Gibt es keine Schulwerbung mehr, dann hängen eben draußen die Plakate, die den Schulen drinnen Geld bringen würden.“

AUF EINEN BLICK

Werbung ist in Schulen seit einer Gesetzesänderung im Jahr 1997 erlaubt. Voraussetzung ist dabei, dass die Aufgaben der österreichischen Schule, die im Schulunterrichtsgesetz verankert sind, nicht beeinträchtigt werden. Das heißt: Es darf nicht für Alkohol, Tabak, Sekten oder politische Parteien geworben werden. Die Entscheidung, welche Plakate in der Schule aufgehängt werden, liegt beim Direktor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2014)

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