Azzedine Alaïa: Ein begnadeter Erzähler

(c) Sarah Beeby
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Der Tunesier Azzedine Alaïa wird von Modeconnoisseurs seit Langem gefeiert. Sein erstes Parfum macht ihn nun weltbekannt.

Als nach einer langen Phase der Renovierung das berühmte Musée de la mode in Paris 2013 wieder seine Pforten öffnete, widmete es die erste große Einzelausstellung dem in Paris lebenden Tunesier Azzedine Alaïa. Im Gespräch mit dem „Schaufenster“ fand Museumsdirektor Olivier Saillard folgende Worte zur Erklärung dieser Entscheidung: „Alaïa ist einer der letzten wirklich großen Couturiers unserer Zeit. Und da er in Tunis ein Bildhauereistudium absolviert hat, versteht er sich auch darauf, ein Kleidungsstück am Körper zu modellieren.“

Tatsächlich ist es auch dieses skulpturale Arbeiten, die vollendete Auseinandersetzung mit dem Körper der Trägerin, die Alaïas Kundinnen an ihm besonders schätzen. Seit er in den späten Siebzigerjahren begann, in Paris für anfangs nur wenige Insiderinnen seine Kreationen zu schaffen, ist er allmählich zu einem der wichtigsten Vertreter der sogenannten Body-Con-Mode geworden: Das Kürzel für Body Conscious bezeichnet eben Kleider, die zwischen Haut und Gewebe nicht sehr viel Luft vorsehen. Wer sich mit Stunden unerbittlicher Hardcore-Fitness auf einen Red-Carpet-Auftritt vorbereitet hat, schätzt das besondere Modelliervermögen Alaïas. Dementsprechend lang ist die Liste seiner prominenten Kundinnen in Hollywood. Doch während Azzedine Alaïa nun seit bald vier Jahrzehnten in Paris gefeierte Luxusmode macht, hat er sich bis zur Vorstellung seines ersten Parfums erstaunlich viel Zeit gelassen. Vor wenigen Wochen wurde nun sein duftender Erstling lanciert, als Lizenz der Shiseido-Tochter Beauté Prestige International (BPI).

(c) Beigestellt

Kreative Tafelrunde. „Alaïa ist ein Designer, der sich bei seinen Kollektionen um alles selbst kümmert“, sagte BPIVizepräsidentin Nathalie Helloin-Kamel bei der Präsentation des Dufts. „Auch bei unserem Projekt bestand er darauf, sich von Anfang an einzubringen. Er ist ein echter Kontrollfreak, im besten Sinn des Wortes.“ Oder auch ein Küchenchef: Denn ein legendärer Ort in Alaïas Welt ist „la cuisine“ in jenem Stadthaus im Marais, wo sich auch sein Atelier befindet. Da trifft er Mitarbeiter und Vertraute wie die „10 Corso Como“-Gründerin Carla Sozzani oder den Modefotografen Paolo Roversi.

„Für mich war die Arbeitsweise von Monsieur Alaïa anfangs ungewohnt“, gab Helloin-Kamel zu. „So viele Menschen sitzen stundenlang um einen Tisch und unterhalten sich über alles Mögliche. Auch bei der Entstehung des Parfums waren immer alle anwesend und konnten sich einbringen.“ Üblicherweise hat etwa eine Parfumeurin wenig mit dem Designer eines Flakons zu tun, und die Verantwortlichen für die Werbekampagne bringen sich nicht in das Entstehen eines Duftes ein. Doch durch den Austausch aller Beteiligten ergeben sich mitunter neue Erkenntnisse. Ausgangspunkt für die Komposition des Parfums war etwa der Wunsch von Azzedine Alaïa, dass es „um das Thema Wasser“ gehen sollte. Dass damit aber nicht ein klassisch aquatischer Duft gemeint war, wurde der Parfumeurin Marie Salamagne klar, als der Couturier aus seiner Kindheit erzählte. Das Thema entsprang einer Erinnerung an Alaïas Großmutter, die in Tunis mit feuchten Leintüchern die Räume zu kühlen pflegte. So entschied sich Marie Salamagne für eine vordergründig fast fruchtige Komposition, deren Kopfnote etwa von rosa Pfeffer getragen wird. Später dominieren Blüten wie Pfingstrose und Fresie, ehe eine Moschus-Basis dem Duft eine wärmere, gediegene Anmutung verleiht. „Oft muss ein Parfum sehr schnell seinen Charakter offenbaren, es fehlt die Zeit für längere Entwicklungen“, sagt Marie Salamagne. „Monsieur Alaïa hat sich dem bewusst verweigert und wollte ein Parfum, das ihm zur Gänze entspricht.“

(c) Pierre Antoine

Für die Präsentation dieses Herzensprojekts von Azzedine Alaïa wurde schließlich im Marais eine Party mit Flamenco-Musik und spanischem Thema ausgerichtet. Auf die Frage, warum er sich für dieses spanische Motto entschieden habe, meinte Alaïa zum „Schaufenster“: „Ebenfalls wegen meiner Großmutter. Sie hatte spanische Wurzeln und liebte es immer, große Feste zu feiern.“ Es ist also eine sehr persönliche, nostalgische Hommage an einen geliebten Menschen, die eine der interessantesten Parfumpremieren dieser Saison trägt.

Der Autor reiste auf Einladung von Beauté Prestige International nach Paris.

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