Neue Designer: Zeitenwende

Hermès. Die erste Kollektion von  Nadège Vanhee-Cybulski erwies  Klassikern des Hauses wie der Rocabar-Pferdedecke Reverenz.
Hermès. Die erste Kollektion von Nadège Vanhee-Cybulski erwies Klassikern des Hauses wie der Rocabar-Pferdedecke Reverenz.(c) REUTERS (GONZALO FUENTES)
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Bei zahlreichen Maisons kommen in dieser Saison die Kollektionspremieren neuer Designer in den Handel. Anderswo zeichnen sich Rochaden erst ab.

Über den „Rhythmus, wo ich immer mit muss“, ächzte Stephan Remmler einst in seinem Hit „Keine Sterne in Athen“. Eigentlich würde dieser Neue-Deutsche-Welle-Hit auch ganz gut in die Playlist von Modeprofis passen. Selbst wenn sie sich nämlich nicht vor Urlaubsreisen mit Lebensabschnittspartnern scheuen („Ich hab den Urlaub nicht gewollt, du hast gesagt, es müsste sein“), erleben sie angesichts der sich überschlagenden Ereignisse wohl nicht selten den Rhythmus der Branche als etwas gar zu flott.

Gucci. Alessandro Michele wurde  intern nachbesetzt. Seine Premiere markiert einen Generationswechsel.
Gucci. Alessandro Michele wurde intern nachbesetzt. Seine Premiere markiert einen Generationswechsel.(c) REUTERS (ALESSANDRO BIANCHI)

Zuletzt, also vor etwa sechs Monaten, waren etwa wieder einige Designerrochaden, Neubesetzungen, Um- und Aufstiege in den Kreativabteilungen zu verzeichnen. Die Kollektionspremieren aber, die im März über die Laufstege geschickt und da ausgiebig rezensiert wurden, kommen ja dieser Tage erst in den Handel – Grund genug für eine kleine Gedächtnisstütze.

Pucci. Peter Dundas zog den Hut und weiter zu Cavalli. Sein Nachfolger ist MSGM-Gründer Massimo Giornetti.
Pucci. Peter Dundas zog den Hut und weiter zu Cavalli. Sein Nachfolger ist MSGM-Gründer Massimo Giornetti.(c) REUTERS (ALESSANDRO BIANCHI)

Ehrerbietung mit Grenzen. Besonders gespannt war das fahrende Modevolk auf die Entwürfe von John Galliano für das Maison Margiela: Galliano, einst unrühmlichst bei Dior nach einem Pro-Hitler-Sager in den Ruhestand geschickt, wurde als Nachnachfolger des stets unaufgeregt, zurückhaltend und reserviert agierenden Martin Margiela geholt. Größere Gegensätze zwischen zwei Persönlichkeiten gibt es wohl kaum, und in der Tat hielt sich Galliano höchstens bei der überschaubaren Haute-Couture-Premiere für das Maison mit Margiela-Codes auf. Seine erste Prêt-à-porter-Kollektion, die nun in den Handel kommt, war schon „back on Galliano track“: schrill, laut, respektlos. Diesel-Gründer Renzo Rosso, dem Margiela gehört, dürfte sich genau das erwartet haben. Weniger laut ging naturgemäß Nadège Vanhee-Cybulski ihre Aufgabe als neue Hausdesignerin bei Hermès an: Sie kennt das Haus mit Stammsitz in der Rue Saint-Honoré seit Langem sehr gut – entsprechend viel Takt und Feingefühl bewies sie mit ihrer ersten Kollektion, die an vielen Stellen die Hermès-DNA zitiert. Die als
„Selliers“, als Sattelmacher, bekannt gewordene Dynastie dürfte sich über Capes aus Rocabar-Pferdedecken als Reverenz gefreut haben.

Mulberry. Johnny Coca ist neu bei  Mulberry und hat eben zu arbeiten begonnen. Davor werkte ein Kreativteam.
Mulberry. Johnny Coca ist neu bei Mulberry und hat eben zu arbeiten begonnen. Davor werkte ein Kreativteam.(c) Beigestellt

Auf einen unrühmlichen Abgang folgte die Neubesetzung von Alessandro Michele bei Gucci: Er war schon unter Frida Giannini, die ihren Hut ziehen musste, Teil des Designteams gewesen, gab dem Label aber sofort eine neue Richtung und legte zugleich eine der beachtetsten, tonangebenden Kollektionen dieser Saison vor. Damit schaffte er etwas, was man bei Gucci schon länger nicht gesehen hat.

Große Erwartungen werden ohnehin an alle neuen Designer bei ihren ersten Vorschlägen für eine Marke gestellt. Bei Nina Ricci erhofft man sich von dem relativ jungen Designer Guillaume Henry die Erweckung aus dem kommerziellen Dornröschenschlaf: Mit einer besonderen Sensibilität schaffte er es, der weitgehend unbekannten Pariser Marke Carven neues Leben einzuhauchen. Sein Vorgänger, Peter Copping, indessen wurde nach New York als Nachfolger des 2014 verstorbenen Oscar de la Renta berufen: Der Hype, den er bei Nina Ricci nicht wirklich auszulösen vermochte, war ihm in diesem Modehaus schon eher beschert. Und so gilt wohl auch in dieser Branche: Mit neu gemischten Karten lässt es sich unvorbelastet aufspielen.

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