Massenphänomen Drohnen: Die luftige Landplage

Drohnen, die filmen und Fotos machen, sind in den USA schon längst zum Massenphänomen geworden – mit unangenehmen Folgen.
Drohnen, die filmen und Fotos machen, sind in den USA schon längst zum Massenphänomen geworden – mit unangenehmen Folgen. (c) APA/AFP/GEORGES GOBET
  • Drucken

In den USA ist die Zahl privater Drohnen in den vergangenen zwei Jahren explodiert. Das führte zu mehr Unfällen – und immer mehr Verboten.

Wenn Bilder in sozialen Medien zur Währung des persönlichen Erfolgs werden, muss man etwas tun, um mit der Konkurrenz Schritt zu halten. Das ging zuerst noch mit schlichten Selfies, die immerhin einzelne tragische Abstürze an besonders malerischen Orten zur Folge hatten. Der nächste Trend waren Selfie-Sticks, die mancherorts als so lästig empfunden wurden, dass ihre Benutzung behördlicherseits vom Metropolitan Museum in New York bis zur Verbotenen Stadt in Peking untersagt wurde. Nun taucht bereits die nächste Plage am Horizont auf, oder eher am Himmel: Foto- und Kameradrohnen, mit denen zumindest in den USA nach dem perfekten Urlaubsbild gejagt wird. Und das in so einem Ausmaß, dass sich nicht nur die gefährlichen Unfälle häufen, sondern auch die weitreichenden Verbote.

Fröhliche Laien. Denn inzwischen sind die Geräte nicht nur in den Händen von Profis – wobei auch diese Unfälle nicht immer verhindern können, wie der Beinahe-Crash von Marcel Hirscher mit einer Kameradrohne beim beim Slalom in Madonna di Campiglio im vergangenen Dezember gezeigt hat. Sondern immer häufiger auch im Besitz von Laien, die in ihnen die Weiterentwicklung des Selfie-Sticks sehen – sich oder andere damit aber in Gefahr bringen. Der Amerikaner Sean Nivin Riddle ließ etwa seine Drohne in das Empire State Building in Manhattan krachen und es sich dann nicht nehmen, darüber zu twittern – was der Polizei bei seiner Verhaftung sehr entgegenkam. Der Konzertbesucher, dessen Drohne Sänger Enrique Iglesias bei einem Open-Air-Konzert auf offener Bühne 2015 im mexikanischen Tijuana verletzte, war zumindest schlau genug, von einer Veröffentlichung Abstand zu nehmen. So wie der unbekannte Drohnenbesitzer, der sein Gerät in das Riesenrad von Seattle krachen ließ. Die bisher wohl traurigsten Schlagzeilen machte der Brite Simon Evans, dessen Drohne beim Absturz ein Kleinkind so schwer verletzte, dass es ein Auge verlor.

Erst vor wenigen Wochen sorgte ein Vorfall auf dem Münchener Flughafen für Aufregung, bei dem eine Drohne einem Airbus gefährlich nahe kam. Wenige Monate davor, im April, war eine Drohne auf dem Flughafen London Heathrow Berichten zufolge mit einem Flugzeug kollidiert.

Während Österreich von derartigen Unfällen noch verschont geblieben ist (ein ÖAMTC-Notarzthubschrauer konnte am Montag eine Kollision gerade noch verhindern) und sich das unbemannte Fluggerät hier noch nicht zu einem Massenphänomen entwickelt hat, ziehen in den USA die Behörden erste Konsequenzen. Denn natürlich gibt es dort – wie in Österreich – Vorschriften, was die Geräte in welcher Ausstattung und Kategorie wo dürfen. Zum Beispiel dürfen sie nicht in der Nähe von Flughäfen genutzt werden und keine Personen ohne deren Einwilligung fotografieren. Die Überwachung gestaltet sich vom Boden aus aber naturgemäß schwierig.

Zumal der Verkauf privater Drohnen in den USA zeitweilig explosionsartige Zuwächse verzeichnete, wie die „Washington Post“ unter Bezugnahme auf die Consumer Technology Association jüngst berichtete: Demnach stieg die Zahl der verkauften Drohnen von 450.000 (2014) auf 1,14 Millionen (2015), für das Jahr 2016 werden 2,8 Millionen erwartet .

No Fly Zones. Mittlerweile wird daher in ganzen Regionen der Einsatz der fliegenden Kameras verboten. Die Liste der No Fly Zones wird ständig aktualisiert und erweitert, denn noch wird täglich dazugelernt, wo private Hobby-Fotografen den Einsatz ihrer Geräte für angemessen halten. So sah sich die für den Luftverkehr in den USA zuständige Federal Aviation Administration (FAA) im Juli 2015, während der schweren Waldbrände im Westen der USA, dazu genötigt, eine Presseaussendung mit dem Titel „Wildfires and Drones don't mix“ – „Waldbrände und Drohnen passen nicht zueinander“ – auszusenden. Darin wies die FFA darauf hin, dass Drohnen die Sicherheit der Feuerwehrleute gefährden, die die Brände aus der Luft bekämpfen. Ein Vergehen wurde mit empfindlichen Strafen von bis zu 22.500 Euro geahndet.

Auch alle Nationalparks der USA haben die fliegenden Kameras mittlerweile von ihrem Gelände verbannt. Dazu gehören berühmte Touristenziele wie der Grand Canyon, der Yosemite- und Yellowstone-Nationalpark. „Wir sind ernsthaft über die negativen Auswirkungen, die diese unbemannten Fluggeräte auf unsere National Parks haben, besorgt. Und werden sie deshalb so lang verbieten, bis wir eine Vorgehensweise gefunden haben, die sowohl die Natur in den Parks schützt als auch eine positive Erfahrung für unsere Besucher sicherstellt“, erklärte National-Park-Service-Direktor Jonathan B. Jarvis bei der Einführung des Verbots. Auch bei anderen Touristenattraktionen sind die fliegenden Augen verboten: Alle Disney-Parks in den USA haben entsprechende Regeln in Kraft und setzen diese auch durch.

Informationskampagne. Um der wachsenden Drohnenplage Herr zu werden, setzt die FAA aber nicht nur auf Verbote, sondern auch auf die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten an die Lenker. So wurde Ende 2014 die Kampagne „Know before you fly“ – sinngemäß: „Kenn dich aus, ehe du fliegst“ – in Zusammenarbeit von FAA und der Academy of Model Aeroneutics ins Leben gerufen, um über die Risken und Regeln beim Fliegen von Kameradrohnen zu informieren. Ein Einsatz, der zumindest nach Einschätzung der „Washington Post“ inzwischen kleine Früchte trägt: In einem Essay mit dem Titel „Warum Amerikas Drohnenproblem vielleicht nicht so schlimm ist, wie viele denken“ berichtete die Zeitung Anfang Juni, dass die Piloten neuen Untersuchungen zufolge vorsichtiger und verantwortungsvoller fliegen und auch die Drohnensichtungen aus Flugzeugen und Helikoptern zurückgegangen seien.

Auf einen Blick

Fliegende Augen

Kamera- und Fotodrohnen. In den USA boomt der Drohnenverkauf. Nach 1,14 Millionen verkauften Drohnen im Jahr 2015 werden für 2016 rund 2,8 Millionen verkaufte Geräte erwartet.
Mittlerweile gibt es in den USA Vorschriften, wie Drohnen zu verwenden sind, viele Nutzer halten sich aber nicht daran. Mittlerweile gibt es zahlreiche No Fly Zones. Zonen, in denen Drohnenflüge verboten sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.