Hausfrau: Der neue Traumberuf

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Traubisoda WienGesundheit!... Traubisoda Wien: ca. 1961
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In der Zukunft sehen sie sich mit Kindern und in der Küche: Laut einer Studie ist der Beruf Hausfrau für junge Mädchen durchaus interessant. Rund 55 Prozent der befragten Mädchen wollen zu Hause bleiben.

Wenn Tina M., 18 Jahre, von der Zukunft träumt, dann hat sie ein klares Bild vor Augen: Sie möchte einmal Kinder haben, vier hübsche blonde Kinder. Und während ihr Mann (natürlich ist sie verheiratet) in die Arbeit geht und das Geld nach Hause bringt, wird sie sich um den Nachwuchs kümmern: kochen, putzen, bügeln, und das vielleicht zehn Jahre lang, bis ihre Sprösslinge aus dem Gröbsten heraus sind.

Auch wenn Tina M. wie ein wandelndes Klischee aus der Zeit unserer Großeltern klingt, ist sie nicht erfunden. Die 18-Jährige lebt im oberösterreichischen Wels, besucht eine berufsbildende höhere Schule, wird bald die Matura machen, vielleicht sogar studieren, kurz arbeiten gehen (wozu hätte sie sonst studiert?), aber dann – wenn alles nach ihren Vorstellungen läuft – sich voll und ganz der Familie widmen. Karriere? Muss doch nicht sein!

Tina M. scheint mit ihrem Denken gar nicht alleine zu sein. Vergangenen Montag präsentierte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (der sich auch Familien- und Jugendminister nennt) die vierte Ausgabe des „Jugendmonitor“, eine Studie, in der rund 800 Jugendliche zwischen 14 und 24 Jahren über ihre Einstellung zum Thema „Familie“ befragt wurden. Die Antworten ließen diesmal verwundert aufhorchen: Rund 55 Prozent der befragten Mädchen wollen lieber zu Hause bleiben und sich um den Haushalt kümmern, als Karriere zu machen, vorausgesetzt der Partner verdient genug. 76 Prozent gaben an, mehr auf den Ausgleich zwischen Familie und Kindern als auf Karriere zu setzen, und 85 Prozent der Mädchen sind bereit, zugunsten der Familie Teilzeit zu arbeiten.

Wie ihre Eltern? „Wirklich überraschend, dass die traditionellen Rollenbilder in den Jugendlichen noch so stark verwurzelt sind“, sagt Motivforscherin Sophie Karmasin, die für die Durchführung der Studie verantwortlich war. „Die Einstellung unterscheidet sich kaum von denen der Eltern.“ Eine Diskrepanz sieht Karmasin nur zwischen Wunsch und Realität. „In Wahrheit bleiben Frauen natürlich viel seltener daheim. Auch weil sie es sich oft finanziell gar nicht leisten können.“

Tina M. will ihren Traum auf jeden Fall umsetzen, denn: „Ich will mal keine Mutter sein, die ihre Kinder im Kindergarten großziehen lässt“, sagt sie bestimmt. Bis zu zehn Jahre kann sie sich vorstellen, zu Hause zu bleiben, vielleicht kürzer, vielleicht sogar länger. Dass sie mit dieser Einstellung kaum darauf hoffen kann, die Karriereleiter hochzuklettern, ist für sie nur zweitrangig. „Mein Mann wird dann Karriere machen“, sagt sie.

In ihrem Freundeskreis ist sie nicht die Einzige, die so denkt. „Wir haben noch nicht viel übers Kinderkriegen gesprochen“, sagt sie, „aber ich kenne nur wenige Mädels, die wirklich dem Bild der Karrierefrau entsprechen.“ Dass sie sich in der Zeit, in der sie daheim für ihre Kinder da sein will, finanziell komplett abhängig macht, schreckt Tina M. keine Sekunde. „Ich hoffe schon, dass ich mich in dieser Zeit auf meinen Mann verlassen kann“, sagt sie. „Außerdem gibt es ja noch immer so etwas wie Kindergeld.“

Keine Karriere, vorwiegend Teilzeitarbeit, finanzielle Abhängigkeit: Es scheint, als wäre die Vorstellung der emanzipierten Powerfrau, die Kind und Karriere unter einen Hut bringt, schon wieder passé. Oder hat es die vielleicht auch gar nie gegeben? „Ich wäre vorsichtig mit der Behauptung, dass ein Trend zurückkehrt“, sagt Politikwissenschaftler Peter Filzmaier, Mitautor der Studie. „Unsere Gesellschaft ist immer schon sehr konservativ gewesen. Das Bild der Studenten, die die 1968er-Revolution angeführt haben, hat ja auch nur auf eine kleine Gruppe zugetroffen.“

Konservativ oder realistisch? Trotzdem interessiert ihn die Motivation hinter den Antworten: „Ist es, weil junge Menschen wirklich so eine konservative Einstellung haben, oder ist es auf der anderen Seite einfach Realismus, weil sie sehen, dass man an schlechten Rahmenbedingungen für Familie und Beruf scheitern kann?“, fragt er sich.

Sophie Karmasin glaubt, dass das Ergebnis auch die Überforderung der Frauen widerspiegelt: „Sie wissen, sie sollten arbeiten gehen, sie wissen, sie sollten Kinder kriegen und irgendwann ziehen sie sich aus Überforderung zurück.“ Hausfrau ist daher vielleicht weniger ein Traumberuf als eher ein gefühlter Ausweg aus der Doppel- und Dreifachbelastung.

Vielleicht ist die Jugend aber auch einfach nur zu angepasst, zu sehr an Wohlstand gewöhnt. Und ein bisschen bequem. Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier widerspricht: „Die Jugendlichen sind heutzutage gar nicht so angepasst“, sagt er, „sondern sie sind strategisch sehr clever. Sie wissen, was sie wollen, und wie sie es kriegen.“ „Marktkonform“ nennt Heinzlmaier das, auch wenn er das Ergebnis der Studie insgesamt eher kritisch sieht. „Die alten Rollenbilder sind definitiv dabei aufzubrechen“, sagt er.

Tina M. sind diese Überlegungen egal. „Wahrscheinlich wird irgendjemand mal neidisch auf meine süßen Kinder sein“, sagt sie, und man merkt, sie freut sich jetzt schon darauf. Sie glaubt zu wissen, was sie will. Und wie sie es bekommen kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2011)

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