Neues vom Lake Wobegon

Neues Lake Wobegon
Neues Lake Wobegon(c) EPA (Barry Sweet)
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Wenn man, sagen wir, in New York oder San Francisco lebt, ist die Versuchung sehr groß, alles, was zwischen New York und San Francisco liegt, als „Flyover country“ zu bezeichnen.

Wenn man, sagen wir, in New York oder San Francisco lebt, ist die Versuchung sehr groß, alles, was zwischen New York und San Francisco liegt, als „Flyover country“ zu bezeichnen: eine Landmasse, die man lieber nur aus dem Flugzeug betrachtet. Denn dort wird gerne, oft und vor allem auf Fremde geschossen, man verdient seinen Lebensunterhalt in der Ölwirtschaft oder mit der Schweinezucht und erreicht seinen kulturellen Horizont beim Absingen der amerikanischen Nationalhymne vor dem wöchentlichen Spiel der örtlichen Football-Mannschaft.

Natürlich keimt in diesen Klischees das eine oder andere Körnchen Wahrheit, doch der Mittlere Westen und der Tiefe Süden sind eben nicht nur so, wie man sich auch in Europa „den Ami an sich“ vorstellt, sondern auch ganz anders. Nämlich voller atemberaubend schöner Musik, wahnwitziger Komödianten und schlauer Köpfe von renaissancemenschenhafter Bildungsbreite. Einer davon ist Garrison Keillor, und dass wir Woche für Woche neue Schätze aus South Dakota, Iowa oder Texas präsentiert bekommen, verdanken wir diesem Hünen aus Minnesota. Seine Radioshow „A Prairie Home Companion“ kennt man in Europa vielleicht aus dem gleichnamigen Film von Robert Altman; seit vier Jahrzehnten öffnet Keillor wöchentlich sein Füllhorn an erstaunlichen Liedern und komischen Sketches. Da gibt es den mysteriösen Privatdetektiv Guy Noir, die singenden Cowboys Dusty und Lefty und immer neue Werbespots für fiktive Produkte mit sehr komischen Namen (mein Favorit ist „Mournful Oatmeals: Calvinism in a Box“. Funktioniert leider nur auf Englisch, dafür aber sehr gut).

Den „Prairie Home Companion“, diese Perle des öffentlich-rechtlichen amerikanischen Rundfunks, kann man auf http://prairiehome.publicradio.org/ im Internet gratis anhören. Er sei empfohlen – bis zum wöchentlichen Nachrichtenüberblick vom „Lake Wobegon, wo alle Frauen stark sind, alle Männer gutaussehend und alle Kinder überdurchschnittlich“.

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2013)

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